Gunther Bonz bleibt für drei weitere Jahre Präsident des UVHH
Gunther Bonz, Präsident des UVHH. Foto: UVHH
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Die Hamburger Hafenwirtschaft hat ihre Kritik an der Politik erneuert. Elbvertiefung, Genehmigungsverfahren, HPA – die »schwierige Situation« des Hafens sei auch selbstverschuldet, heißt es.

Im heute vorgelegten Jahresbericht vom Unternehmensverband Hafen Hamburg (UVHH) lässt Prä[ds_preview]sident Gunther Bonz kein gutes Haar an der Verkehrspolitik von Bund und Land. »Zwar haben die Neuordnung der internationalen Reederlandschaft, das Russland-Embargo und Veränderungen der Transportstruktur in der Ostseeregion negative Auswirkungen auf den Hamburger Hafen. Diese Aspekte sind aber fu?r die ungu?nstige Entwicklung des  nicht allein maßgeblich. Auch wenn man im Hamburger Rathaus und den zuständigen Behörden dies offiziell nicht gern hört: Der Hamburger Hafen befindet sich in einer sehr schwierigen Situation, die auch „hausgemacht“ ist«, schreibt der Verbandschef.

APM Rotterdam
Großer Konkurrent für Hamburg: Der Hafen Rotterdam (Foto: APMT)

Die weltweiten Rahmenbedingungen fu?r den Handel und die Wirtschaftsentwicklung in Asien, Amerika und Europa seien 2017 sehr erfreulich gewesen. Die großen Wettbewerber insbesondere in Rotterdam und Antwerpen hätten hiervon u?berproportional profitieren und Wachstumsraten mit allen Warenarten (Commodities) verzeichnen können. »Der Hamburger Hafen hat demgegenu?ber in 2017 erneut Umschlag an seine Wettbewerber verloren. Auch im ersten Quartal 2018 ist der Gu?terumschlag gegenu?ber dem Vergleichszeitraum 2017 nochmals um 7,5 % zuru?ckgegangen, im Containerumschlag erneut um 1,9 %«, so Bonz weiter.

»Ende des Verfahrens nicht verlässlich absehbar«

Eine wesentliche Ursache fu?r den schwächelnden Containerumschlag hat er in der so dringend benötigten Fahrrinnenanpassung der Elbe identifiziert, »mit deren Planungen in 2001 – also vor 17 Jahren! – begonnen worden ist«. Ein Ende dieses Verfahrens sei immer noch nicht verlässlich absehbar. Das deutsche Planungs-, Prozess -und Verbandsklagerecht ist aus seiner Sicht ein gravierendes Standorthindernis wie in keinem anderen europäischen Mitgliedstaat. »Leider ist nicht zu erkennen, dass die sogenannten etablierten politischen Kräfte hier kurzfristig grundlegende Änderungen vorzunehmen bereit sind – trotz aller öffentlichen „Sonntagsreden“, in denen das Verbandsklagerecht mit seinen negativen Auswirkungen beklagt wird«, heißt es im Jahresbericht.

Aus seiner Sicht mangele es offenbar am politischen Willen für das Planungsrecht. So sei in der Koalitionsvereinbarung fu?r die neue Bundesregierung insoweit nur ein „Pru?fauftrag“ vereinbart worden, obwohl es fundierte und EU-konforme Vorschläge von Fachkommissionen gäbe, die bei entsprechendem Willen sehr schnell und einfach umgesetzt werden könnten. Hierzu zählt Bonz

  • Einfu?hrung einer gesetzlichen Missbrauchsregelung fu?r verspätetes Vorbringen von naturfachlichen Einwendungen
  • Beschränkung der richterlichen Überpru?fungstiefe von Verbandsklagen durch Ergänzung von § 42 Absatz 2 VwGO
  • gesetzgeberische Klarstellung, welche Normen umweltrechtlicher Art sind, auf die sich Verbandsklagen beziehen können.

Ein zusätzlicher Kritikpunkt sei das Steuersystem. »Seit u?ber 17 Jahren fordert die deutsche Logistikwirtschaft eine Anpassung der deutschen Einfuhrumsatzsteuerregelung entsprechend möglicher EU-Standards, so wie Belgien und die Niederlande es realisiert haben. Einige Spediteure auch aus Hamburg steuern ihr Importgeschäft wegen dieser Benachteiligung mittlerweile nur noch u?ber Rotterdam und Antwerpen mit erheblichen Ladungsverlusten fu?r den Hamburger Hafen«, moniert Bonz. Er hoffe, dass die im Koalitionsvertrag vereinbarte Änderung schnell und noch in diesem Jahr umgesetzt wird.

Diese Punkte sieht der UVHH-Präsident ebenfalls kritisch:

  • Verkehrspolitik: Durch die zeitgleiche Erhöhung und Verteilung von Baustellen auf das gesamte örtliche und u?berregionale Straßenverkehrsnetz sei eine Koordinierung der Baumaßnahmen mit dem Ziel der Wahrung des Verkehrsflusses unmöglich.
  • Ganze Teile des Hafengebiets wie die Hohe Schaar seien teilweise von einer funktionierenden Verkehrsinfrastruktur u?ber einen längeren Zeitraum abgeschnitten worden: gravierende technische Probleme beim Neubau der Rethebru?cke, Baustellen im Rahmen der Verlegung der Wilhelmsburger Reichstraße und auf möglichen Ausweichtrassen.
  • Genehmigungsverhalten der öffentlichen Verwaltung in Hamburg: In keinem deutschen oder europäischen Wettbewerbshafen werde das Immissionsschutzrecht so restriktiv angewendet wie in Hamburg. »So unterfallen zum Beispiel schon mit Tischtennisbällen beladene Container dem Gefahrgutrecht. Außer in Hamburg wird von keinem Terminalbetreiber in Deutschland fu?r den Umschlag von Containern eine Löschanlage, große Abstandsregelungen oder vergleichbare Restriktionen gefordert.«
  • Bei Verlängerung von Mietverträgen habe die HPA in den vergangenen Jahren zum Teil auf die Änderung von Vertragsinhalten zum Nachteil der Hafenunternehmen gedrängt (zum Beispiel Entschädigungsregelungen).

»Diese Liste ließe sich fortsetzen mit Stichworten wie Probleme bei der Unterhaltsbaggerung/Entsorgungskonzept der HPA, mangelnde moderne öffentliche ITInfrastruktur im Hafengebiet, zusätzliche Kosten durch die HPA, wie zum Beispiel die Entgelte fu?r Hafen- und Binnenschiffe«, schreibt Bonz.

»Schulterschluss nötig«

Aus seiner Sicht bedarf eines politischen Schulterschlusses zwischen Senat, Bu?rgerschaft, Hafenwirtschaft und Gewerkschaften mit dem Ziel, dem Hafen wieder den erforderlichen Stellenwert in der Landespolitik einzuräumen, den er als einer der größten Beschäftigungsträger und Steueraufkommensbereiche der Stadt erfordere. Große Hoffnungen setzt er auf den neuen Bu?rgermeister Tschentscher und den neuen Finanzsenator Dressel. »Hierzu gehört dann zwingend, dass auch das finanzielle Ausbluten der HPA beendet und ihr fu?r die öffentlichen Aufgaben wieder die erforderlichen Haushaltsmittel dauerhaft zur Verfu?gung gestellt werden«, so die Forderung.

Der UVHH meint weiter, dass insbesondere der Eisenbahn-Hinterlandverkehr ausgebaut werden sollte. Allerdings gibt es auch hier Kritik: »Dazu gehört dann aber auch, dass die Hamburger Hafenbahn die Trassenentgelte nicht weiter erhöht, sondern gezielt Anreize vereinbart werden, um das Ladungsaufkommen zu erhöhen.«

»Landstromanlagen sind nicht der Weisheit letzter Schluss«

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Foto: HPA

Zudem bedürfe es einer besseren Abstimmung im Umweltschutz. Der »aufwendige und teure« Bau von einzelnen Landstromanlagen, »die im Betrieb zudem sehr unflexibel sind, kann nicht der Weisheit letzter Schluss sein«. »Schon ab 2019 werden große Reedereien Containerschiffe mit 20.000 TEU einsetzen, die zu 100 % mit LNG betrieben werden. Hier benötigen wir schnell Sicherheit, wie mit diesen Schiffen unserer großen Kunden auch sicherheitstechnisch verfahren werden kann.«