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Während die Wettbewerber in der Nordrange größtenteils an Ladung gewinnen, geht das Aufkommen in Hamburg zurück. Bei aller Kritik an der Infrastrukturpolitik gibt es in der Hafenwirtschaft aber auch Zuversicht.

Im Vergleich zu der Umschlagentwicklung in den übrigen Häfen der Nordrange hinkt Hamburg seit Jahren hinterher. Von 2007 bis 2017[ds_preview] sei der Containerumschlag an der Nordrange zwischen 9 und 27% gewachsen, in Hamburg im selben Zeitraum um 10,8% zurückgegangen, erläuterte jetzt Gunther Bonz, Präsident des Unternehmensverbands Hafen Hamburg (UVHH). Auch 2018 wies Deutschlands größter Seehafen nach drei Quartalen einen Umschlagrückgang auf, während die Hauptkonkurrenten Rotterdam und Antwerpen Zuwächse verzeichneten.

2,4% weniger Umschlag

Der Containerumschlag an der Elbe ist in den ersten neun Monaten 2018 mit 6,6Mio. TEU um 2,4% unter dem Vorjahresergebnis geblieben. Hafen Hamburg Marketing (HHM) erklärt dies vor allem mit dem Rückgang bei Leercontainern (-10,1%). Bei den beladenen Boxen fiel die Umschlagmenge mit 5,8Mio. TEU (-1,2%) nur leicht zurück.

Der Rückgang im Containerumschlag konzentrierte sich vor allem auf die Europa- und Nordamerikaverkehre, die sich um 4,4% beziehungsweise 26,2 % verringert haben. Positiv entwickelten sich dagegen die Relationen insbesondere mit der Ostküste Südamerikas (+25,7%), Nordafrika (+22,7%), Israel (+35,2%), Türkei (+32,6%), der Westküste Nordamerikas (+36,9%), Schweden (+15,8%), Brasilien (+30,4%), Taiwan (+9,2%) und Thailand (+123,6%). »Die guten Ergebnisse im Verkehr mit diesen Ländern und Regionen gleichen nicht die Rückgänge in den übrigen Fahrtgebieten Europas und Amerikas aus«, sagte HHM-Vorstand Axel Mattern bei der Vorlage der Bilanz. Man erwarte im Zusammenhang mit den 2019 nach Hamburg kommenden vier neuen Transatlantik-Liniendiensten jedoch positive Impulse für den Containerumschlag. Häfen an der US-Ostküste sowie in Mexiko seien durch diese neuen Liniendienste hervorragend angebunden.

Das wird nach Ansicht Matterns auch einen Anstieg im Transhipment mit der für Hamburg wichtigen Ostseeregion begünstigen. Der Hafen sei verkehrsgeografisch zum einen durch schnelle und kurze Anbindungen die ideale Warendrehscheibe für Güter, die ihren Bestimmungs- oder Ursprungsort in der Metropolregion hätten und zum anderen aufgrund der kurzen Verbindung durch den Nord-Ostsee-Kanal (NOK) ein optimaler Umschlagplatz für Transhipmentladung.

Positiv könnte sich auch der Handelskrieg zwischen den USA und China für Hamburg auswirken. Da die Asiaten kaum ihre Produktion herunterfahren werden, werden sie sich andere Märkte suchen, um ihre Waren abzusetzen. Eine Möglichkeit wäre hier Europa, das somit ein verstärktes Wachstum aus Asien erfahren würde, meinen manche Beobachter.

Verbreiterung vor Vertiefung

Verzichten müssen die Hamburger im kommenden Jahr allerdings auf den Handel mit dem Iran. Wegen der handelspolitischen Sanktionen wird dieser nicht mehr über die Elbe abgewickelt, sondern über Antwerpen. Bonz sprach zuletzt von Containerzahlen im fünfstelligen Bereich.

Sicher ist auch, dass Deutschlands größter Seehafen im kommenden Jahr noch nicht von der genehmigten Fahrinnenanpassung der Außen- und Unterelbe profitieren wird. Es sei zwar positiv, dass sie umgesetzt werde, »doch haben wir sie noch nicht«, so Bonz, der sein Unverständnis äußerte, warum die komplizierte Ausschreibung nicht schon früher vorbereitet wurde. Man habe sich erst damit auseinandergesetzt, als Hamburg das Baurecht erteilt bekam. Seiner Ansicht nach verursacht dies eine weitere zeitliche Verzögerung von mindestens einem halben Jahr. Entsprechend rechnet er damit, dass mit der Elbvertiefung erst im Frühjahr oder Sommer 2019 begonnen werden wird.

Priorität bei der Maßnahme wird der 7km langen, sogenannten Begegnungsbox in der Nähe von Wedel eingeräumt. »Dadurch können künftig bis zu vier Großschiffe einander passieren«, sagt Hafenkapitän Jörg Pollmann. Dies werde die Verkehrssteuerung deutlich vereinfachen sowie die Effizienz und die Flexibilität erhöhen.

Derzeit gibt es auf der Elbe in gewissen Bereichen ein Begegnungsverbot für besonders große Schiffe, sogenannte AGF (Außergewöhnlich große Fahrzeuge, mit mindestens 330m Länge und 45m Breite). Etwa von der Störmündung bis kurz hinter Wedel dürfen Frachter einander nicht passieren, deren addierte Breite 90m übersteigt. Grund ist die schmale Trasse in diesem Bereich, die nur etwa 300m breit ist. Die Fahrrinne in der Begegnungsbox soll eine Breite von 385m haben. Somit können hier künftig auch große Einheiten im vorgeschriebenen Abstand sicher aneinander vorbeifahren.

Pollmann rechnet damit, dass die Arbeiten für die Begegnungsbox im Sommer beginnen und bis Ende 2019 abgeschlossen werden. Das Ausbaggern der Elbe dauert indes deutlich länger. Der Fluss soll auf eine Tiefe gebracht werden, sodass bis zu 14,50m tiefgehende Schiffe tideabhängig und bis zu 13,50m tiefe Einheiten tideunabhängig verkehren können. Zwischen dem Leuchtturm Großer Vogelsand in der Außenelbe bis kurz vor Glückstadt ist die Fahrrinne rund 400m breit, daran wird sich auch nach der Anpassung nichts ändern. Auf dem kompletten Abschnitt ab etwa Glückstadt bis zum Hamburger Hafen, wo die Trasse teilweise nur 250 m breit ist, kommen 20 m Breite hinzu.

»Wir sehen Licht am Ende des Tunnels« UVHH-Präsident Gunther Bonz

Der Hafenkapitän geht frühestens am Ende des zweiten Quartals 2021 von einer Fertigstellung aus. Erst wenn die Fahrinnenanpassung tatsächlich vollzogen sei, könne der Aufholprozess in Hamburg beginnen, erwartet Bonz einen steigenden Umschlag. Um die Elbe dann auch nutzen zu können, braucht es eine sogenannte Befahrensverordnung, die die technischen und nautischen Voraussetzungen regelt, beispielsweise die Abstandsweiten für die Begegnung zweier Schiffe. Damit nicht noch mehr Zeit verloren geht, fordert Bonz, sich unverzüglich damit auseinanderzusetzen und hierbei auch den Sachverstand der Lotsen einzubeziehen. Sonst gebe es nach dem Abschluss der Arbeiten zwar die nautischen Voraussetzungen, aber womöglich keine rechtlichen.

Auch wenn die Vorteile der Fahrinnenanpassung der Elbe 2019 noch nicht greifen, erwartet die Hafenwirtschaft sowohl beim Containerverkehr als auch für den Gesamtumschlag dennoch einen leichten Anstieg. »Wir sehen Licht am Ende des Tunnels«, so Bonz. Allgemein sei es wegen der aktuellen Handelskonflikte aber schwierig, Prognosen aufzustellen. Er zeigt sich aber überzeugt, dass die Zahlen nicht unter denen von 2018 liegen werden.
Thomas Wägener