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Die Hafenwirtschaft erwartet Chaos, das Verkehrsministerium sieht Chancen: Mitten in die Debatten um den Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union legt die Regierung eine neue Strategie »Maritime 2050« vor.

Es sei die erste langfristige Strategie für den britischen Seev[ds_preview]erkehrssektor, heißt es in einer Ankündigung des Ministeriums und »Maritime UK«, der Vereinigung der britischen maritimen Wirtschaft. Die Strategie legt Fahrpläne für die Zusammenarbeit von Industrie und Regierung fest, um das Wachstum voranzutreiben. Explizit wird betont, dass die Regierung die Bedeutung der maritimen Industrie erkennt, »die für die Wirtschaft mehr wert ist als die Luft- und Raumfahrt oder der Automobilbau«.

brexit wegweiser

Man wolle seinen Platz als »führende maritime Nation« zu festigen, heißt es zu Beginn der Mitteilung. Wenig später wird der Maritime-UK-Vorstand Harry Theochari zitiert: »Zum ersten Mal verfügt der Seeverkehrssektor über eine wirklich langfristige Strategie, in der dargelegt wird, was Regierung und Industrie tun werden, um das Vereinigte Königreich in den kommenden Jahrzehnten in einem zunehmend wettbewerbsorientierten globalen Umfeld als führende Seefahrernation der Welt zu positionieren.« Die weltweite maritime Wirtschaft werde sich bis 2030 auf 3 Billionen $ verdoppeln. In der Konkurrenz mit anderen Nationen wolle man sicherstellen, dass das Vereinigte Königreich »am besten in der Lage ist, die Vorteile zu nutzen«.

Die Strategie umfasst die Themen Technologie, Handel, Umwelt, Menschen, Infrastruktur, Sicherheit und Wettbewerbsvorteile. Die Bedeutung der maritimen Branche für das Land habe im Zusammenhang mit dem »Brexit« zugenommen, wobei 95 % des gesamten britischen Handels durch den Sektor ermöglicht werden, darunter 25 % der Energieversorgung und 48 % der Nahrungsmittelversorgung. Man wolle entschlossen versuchen, den EU-Austritt so reibungslos wie möglich zu gestalten, konzentriere sich aber auch auf die Zeit danach.

Die Industrie glaubt, dass es sogar erhebliche Chancen gibt:

  • Förderung der Innovation in neuen Technologien wie Autonomie und grünes Wachstum
  • mehr maritimes Geschäft für das Vereinigte Königreich
  • die wirtschaftliche Entwicklung der Küstengebiete voranzutreiben, um ein »coastal powerhouse«
  • Aufbau einer qualifizierten und vielfältigen Arbeitnehmerschaft
London
London ist nach wie vor ein wichtiger maritimer Hub (Quelle: Pixabay)

Maritime 2050 erscheint in einer Zeit, in der das Vereinigte Königreich einem intensiven Wettbewerb durch maritime Nationen im Fernen Osten, Nordeuropa, dem Persischen Golf und Nordamerika ausgesetzt ist. London gilt allerdings nach wie vor als wichtiger Hub. Die Hauptstadt wird nach Ansicht der Verantwortlichen durch Hubs in Merseyside, Solent, Schottland und am Humber ergänzt. Man will regionale Zentren schaffen, angelehnt an das von Mersey Maritime entwickelten Modell des »regionalen Clusters«. Aus Sicht der Briten ist es das weltweit führende Zentrum für maritime Dienstleistungen, namentlich Seerecht, Finanzen, Versicherungen, Management und Maklerei.

Die neue Strategie soll die Stärke in diesem Bereich »maximieren«, den Wettbewerbsvorteil erhalten und ausbauen und sogar neue Bereiche erschließen, die das Angebot ergänzen. ALs Beispiel wird »Green Finance« genannt. Im Bereich von Innovationen will man Schwerpunkt zunächst auf die autonome Schifffahrt und CO2-arme Technologien legen.

Brexit, Dover, Fähren, Ärmelkanal
Karte: HANSA

Der maritime Sektor investiert bereits in die Infrastruktur. Allein in den Häfen sind über 1,6 Mrd. £ in der Pipeline. Die Regierung will solche Bestrebungen weiter unterstützen, nicht zuletzt um die Möglichkeiten auszuschöpfen, die Zahl der Beschäftigten zu erhöhen. Geplant ist auch eine Fachkommission, die den aktuellen und zukünftigen Qualifikationsbedarf prüft und bei Bedarf die Ausbildung leitet.

Betont wird der Status von Großbritannien als Verfechter des Freihandels. »Dass 95 % des Handels durch diesen Sektor ermöglicht werden, bedeutet, dass er einen großen und realen Anteil an der Debatte über Protektionismus vs. Freihandel hat.«