Print Friendly, PDF & Email

In der traditionell stark diversifizierten Projekt- und Mehrzweckschifffahrt (MPP)

genießen große Frachter aktuell mehr Aufmerksamkeit. Derweil steigen die Preise –

für Neubauten und vor allem Gebrauchttonnage. Von Michael Meyer

Das »Arbeitspferd« der Branche ist seit langer Zeit der berühmte F-Typ mit rund 12.500t Tragfähigkeit. Daran hat sich auch[ds_preview] in den vergangenen Monaten nicht wirklich etwas geändert, macht das Segment 10.000 bis 14.999tdw mit 293 Schiffen doch nach wie vor mehr als ein Viertel der weltweiten Flotte aus. Die größere Klasse über 25.000tdw steht hingegen bei 261 Frachtern – bezogen auf die Schiffsanzahl sind das knapp 19%, wie aus dem aktuellen Marktbericht des Hamburger Maklers Toepfer Transport hervorgeht.

Die positiven Effekte höherer Frachtraten auf einigen – nicht allen – Routen würden durch den um rund 40% gestiegenen Bunker-Preis mindestens aufgefressen. In den Krisenjahren wurden diese Schiffe angesichts der großen zu füllenden Laderäume von vielen gemieden. Ein halbwegs ökonomischer Betrieb von Liniendiensten wurde immer schwerer, nicht nur, aber auch die mittlerweile von Zeaborn übernommene Rickmers-Linie hat das deutlich zu spüren bekommen.

Jetzt werden diese Schiffe wieder interessanter. Mehr Laderaum bedeutet in dieser Rechnung mehr Fracht und damit mehr Einnahmen, mit denen die Bunker-Rechnung beglichen werden kann. »Der Einsatz größerer Schiffe und die Nutzung der damit verbundenen Skaleneffekte kann sicher Sinn machen, wenn Ladung verfügbar ist«, heißt es im ­Toepfer-Bericht.

10.500 $ für zwölf Monate

Das sehen offenbar auch einige Operateure so. So wurden zuletzt einige Chartern für Frachter mit 24.000 bis 31.800tdw geschlossen. Beispielsweise nahm die Leeraner Briese-Tochter BBC Chartering laut dem Report die »Sevgi« (28.085tdw) für sechs bis neun Monate auf. Dazu kommen »Pacific Harmony« (31.200tdw, 12 Monate, 10.500$), »Atlantic Harmony« (31.777tdw, 12 Monate, 10.500$), »New Legend Sap­phire« (24.300tdw, 5–7 Monate, 9.500$) und »New Legend Ruby« (24.300tdw, 12 Monate, 9.000$). Für die 28.200-tdw-Schwestern »Kingcup« und »Kingfisher« wurden laufende Chartern um fünf bis sieben Monate zu ebenfalls 10.500tdw verlängert.

Bei BBC Chartering aus dem ostfriesischen Leer hat man schon länger ein Auge auf diese Schiffsgröße geworfen und sah nun gute Bedingungen, nachdem entsprechende Kontrakte gesichert werden konnten. »Im Rahmen unseres Flottenportfolios kann man aktuell einen Trend hin zu größeren Einheiten ausmachen, der dem gestiegenen Frachtaufkommen – natürlich unter maßgeblicher Betrachtung der Wirtschaftlichkeit – insbesondere im Windbereich entgegenkommt. Insgesamt sehen wir derzeit durch diese Verschiebung einen positiven Effekt auf die Gesamtperformanz unseres Flottenportfolios«, bestätigt das nordwestdeutsche Unternehmen gegenüber der HANSA.

Der Windenergie-Markt erlebt derzeit einen verhältnismäßig starken Aufschwung. Neue Projekte werden initiiert, Windparks gebaut, Märkte erschlossen. Das bringt Transportbedarf mit sich. Gemäß dem Global Wind Report von GWEC könnten demnächst neben Europa auch andere Regionen schnelles Wachstum verzeichnen. Genannt werden etwa Taiwan, Südkorea, die USA, Japan, Indien, Brasilien und Australien. China ist bereits heute der größte Offshore-Akteur außerhalb von Europa. Hinzu kommt, dass die Komponenten immer größer werden, sowohl Turbinen, als auch Rotorblätter und Monopiles. Entsprechend wird größerer Laderaum benötigt.

Die Vorteile der Bunker-Skaleneffekte überwiegen also die bekannten Nachteile größerer Einheiten, ausreichend Ladungen zu finden und mehr Parcelling betreiben zu müssen. Außerdem: In größeren Laderäumen können größere Bulkladungen mitgenommen werden, wenn auf der Rückreise von Importmärkten Ballast- und Positionierungsreisen drohen, sagt ein Marktteilnehmer.

Auch der Carrier AAL aus der Unternehmensgruppe von Heinrich Schoeller griff zuletzt wieder auf dem Markt zu. Für die 28.300-Tonner »Huanghai Developer« und »Huanghai Glory« wurden 12-Monats-Charter (plus Option) zu 10.000$ (10.800$) beziehungsweise eine zwei- bis dreimonatige Beschäftigung zu 10.500$ geschlossen.

Auch AAL und Thorco aktiv

Thorco aus Dänemark sicherte sich den Angaben zufolge die Schwester »Huanghai Advance« für drei bis vier Monate zu 10.800$.

Im Fall von AAL kommt die Aktivität nicht wirklich überraschend. Zum einen fahren in der 22 Schiffe umfassenden Flotte nur Einheiten mit mehr als 19.000tdw. Zum anderen führt man bereits seit dem Frühling Gespräche zum Ausbau der Flotte mittels eines Pools. Das Augenmerk liegt auf großen Tweendeckern über 30.000tdw, wie die HANSA in ihrem Online-Portal bereits Anfang Juni berichtete. Man will Marktanteile gewinnen und führe »vielversprechende Gespräche« für die Zeit nach den auslaufenden Chartern, sagte Geschäftsführer Kyriacos Panayides seinerzeit. Es gebe rund 50 bis 60 Mehrzweckfrachter von Tramp-Reedereien in dem Segment, auf das sich AAL spezialisiert. Bislang ist von einem derartigen Pool zwar nichts bekannt geworden, die Reederei äußerte sich auf HANSA-Anfrage dazu nicht. Ein Fingerzeig ist das Projekt jedoch dessen ungeachtet.

Zwei 33.000-Tonner dürften wohl nicht dazu gehören: »San Marine Trader« und »Lisbon Trader«. Shanghai CP International kaufte sie laut dem Toepfer-Bericht für jeweils 10,44Mio. $ von den Eigentumsgesellschaften, für die AAL bislang das Management übernommen hatte. Dem Vernehmen nach drängte die finanzierende Bank auf den Verkauf.

Ein weiterer Akteur in diesem Markt ist bekanntlich das chinesisch-polnische Joint Venture Chipolbrok. Eben dieser Carrier ist es, der die beiden »Trader«-Schiffe in Charter genommen hat. Chipolbrok arbeitet weiter an einer Modernisierung der Flotte. Die knapp 15 Jahre alten Einheiten der »Orkan«-Klasse (30.000tdw) sollen durch Neubauten ersetzt werden. »Das ist noch in der Planung«, heißt es jetzt gegenüber der HANSA. In der internen Abstimmung hat man sich dem Vernehmen nach allerdings noch nicht auf endgültige Spezifika festgelegt.

Anfang Juni hatte der Carrier bestätigt, dass die Schiffe noch größer und universeller einsetzbar sein sollen, »um den veränderten Marktbedingungen gerecht zu werden«. Man müsse sich auf ein zunehmendes Ungleichgewicht der Ladungsströme einstellen und für Positionierungsreisen flexibel sein, etwa durch bessere Bedingungen für große Bulkladungen. Laut dem Maklerbericht wurde zuletzt auch der 37.000-Tonner »Chipol Chang Jiang« vom Eigner Hong Fa Shipping in Charter genommen, zu dem man eine traditionell enge Beziehung hat.

Was macht Cosco?

Ob mit der Staatsreederei Cosco ein weiterer chinesischer Akteur noch einmal in diesem Segment zuschlägt, ist unklar. Der Carrier hat explizite Äußerungen dazu zuletzt vermieden. Seit 2013 wurde die Flotte bereits generalüberholt und vergrößert. Das Neubauprogramm umfasste ein Dutzend Schiffe mit 29.500tdw und weitere elf 38.000-tdw-Einheiten. Mit dem umfangreichen Ausbau will man von den großen Infrastrukturprojekten profitieren, die die Regierung derzeit in vielen Regionen der Erde finanziert – sehr oft zum Preis der Beteiligung chinesischer Unternehmen an den ntigen Transport- und Konstruktionsaufträgen. Auch wenn die Euphorie um die viele Millarden schwere Initiativen »One Belt One Road« und »Maritime Silk Road« derzeit etwas abgeflaut zu sein scheint, bergen sie dennoch großes Potenzial.

Cosco will daran teilhaben. Ob dazu weitere Neubauten wirklich nötig sind, ist umtritten. Schlussendlich bestimmt aber Peking die Agenda. Chinesische Werften sollen auf staatlichen Geheiß schon an neuen Schiffen arbeiten, die letztlich von den nationalen Carriern aufgenommen werden müssten, wie zu hören ist.

Mit der bisherigen Neubau-Serie hat sich Cosco bereits einige zusätzliche Marktanteile gesichert. Ein weiterer, ebenfalls wachsender, beziehungsweise »neu« aufgestellter Akteur ist Zeamarine, das Joint Venture von Zeaborn aus Bremen und Intermarine aus den USA (HANSA 08/2018).

21 Mio. $ für gebrauchten F-Typ

Die Analysten von Toepfer Transport sehen für den gesamten MPP-Markt aktuell nur wenig Neubau-Aktivität: »Es sind zwar vier bis fünf Projekte in der finalen Design-Phase, aber bislang wurde nicht bestellt.« Als mögliche Ursachen werden technische Fragestellungen für Anforderungen, Finanzierungsprobleme aber auch die steigenden Preisvorstellungen der Werften genannt. Im Vergleich zum April blieben die Preise für einen Standard-9.000-Tonner mit 120 oder 160t Krankapazität noch stabil bei 13,5Mio. $. Auch bei 30.000-Tonnern mit 700-t-Kranen blieb das Kostenniveau bei 32Mio. $. Hingegen fallen für einen Neubau des »neuen« F-Typs (12.500tdw, 500t) jetzt nicht mehr 20Mio. $, sondern 21Mio. $ an. Weitere Projekte würden entwickelt, daher seien Aufträge noch in diesem Jahr durchaus möglich, heißt es im Marktbericht.

Ein potenziell zusätzlicher Treiber ist, dass verschiedene Eigner keine passenden Schiffe auf dem Gebrauchtmarkt finden. Dort gab es einen Schub: »Es stehen weniger Schiffe zum Verkauf, das treibt die Preise hoch«, so der Toepfer-Bericht. Interessenten müssen für einen 9.000-Tonner 5,5Mio. $ und nicht mehr 5,25Mio. $ hinlegen. Beim »klassischen« F-Typ (240/360t Krankapazität) sind es 7,25Mio. $, nach 7Mio. $ im April. Den größten Sprung gab es bei 30.000-Tonnern, deren Marktwert von 9,75Mio. $ auf 11,5Mio. $ anstieg.

Weitere S&P-Serie?

In der deutschen MPP-Branche gab es in den vergangenen Monaten einige S&P-Bewegungen. So kaufte der zur deugro group gehörende Carrier dship der Familie Press zwei F500-Neubauten von der chinesischen Werft Taizhou Sanfu, die nach HANSA-Informationen aus einer früheren Bestellung der Bremer Reederei Zeaborn stammen, wegen zeitlicher Verzögerung allerdings storniert worden waren. Die Expansion sei noch nicht abgeschlossen, hieß es seinerzeit. Zuvor hatte dship gemeinsam mit der Harener HS Schiffahrt die zwei F360-Einheiten »HHL Rhine« und »HHL Congo« von der Hamburger Reederei Hansa Heavy Lift gekauft. Im Juni soll nach dship auch die BBC-Mutter Briese bei zwei der einstmaligen Zeaborn-Neubauten zugeschlagen haben.

Die Serie ist noch nicht abgeschlossen, daher könnten weitere Re-Sales anstehen. Auftrieb für den An- und Verkaufsmarkt ist zudem durch Banken-Aktivitäten möglich. Dem Vernehmen nach plant ein deutsches Kreditinstitut einen Verkauf von 40 MPP-Schiffen beziehungsweise den entsprechenden Krediten (siehe auch S. 150 dieser Ausgabe).

Eine derartige Transaktion könnte noch einmal einige Auswirkungen auf den globalen Wettbewerb haben, sowohl auf der Seite der Operateure, als auch auf der Seite der Tramp-Reeder, die hierzulande traditionell stark aufgestellt war, in den Krisenjahren allerdings deutlich gelitten hat. Eine offizielle Bestätigung dazu gibt es bislang allerdings nicht.


Michael Meyer