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Tonnage- und Gewerbesteuer in der Schifffahrt sind umstritten. Aktuell läuft ein neues Gerichtsverfahren, das signifikante Auswirkungen haben könnte

Kürzlich fanden drei mündliche Verhandlungen vor dem Bundesfinanzhof (BFH) zu der Auslegung des § 5a EStG zur Tonnagesteuer und der Gewerbesteuer[ds_preview] statt. Die Fälle betrafen grundsätzlich (nur) den Rückwechsel von Ein-Schiffs-Personengesellschaften von der Tonnagesteuer zu der herkömmlichen Gewinnermittlung nach § 5 EStG.

Auf Veröffentlichungen der Urteile zu diesem Datum und den vorgenannten Aktenzeichen gilt es zu achten. Warum?

Feststellungsbescheide beziehungsweise Einkommensteuerbescheide eines Einzelreeders oder Gewerbesteuermessbescheide, die entweder am 31. Dezember 2018 materiell bestandskräftig werden oder in der Zwischenzeit Entsprechendes erfahren – z.B. nach einer Betriebsprüfung oder weil endgültige Steuerbescheide erlassen werden – sollten offen gehalten werden, da eine Änderung der Rechtsprechung beziehungsweise eine Klarstellung entgegen den Verlautbarungen der Finanzverwaltung zu erwarten ist.

Die Veröffentlichung der vollständigen Urteile wird voraussichtlich erst Anfang kommenden Jahres erfolgen.

Gegenstand der Verfahren waren sämtlich Fälle des Rückwechselns von der Tonnagesteuer zur herkömmlichen Gewinnermittlung, sodass ein Teilwert des Schiffes zum Jahresende festzustellen war. Die Finanzverwaltung vertritt hierzu die Auffassung, dass dieser Teilwert nicht abgeschrieben werden kann, sondern gegebenenfalls aus der Schattenveranlagung vorhandene Anschaffungskosten weiterhin bis zum Schrottwert abzuschreiben sind und der (höhere) Teilwert erst beim Verkauf des Schiffes (oder anteilig bei der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils) abgesetzt werden kann. In der mündlichen Verhandlung wurde relativ klar, dass der BFH der Auffassung der Finanzverwaltung nicht folgt, sondern die Abschreibungen bemessen sich ab dem Beginn des Kalenderjahres des Rückwechselns nach dem Teilwert verteilt auf die Restnutzungsdauer des Schiffes.

Der zu einem früheren Zeitpunkt bei dem Wechsel in die Tonnagesteuer festgesetzte Unterschiedsbetrag (gemäß § 5a Abs. 4 EStG) ist nach dem Gesetz ab dem Zeitpunkt des Rückwechselns im Fall der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils anteilig oder im Fall der Veräußerung des Schiffes gänzlich (ggf. mit dem Restwert) aufzulösen, mindestens jedoch bei einem Weiterbetrieb des Schiffes mit jährlich 1/5 des Betrages.

Die Finanzverwaltung unterwirft diese Auflösungsbeträge der Gewerbesteuer und lehnt eine Kürzung bei Erfüllung der Voraussetzungen (nach § 9 Nr. 3 GewStG) um 80% ab. Die Rechtsauffassung könnte ins Wanken gekommen sein. Auf Ebene der Unternehmen könnten sich daraus wesentliche Gewerbesteuererstattungen ergeben, wenn die Urteile so ausfallen.

In den Verfahren stellte sich unter Umständen aber auch die Frage, ob es grundsätzlich überhaupt zutreffend ist, Gewerbesteuer auf die Unterschiedsbeträge (auch nicht in gekürzter Höhe) zu erheben. Die Praxis und die Literatur haben sich in der Vergangenheit trotz einer entsprechenden Rechtsprechung des BFH mehrheitlich dagegen ausgesprochen, während die Vertreter der Finanzverwaltung gegenteilig argumentierten. Die Argumente der Praxis waren dem BFH in diesen mündlichen Verhandlungen sehr wohl bekannt. Die genannten drei Verfahren waren wahrscheinlich die letzte Chance, die vorhandene Rechtsprechung des BFH noch einmal auf den Prüfstand zu stellen. Das ist mit den drei Verfahren gelungen – aber der Ausgang ist noch offen.

Weiterhin enthielten die Verfahren den Sachverhalt, dass an den Gesellschaften nicht-natürliche Personen beteiligt waren. Die auf diese entfallenden anteiligen Veräußerungsgewinne unterliegen nach der zwischenzeitlichen klaren Rechtsprechung des BFH (zu § 7 Satz 2 GewStG) ebenfalls der Gewerbesteuer. Für Fälle der vorliegenden Art ergab sich jedoch die Frage, ob diese Veräußerungsgewinne nicht (nach § 9 Nr. 3 GewStG) um 80% zu kürzen sind, bevor sie in den maßgebenden Gewerbeertrag eingehen. Auch diese Frage wurde dem BFH in umfangreichen Schriftsätzen sowohl seitens des Finanzamtes als auch der Unternehmen zur Entscheidung vorgelegt. Jetzt muss die Praxis abwarten.

Die Entscheidungsgründe zur Aufhebung der Urteile des Finanzgerichtes Hamburg stehen noch aus und werden wohl erst Anfang 2019 vorliegen. Wenn es damit auch kein Weihnachtsgeschenk 2018 mehr geben wird, aber auf ein Osterei im Jahr 2019 kann man seine Erwartung richten.
Wolfgang Kemsat, Partner, FIDES Treuhand GmbH