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Der Hamburger Seeversicherungsmakler verzeichnet wieder mehr Neugeschäft und will sein Produktspektrum erweitern.

Die vergangenen Jahre waren für den Seeversicherungsmakler Junge & Co. nervenaufreibend. Zunächst die Unsicherheit, ob die Firma von der britischen Muttergesellschaft[ds_preview] verkauft werde. Dazu eine rapide Verschlechterung der Finanzen als Folge des Abverkaufs deutscher Schiffe und der Konsolidierung im Kundenkreis. Dann ein massiver Personalabbau: Rund ein Drittel der Mitarbeiter musste 2017 gehen. »Sehr, sehr schmerzhaft« sei 2017 für die Firma gewesen, konstatiert Geschäftsführer Olaf Fölsch gegenüber der HANSA. Der Nautiker mit langer Erfahrung im Schadens- und Versicherungssektor (Allianz, TUI, Aon) fing Ende 2015 bei Junge & Co. an und rutschte ungeplant in die Rolle des Sanierungsmanagers.

Die Erwartungen der britischen Muttergesellschaft, die sich nach erfolgreicher Restrukturierung und Entschuldung 2016 von Cooper Gay in Ed Broking umbenannt hat, sind immens. Hamburg mit Junge & Co. ist im Marine-Geschäft für den globalen Versicherungs- und Rückversicherungsmakler der zweitwichtigste Standort nach London. Zur Restrukturierung der deutschen Tochter gehört auch die engere Einbindung in den Konzern, der anders als früher keine abgeschotteten Teilbereiche mehr duldet. Auf diesem Weg sei Junge & Co. inzwischen gut vorangekommen.

Die globale Aufsicht über den Fachbereich Schifffahrt/Transport hat die Bereichsgeschäftsführerin Heather Clark­son in London. Fölsch kennt sie gut aus der gemeinsamen Zeit bei Aon. Dabei profitiert die deutsche Organisation mit ihrer eindeutigen Ausrichtung auf die Schiffsversicherung von einer stärkeren Zuwendung der Konzernmutter hin zum Marine-Business.

»Inzwischen können wir sagen, dass wir drei Quartale in Folge Wachstum in einem Marktumfeld verzeichnen, in dem andere Wettbewerber stagnieren oder sich zurückentwickeln«, kommentiert Fölsch. »Wir wachsen gemeinsam, als eigene Einheit und als Konzern. Und dabei wachsen wir weiter zusammen.«

Das spiegele sich u.a. auf der IT-Ebene wider. Junge & Co. tauscht derzeit ein Jahrzehnte altes System gegen eine neue selbst entwickelte Lösung (JCS) aus. Die Erneuerung stand seit Jahren auf dem Programm, nimmt jetzt mit dem Umzug der Firma vom Ballindamm zur Hohe Bleichen 11 richtig Fahrt auf. Wenn die Teams am 3. September die Rechner am neuen Standort hochfahren, sind die alten redundanten Serversysteme komplett durch moderne Hardware ersetzt. Mit jeder Vertragserneuerung wandern die Geschäfte in die neue Software, die an das globale Verwaltungssystem »Trade Ed« der Mutter andockt.

Laut Fölsch liegt man bei der Restrukturierung voll im Plan: »Für die ersten zwei Quartale liegen wir sogar über den Planzahlen.« Zu den Finanzkennzahlen oder der Größe der betreuten Flotte will er keine Angaben machen. Nur so viel: 2019 soll der Makler wieder schwarze Zahlen schreiben.

Die erfolgreiche Akquisition von Neugeschäft mit neuen Kunden in diesem Jahr stimmt Fölsch optimistisch. Inzwischen ist auch die Belegschaft wieder angewachsen, von 50 auf 55. Zudem soll die Dienstleistungspalette ausgebaut werden. Neben dem Kerngeschäft der Schiffsversicherung von Seekasko bis P&I soll der Bereich Warentransport gestärkt und die Versicherung von Häfen und Terminals neu erschlossen werden.

Für Reederkunden will Fölsch den Service in Richtung Schadensprävention, Training und Regressführung ausdehnen und hat dazu den Schadensexperten Peter Wölk eingestellt. Der Nautiker und Jurist war zuvor unter anderem für Zeller Associates/Hanseatic Underwriters und Brand Marine Consultants tätig. Das erweiterte Servicespektrum soll den »Mehrwert« erhöhen, sowohl für Kunden als auch für die Versicherer. Im Bereich der Regressführung sieht Fölsch einen wachsenden Bedarf auf Seiten der Versicherungsnehmer, zum Beispiel bei der Haftung gegenüber Dritten. Schließlich zeige der Trend bei den Mindest-Franchisen (Selbstbehalte) im P&I-Bereich seit Jahren nach oben. »Das bedeutet, der Kunde kann der Versicherung nicht mehr so viele Fälle zuschieben.« Die Reedereien hätten aber oft ihr Personal nicht entsprechend aufgestockt.
Michael Holmann