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Während Rotterdam und Antwerpen beim Containerumschlag im 1. Halbjahr deutliche Zuwächse verbucht haben und auch die Bilanz der Mittelmeerhäfen positiv ausfällt, stagniert der Umschlag in Bremen und geht in Hamburg sogar zurück. Von Thomas Wägner

Die europäischen Häfen befinden sich weiter in einem starken Wettbewerb zueinander, der nicht zuletzt durch die wachsende Bedeutung der Mittelmeerhäfen[ds_preview] weiter zunimmt.

Der Hamburger Hafen erreichte in den ersten sechs Monaten einen Gesamtumschlag von 66,5Mio.t – ein Minus von 4,9%. Rückgänge gab es sowohl bei Stückgut (–2,2%) auf 45,5Mio.t als auch beim Massengut (-10,4%) auf 21,1Mio.t. Zulegen konnte der Hafen lediglich beim konventionellen Stückgutumschlag. Mit 777.000t wurde ein Plus von 8,% erreicht.

Der Containerumschlag blieb mit 4,3Mio. TEU (–2,7%) ebenfalls hinter dem Vorjahresergebnis zurück. Als Grund nennt Hamburg Hafen Marketing (HHM) unter anderem erneute Einbußen beim Transshipment-Volumen. Vor allem im Feederverkehr mit der Ostsee-Region wurde weniger umgeschlagen. Die erzielten 1,6Mio. TEU entsprechen einem Verlust von 4,4% oder 76.000TEU. Die Transhipmentquote sank um 0,7% auf 37,9%.

Außerdem sei die Zahl der Leercontainer (–15,6%) auf 525.000TEU gesunken. Bei den beladenen Boxen sei der Umschlag mit 3,8Mio. TEU (–0,6%) nahezu stabil geblieben. Im Kontinentalumschlag gingen 2,7Mio. TEU über die Kaikanten (-1,6%).

Im Hauptfahrtgebiet zwischen Hamburg und Ostasien stieg der Containerverkehr indes um 1,0% auf 1,6Mio. TEU an. Besser als im Vorjahreszeitraum schnitten außerdem Verkehre an die Ostküste Südamerikas, nach Nordafrika und an die Westküste Nordamerikas ab. Dieses Volumen könnte noch steigen, denn der Reedereizusammenschluss THE Alliance hat angekündigt, ab dem 4. Quartal vier wöchentliche Transatlantik-Dienste von Bremerhaven nach Hamburg an das CTA zu verlegen. Jährlich könnte so ein zusätzlicher Umschlag von 500.000TEU erzielt werden.

Ein Umschlagwachstum könnten auch Beteiligungen von Reedereien an Terminals bewirken. Nicht zuletzt aufgrund des schwachen Ergebnisses im 1. Halbjahr werden Forderungen danach nun immer lauter. Es solle intensiver über »dedicated terminals« nachgedacht werden, heißt es seitens HHM. In Hamburg ist nur Hapag-Lloyd an einer Umschlageinrichtung beteiligt, das Unternehmen hält einen Anteil von 25% am Container Terminal Altenwerder (CTA).

In den großen Wettbewerbshäfen sind Beteiligungen von Linienreedereien wie Maersk, MSC und z.T. CMA CGM an Umschlaganlagen indes gängige Praxis. Gerade zu Krisenzeiten wirkt sich das naturgemäß positiv aus, da die Schifffahrtsunternehmen ihre Dienste verständlicherweise an die eigenen Terminals umleiten, falls die Kapazitäten nicht ausgelastet sind.

Man spreche sich schon seit langem für mehr »dedicated terminals« aus, macht HHM-Vorstand Ingo Egloff deutlich. Aber jetzt sei es mehr denn je geboten: »Hamburg muss endlich verstärkt darüber nachdenken«, fordert er. Potenzielle Kandidaten wären aus seiner Sicht die chinesische Reederei COSCO Shipping, da China nach wie vor der mit Abstand wichtigste Handelspartner des Hafens sei. »Entsprechende Wünsche wurden bereits mehrfach geäußert, bislang wurde aber keine Einigung erzielt«, berichtet der HHM-Vorstand.

Die entscheidenden Stellen sieht er bei der Politik und den Terminals selbst: »Die Politik des Hamburger Senats war immer: Wir betreiben den Hafen selbst, um die volle Kontrolle zu behalten«, kritisiert er. Jedoch sieht er mittlerweile positive Anzeichen. »Der Senat ist in diesem Punkt offener geworden. Wir befürworten das«, so Egloff weiter.

Eine gute Nachricht für die Hamburger kam derweil Ende August mit der Erteilung des Baurechts für die lange ersehnte Fahrrinnenanpassung der Unter- und Außenelbe. Mit dem dritten Planergänzungsbeschluss steht dem Megaprojekt rechtlich nun nichts mehr im Weg. Bei der Planergänzung ging es im Wesentlichen um das Projekt »Tideanschluss Billwerder Insel« und den Schierlings-Wasserfenchel. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hatte Anfang Februar 2017 eine zusätzliche Ausgleichsmaßnahme für den geplanten Eingriff im Rahmen des europäischen Naturschutzrechts gefordert.

Aus Sicht der Planfeststellungsbehörden des Bundes (zuständig für die Ausbaustrecke von der hamburgischen Landesgrenze bis zur Nordsee) und Hamburgs (zuständig für die so genannte Delegationsstrecke von der Stromspaltung im Osten bis zur Landesgrenze bei Tinsdal) sei die entscheidende Beanstandung des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Urteil vom 9. Februar 2017 behoben, teilte der Hamburger Senat mit.

»Mit dem Planergänzungsbeschluss schaffen wir Baurecht für die Fahrrinnenanpassung, die den Hamburger Hafen international deutlich wettbewerbsfähiger machen wird«, so Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher.

Begegnungsbox hat Priorität

Die Hafenwirtschaft forderte umgehend nach Bekanntwerden der Baurechterteilung, unverzüglich mit den Maßnahmen zu beginnen. Der vor Hamburg geplanten »Begegnungsbox« müsse in der Bauablaufplanung oberste Priorität eingeräumt werden, sodass schnell erste Verbesserungen im Zu- und Ablauf zum Hamburger Hafen möglich seien, äußerte sich der Unternehmensverband Hafen Hamburg (UVHH). Wie viele zusätzliche Waren der Hafen nach der vollzogenen Fahrrinnenanpassung jährlich mehr umschlagen wird, hängt in erster Linie von den Reedereien und ihren Diensten ab. In jedem Fall profitieren davon nicht nur Container Carrier, denn auch große Erzfrachter können dadurch mehr Ladung in die Hansestadt bringen.

Der Containerumschlag in den bremischen Häfen konnte im 1. Halbjahr auf rund 2,72Mio. TEU (+0,7%) leicht zulegen. Insbesondere in den Monaten Mai und Juni habe der Umschlag in Bremerhaven kräftig zugenommen, so dass zum Halbjahresende die Vorjahreszahlen übertroffen werden konnten, informiert der Senator für Wirtschaft, Arbeit und Häfen, der die Umschlagzahlen herausgibt.

Ob Bremerhaven allerdings das Niveau künftig halten kann, scheint fraglich, denn das Linienbündnis THE Alliance hat angekündigt, ab dem 4. Quartal dieses Jahres seinen deutschen Hub für die Atlantikdienste von Bremerhaven nach Hamburg zu verlegen. Betroffen sind die vier wöchentlichen Dienste »AL1«, »AL2«, »AL3« und »AL4« zwischen Nordeuropa und der US-Ostküste/US-Golf. Grund seien die bessere Hinterlandanbindung und der wichtige Markt rund um die Metropolregion und die Nähe zum Baltikum. Der Branchendienst Alphaliner schätzt den Jahresumschlag auf 500.000 TEU, das wäre knapp jeder zehnte Container (9%), der derzeit in Bremerhaven umgeschlagen wird und in etwa die Hälfte des bisherigen Volumens am von Eurogate betriebenen Container Terminal Bremerhaven (CTB), das die Dienste anlaufen.

Weiterhin auf hohem Niveau bewegt sich der Automobilumschlag. Bis Ende Juni wurden 1,1Mio. Fahrzeuge umgeschlagen. Allerdings lag der RoRo-Umschlag um 1,4% unter dem Halbjahreswert des Rekordjahrs 2017.

Einen deutlichen Ladungsrückgang gab es hingegen beim Massengut (–28,7%) und hier insbesondere bei Kohle (–40,1%) und Erzen (–12,9%). Dieser Rückgang führte dazu, dass an den Hafenanlagen in Bremen-Stadt im 1. Halbjahr rund 1Mio.t (–15,2%) weniger über die Kaje gingen. Der Stückgutumschlag stieg dagegen um 4,7% an. Auffällig ist dabei der Zuwachs bei Eisen und Stahl um 25,3% auf knapp 1,3Mio.t. Der Gesamtumschlag ist damit nahezu konstant auf Vorjahresniveau geblieben (–0,1%). Insgesamt sind 36,5Mio.t umgeschlagen worden.

Eine Steigerung im Containerumschlag gab es auch in Wilhelmshaven. Am JadeWeserPort gingen in den ersten sechs Monaten insgesamt rund 291.000 TEU und somit 25% mehr Boxen als im Vorjahrzeitraum über die Kaikanten. Da die jährliche Kapazität der Umschlageinrichtung 2,7Mio. TEU beträgt, gibt es auch im fünften Jahr nach der Inbetriebnahme noch deutlich Luft nach oben.

Wachstum in Westhäfen hält an

Bedeutend besser sieht die Lage in den Westhäfen aus und hier ebenfalls insbesondere im Containerumschlag. Dieser legte in Rotterdam im 1. Halbjahr um 6,2% auf 7,07Mio. TEU zu. Damit sei der Marktanteil im Vergleich zu den anderen Häfen der Nordrange (Hamburg bis Le Havre) weiter leicht von 30,9% auf 31,2% angestiegen. Das Wachstum im Containerumschlag habe den Rückgang im Bereich Massengut jedoch nicht auffangen könnte, heißt es. Vor allem bei Öl/Mineralölprodukten (–7,6%) und Kohle (–11,9%) kam es zu empfindlichen Einbußen, unter anderem durch die Schließung von Kraftwerken im Hinterland des Seehafens. Entsprechend sank der Gesamtumschlag im größten europäischen Seehafen im 1. Halbjahr um 2,2% auf 232,8 Mio.t. Wichtige Wachstumssegmente waren dagegen LNG und Biomasse, die sich mehr als verdoppelten.

Antwerpen, Belgiens größter Seehafen, bleibt unterdessen auf Rekordkurs. Im 1. Halbjahr wurden an der Schelde knapp 119Mio.t Güter umgeschlagen, ein Plus von 6,5% im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Bereits nach dem 1. Quartal 2018 hatte Antwerpen eine neue Bestmarke verzeichnet und ist auch nach sechs Monaten weiter auf Rekordkurs. Vor allem der Containerumschlag, der im Vorjahresvergleich kräftig um 8,3% auf 5,7Mio. TEU zulegte, sorgte für das Wachstum. Allein im Mai wurden über 1Mio. TEU umgeschlagen, was ebenfalls einzigartig in der Geschichte des Hafens ist.

»Die Wachstumszahlen bestätigen uns in den Prognosen, dass wir bald unsere maximale Containerkapazität erreichen werden«, sagt Jacques Vandermeiren, CEO der Hafenbehörde Antwerpen. Es sei daher wichtig, zusätzliche und wirtschaftlich nutzbare Containerkapazitäten unterhalb der Schleusen zu entwickeln.

Der Handel mit Europa verzeichnete mit einem Plus von 14,2% das stärkste Wachstum. In den Nordamerika-Verkehren gab es einen Anstieg um 10,3%, im Asien-Geschäft ein Wachstum von 3%. Dabei konnten nahezu alle Güterarten zulegen. Die Zahl der in Antwerpen transportierten Autos erhöhte sich um 1,4%. Zusammen mit dem um 6,5% gestiegenen Nutzfahrzeugbestand stieg das RoRo-Volumen um 5,2% auf knapp 2,7Mio.t. Beim konventionellen Stückgut sank das Volumen in Folge geringerer Eisen- und Stahlimporte um 6,5% auf 5Mio.t. Dies sei im Wesentlichen auf die Antidumpingmaßnahmen zurückzuführen, die von der EU gegen chinesische Stahleinfuhren verhängt worden waren.

Bei flüssigen Massengütern lag der Zuwachs bei 6,1% auf 38Mio.t. Im Bulk-Bereich gab es ein Plus von 3,1%, vor allem durch größere Mengen an Düngemitteln (+14,4%) sowie bei Sand und Kies (+57%). Der Umschlag von Kohle, Erz, Kaolin und Schrott habe sich dagegen in den vergangenen sechs Monaten als volatil erwiesen und sei derzeit rückläufig, so die Hafenbehörde.

In Le Havre, dem westlichsten der Nordrange-Häfen, lag der Umschlag im 1. Halbjahr mit 45,8Mio. t auf dem Niveau der ersten sechs Monate des Vorjahres. Über den Containerumschlag machten die Franzosen indes keine Angaben, allerdings sprachen sie von einem Rekordtransport ins Hinterland von mehr als 1Mio. TEU (+1,1%). Die Beförderung der Boxen auf Binnenschiffen habe gar um 12,6% auf rund 76.000TEU zugelegt.

Positiver Trend im Mittelmeerraum

Auch weiter südlich in den Mittelmeerhäfen ist ein Aufschwung zu erkennen. Der spanische Hafen Valencia verbuchte gegenüber dem Vergleichszeitraum 2017 in den ersten sechs Monaten dieses Jahres im Containerumschlag ein Wachstum von 6,4% auf 2,5Mio. TEU. Den Anstieg führt der Hafen auf beladene Boxen zurück, die um 3,3% zugelegt haben, und hier insbesondere auf den Import, der um 10,9% zunahm. Beim Export beladener Container gab es indes einen Rückgang um 3,4%, während der Umschlag von Leercontainern deutlich zunahm (+13,6%).

Der griechische Hafen Piräus berichtete ebenfalls von einem deutlichen Anstieg im Containerumschlag. Demnach gingen in den ersten sechs Monaten knapp 2,1Mio. TEU über die Kaikanten, 18,4% mehr als in der ersten Jahreshälfte 2017. Die Muttergesellschaft Cosco Shipping Ports teilte zudem mit, dass die Piräus Port Authority (OLP) mit mehr als 374.000TEU im Juni die höchste Leistung unter den von Cosco verwalteten Überseehäfen verzeichnete. Dies waren 18,9% mehr als im Juni 2017. Die Chinesen sehen Piräus als wichtigen Hub für die neue Seidenstraße an.

Im Jahr 2016 hatte sich Cosco am Standort eine 67%-Beteiligung für 368,5Mio. € gesichert. Außerdem haben die Chinesen Investitionen im Umfang von weiteren 350Mio. € über die kommenden zehn Jahre zugesagt. Zeitnah soll das Engagement weiter ausgebaut werden, offenbar geht es darum, mehr Ladung über Piräus umzuschlagen. Im Gesamtjahr 2017 wurden im größten griechischen Hafen 4,1Mio. TEU verladen.

Auch der am Mittelmeer gelegene afrikanische Hafenkomplex Tanger-Med verzeichnete im 1. Halbjahr ein Wachstum im Containerverkehr, der um 7% auf rund 1,7Mio. TEU zunahm. Eurogate und APM Terminals (APMT), Tochter der dänischen Maersk Line, sind jeweils Betreiber eines Terminals. Anfang kommenden Jahres soll die dritte und bisher größte Umschlaganlage mit einer Kapazität für 3 Mio. TEU in Betrieb gehen, an der APMT 90% hält. Zudem gibt es dem Vernehmen nach bei Hapag-Lloyd Überlegungen, sich am Eurogate Marsa Maroc Terminal zu beteiligen, das ebenfalls derzeit gebaut wird. Über den Stand der Gespräche machte die Reederei jedoch keine Angaben.


Thomas Wägner