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Die deutsche Zulieferindustrie erwartet nach einem verhältnismäßig guten Jahr 2017

ein mindestens stabiles 2018. Doch Handelshemmnisse bereiten Sorgen – wie auch die Frage nach dem richtigen Weg, um in Asien stärker Fuß zu fassen

In diesem Jahr wird unser Geschäft auf jeden Fall stabil bleiben, vermutlich sehen wir sogar ein leichtes Wachstum« sagte jetzt[ds_preview] Alexander Nürnberg, Vorstandsvorsitzender beim Verband »VDMA – Arbeitsgemeinschaft Marine Equipment and Systems« bei der Vorlage der 2017er-Bilanz in Hamburg. Das sei auch dringend notwendig, »denn nach der langen Durststrecke gilt es in den Zulieferbetrieben die Balance zwischen Investitionen in die Zukunft und Profitabilität zu halten.« Zu den Segmenten mit viel Potenzial zählte er unter anderem Spezial- und Fährschiffe sowie das Marine-Geschäft. Viele Nationen modernisieren ihre Flotten – oder sollen und wollen es im Falle von NATO-Staaten auf Druck der USA künftig tun.

Mit 63.500 Mitarbeitern – ein Rückgang um 2,2% – in 400 Unternehmen hat die Branche 2017 einen Umsatz von 10,6 Mrd. € erwirtschaftet. Gegenüber dem Vorjahr bedeutet das ein Minus von 4,4%. Als Grund für den Rückgang wird die »anhaltende Schwäche der Absatzmärkte« genannt. Innerhalb der Branche sei das Bild jedoch uneinheitlich: 37% der Firmen meldeten Wachstum, 46% einen Rückgang. Betroffen sind hier vor allem Zulieferer von Antriebstechnik, Fluidtechnik und aus dem Motorenbereich. Deutlich positiver entwickelten sich die Umsätze von Elektro- und Automationsanbietern. Zu einem festen Umsatzträger habe sich zudem der Dienstleistungsbereich entwickelt, er macht 16% aus. Zugelegt haben auch Retrofits, nicht zuletzt mit Blick auf die ab 2020 geltenden Umweltvorschriften, die Reeder zu Umrüstungen veranlassen. Insgesamt seien die Auswirkungen von »2020« aber noch nicht wirklich absehbar, so Nürnberg: »Wir können noch nicht genau sagen, wohin der Trend geht, welche Optionen die Reedereien wählen werden.«

Wachstum in Nordamerika

Zugelegt hat etwa der Marineschiffbau – im Gegensatz zur Offshore- und Meerestechnik. Man profitiere von dem umfänglichen Modernisierungsprogramm von Marine und Küstenwache in Kanada, heißt es. Das ist auch einer der Gründe dafür, dass der Anteil der Auftragseingänge aus Nordamerika auf 12,4% zunahm. Der andere Grund: relativ umfangreiche Wartungsverträge von US-Kreuzfahrtreedereien. Der Anteil aus China (16%) und Korea (7,7%) ging hingegen zurück. Er liegt als Summe nicht mehr wie in der Vergangenheit auf einem Niveau wie der vom EU-Ausland (35%).

Besser als der Umsatz entwickelte sich 2017 der Auftragseingang, er wuchs – das erste Mal seit drei Jahren – um 2,7%, »nach einem kräftigen Rückgang um 14,1% in 2016«, wie der VDMA mitteilte. Für 2018 erwarte die Mehrheit der Mitglieder Wachstum im In- und Ausland. Allerdings: »Trotz der offensichtlich positiven Trendwende sieht jedes fünfte Unternehmen die Talsohle noch nicht erreicht.«

47% der VDMA-Mitglieder meldeten ein Auftragswachstum, 38% einen Rückgang. Besser lief es laut Nürnberg für Hersteller »wesentlicher Komponenten« wie Hauptmaschinen oder Krane, weniger gut bei Teilen, die mittlerweile auch problemlos in Asien hergestellt werden können.

Auf die asiatischen Schiffbauer legte der Verbandschef einen besonderen Fokus. Denn die dortige Industrie ist zwar wichtig, gleichzeitig aber auch tendenziell durch starke staatliche Unterstützung abgesichert. »Local content« spielt daher bei immer mehr Aufträgen eine große Rolle.

Man müsse also einen Fuß in die Tür bekommen, so Nürnberg, was aber gar nicht so einfach sei. »Die Frage ist, wie schafft man es, eine Partnerschaft aufzubauen, bei der einerseits wie eingefordert ein Technologietransfer stattfindet, andererseits aber auch ein wichtiger Teil des Knowhows hier verbleibt, um die eigene Existenz langfristig zu sichern.« Einen goldenen Weg habe man noch nicht gefunden, aber es gebe Ideen, etwa mit einer Kombination von Fertigung und Service-Kapazität.

»Wir freuen uns über den steigenden Auftragseingang, gleichzeitig bereiten uns die zunehmenden protektionistischen Tendenzen an vielen Orten der Welt große Sorgen«, so Nürnberg weiter. »Wir betreuen unsere Komponenten und Systeme über den gesamten Lebenszyklus des Schiffes hinweg, da sind Zollschranken, Einreisebeschränkungen und komplizierte Exportkontrollen Gift für den gerade wieder anziehenden Markt.«

An das Auf und Ab in den wichtigsten Exportmärkten sei man gewöhnt. Die zunehmenden Beschränkungen des freien Handels mit den USA, Indien, China, Russland und der Türkei würden jetzt aber Arbeitsplätze gefährden.

Die etablierten Märkte sind derzeit nicht die Treiber des Auftragseingangs. Es gibt vielmehr neue Kunden in Asien sowie im Nahen und Mittleren Osten. »Die Kundenanforderungen steigen dabei mit den digitalen Weiterentwicklungen. Neue Ideen sind durch technische Innovation umzusetzen und gleichzeitig wird die Verfügbarkeit im laufenden Betrieb vertraglich gewährleistet. Das ist Herausforderung und Chance zugleich, denn hier steckt einer der Wettbewerbsvorteile der deutschen maritimen Zulieferer«, so der VDMA. Gleichzeitig ändern sich mittelfristig die Anforderungen in den etablierten Märkten in Asien. Neben Japan und Südkorea strebt auch China weiter in den Spezialschiffbau, aktuell insbesondere bei Fähren und Kreuzfahrtschiffen. Die europäischen Märkte hingegen sind die Treiber für die emissionsarme Schifffahrt.

Zunehmende Umsatzanteile werden mit neuen Service-Angeboten erwirtschaftet, die über die reine Wartung und Reparatur deutlich hinausgehen. Die Digitalisierung des Service in der maritimen Zulieferindustrie führt zu großen Veränderungen und Chancen für die Branche. Die umfassende Verfügbarkeit aktuellster Daten, leistungsfähigere Kommunikationslösungen und die Analyse großer Datenmengen führt zu neuen Geschäftsmodellen. Dabei werde die Wertschöpfung durch datenbasierte Dienste zunehmen, ist man im Verband überzeugt.