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Die chinesische Klassifikationsgesellschaft CCS ist mitten in einer Deutschland-Offensive. Man setzt auf gute Verbindungen zur Schiffbau- und Finanzierungsbranche, stellt sich aber auf einige Wartezeit bis zum erhofften »Türöffner« ein. Gute Erfahrung hat man in Europa schon gemacht.

Leshan Zhang, Director Business Developement bei CCS, kennt den deutschen Markt sehr gut. Seit 30 Jahren ist er schon im[ds_preview] Lande, hat mit einer Arbeit zum Schiffbau promoviert und war danach im Klassifikations- und Werftmarkt aktiv. Seit 2016 ist er bei der China Classification Society in Hamburg. In dem Jahr startete die Nr. 6 im Weltmarkt eine Offensive, um im hiesigen Markt stärker Fuß zu fassen und deutsche Reeder als Kunden zu gewinnen. Er ist zuversichtlich: »Am Anfang ist es immer schwierig, aber ich bin überzeugt, dass wir unsere Position verbessern werden«, sagt Zhang im Gespräch mit der HANSA.

Der Wettbewerb unter den Klassen hat sich in Deutschland in den letzten Jahren rasant entwickelt. Vor der schweren Schifffahrtskrise sah das noch anders aus, ein Großteil der Schiffseigner setzte auf den Germanischen Lloyd. Das Bild hat sich mittlerweile etwas geändert, vor allem aus zwei Gründen.

Zum Einen ist die Fusion des GL mit DNV aus Norwegen zu nennen. Der heutige DNV GL ist immer noch sehr stark in Deutschland vertreten. Nach dem Zusammenschluss war ein sehr mächtiger Akteur entstanden – der allerdings zu Beginn viel Zeit für die Integration der Geschäfte und den Aufbau der neuen Organisation aufwenden musste.

Zum Anderen, und auch damit zusammenhängend, starteten spätestens seit 2014 andere Klassen mehr oder weniger großangelegte Initiativen. ClassNK aus Japan, das American Bureau of Shipping (ABS), Bureau Veritas (BV) aus Frankreich und auch Lloyd’s Register aus Großbritannien wollten sich Marktanteile sichern. Ob berechtigt oder nicht, in Abgrenzung zur Konkurrenz setzte man auf kurze Wege, Kundenzufriedenheit und nicht zuletzt auf den Preis als Argument. Die krisengeplagten deutschen Reedereien mussten mittlerweile intensiv Kosten sparen, daher kam so manchem ein Wechsel recht.

CCS hielt sich lange Zeit zurück. Zwar ist man schon seit 1986 in Deutschland mit eigenen Büros vertreten. Allerdings dauerte es bis 2016, ehe man sich zu einem größeren Vorstoß entschloss. Nachdem die Regierung in Peking eine stärkere Öffnung der eigenen Märkte verkündete, sollte dies auch die Klassifikation betreffen.

Teil der Initiative ist unter anderem die Einstellung des gut vernetzten Leshan Zhang. Er und seine Kollegen wollen den Deutschen als Vermittler zur Seite stehen, wenn es darum geht, die Bedingungen in China besser zu verstehen und Chancen besser zu erkennen.

»Schritt für Schritt« solle es gehen, sagt Zhang und verweist auf das Beispiel Griechenland. Auch dort hatte man vor einigen Jahren eine Initiative gestartet und es hatte gedauert, bis man richtig »angekommen« war.

»Es ist wichtig, dass jemand vor Ort ist, der den Markt kennt und den Kontakt sucht«, betont er, »es gibt einige kulturelle Unterschiede, auch im geschäftlichen Alltag. Da ist Erklär- und Überzeugungsarbeit nötig, also eine Brücke, auch sprachlich. Das machen wir jetzt viel intensiver als früher.« Man wolle besser verstehen, was deutsche Kunden wünschen. Ein Instrument dafür ist, dass CCS an vielen Konferenzen und Plattformen teilnimmt, beispielsweise auch »förderndes Mitglied« beim Verband Deutscher Reeder (VDR) ist. Nicht zuletzt ist für CCS auch die Einstellung von Muttersprachlern eine Option, die genau geprüft wird. Die kulturelle Barriere ist in Zhangs Augen heute viel kleiner.

Aktuell ist CCS in der deutschen Flotte noch nicht stark vertreten. In Gesamteuropa haben sich mittlerweile 49 Reedereien für 219 Schiffe für CCS entschieden. Von den 13,5Mio. GT entfallen 7,9Mio. GT auf Griechenland.

Auch im Fall sogenannter Dual-Class-Vereinbarungen ist CCS involviert, etwa wenn das Schiff von einer chinesischen Werft und/oder mit Hilfe chinesischer Finanzierung gebaut wird.

Der rasante Aufstieg Chinas als Schifffahrtsmacht spielt der Klassifikationsgesellschaft in die Karten. »Wir haben sehr gute Verbindungen zu aufstrebenden Finanzierungshäusern wie BoComm oder ICBC. Die Kontakte zu Werften und maritimen Behörden sind seit jeher ebenfalls sehr gut«, erläutert der Deutschland-Vertreter. Wobei, das betont er, es keinen Zwang oder überbordenden Druck zur Wahl der Klasse gebe, wenn man ein Schiff in China bauen und von dort finanzieren lassen wolle: »Vorgeschlagen wird es, ja, aber mehr nicht.« Lediglich bei Dual-Class-Vereinbarungen gibt es zum Teil entsprechende Klauseln.

Auch ein preisliches Entgegenkommen ist möglich, wie der Experte bestätigt: »Bei der Qualität brauchen wir uns als Mitglied im internationalen Klassifikationsverband IACS nicht verstecken. In einigen Punkten gehören wir sogar zu den Führenden. Zusätzlich sind wir bei den Preisen für unsere Kunden flexibel und können entgegenkommen.«

Nicht zuletzt will man die Reeder unterstützen, einen Überblick über chinesische Umwelt- und Hafengesetze zu behalten. Wo gelten welche Emissionsgrenzen, wo sind welche Richtlinien zu beachten? »Das ist für Außenstehende zugegebenermaßen nicht immer leicht zu durchschauen«, so Zhang weiter.

Ob all das reicht, um den Fuß stärker in die Tür zu bekommen, wird sich zeigen. Der deutsche Markt sei umkämpft, stärker als andere. »Die Branche ist hierzulande noch immer recht konservativ und setzt auf traditionelle Bindungen, wenn auch nicht mehr so stark wie vor der Krise«, berichtet der CCS-Mann aus seiner langjährigen Erfahrung.

Deutsche Reeder würden zwar mittlerweile anders denken als früher, aber im Vergleich, etwa zu den Skandinaviern, sei man immer noch recht konservativ. »Es wird Zeit brauchen, deutsche Reeder zu überzeugen, wahrscheinlich länger als in Griechenland«, so Zhang weiter. Die dortige Offensive trug auch erst nach einer gewissen Zeit Früchte, doch letztlich sei die Preisfrage ein entscheidender Faktor für die für ihre Flexibilität bekannten, kostenbewussten griechischen Reeder gewesen.

Erste Reaktionen aus der deutschen Branche deuten darauf hin, dass die Wahrnehmung von CCS schon besser geworden ist, dennoch reicht man noch nicht an die europäische Konkurrenz heran. Ein konkretes Ziel hat sich CCS für die deutsche Flotte nicht gesetzt, zumindest nicht offiziell. »Wir wollen das Geschäft jetzt erst einmal anstoßen, alles weitere wird sich zeigen«, meint Zhang. Die Märkte entwickelten sich so schnell, da seien Prognosen schwierig. Das soll der Zuversicht aber keinen Abbruch tun: »Früher wurden auch die chinesischen Werften argwöhnisch beäugt, heute gehören sie wie selbstverständlich dazu.«
Michael Meyer