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Die Bremer Harren & Partner Group will das Angebot in der Schwergutschifffahrt nach der Eingliederung von SAL erweitern. Neben Second-Hand-Zukäufen ist ein Neubauprogramm in Planung, wie Geschäftsführer Martin Harren im Interview mit der HANSA berichtet

2017 haben Sie sich im Bieterrennen um SAL durchgesetzt und damit den Geschäftsbereich Schwergutschifffahrt stark ausgebaut. Für den Voreigentümer[ds_preview] »K« Line war SAL ein Zuschussgeschäft. Warum wollten Sie das Unternehmen unbedingt haben?

Martin Harren: SAL ist für sich allein genommen einfach eine attraktive Firma. Die Gründerfamilie Heinrich hatte sie zu einem der Marktführer in der Schwergutschifffahrt gemacht, der in einer Liga mit Unternehmen wie Biglift und Jumbo spielt. Die Projektladungen, auf die SAL angewiesen ist, gab es aber in den letzten drei bis vier Jahren kaum. »K« Line musste das Geschäft stützen, weil es defizitär war. Für uns war aber klar, dass man in Kombination mit unseren eigenen Aktivitäten daraus etwas noch Größeres machen kann. Bei Schiffen mit Krankapazitäten über 900t sind wir jetzt weltweit der stärkste Player. Kein anderer hat so viele Schiffe, so viel Kapazität und eine solche Engineering-Power.

Zum Kaufpreis wurden keine Angaben gemacht. Sicher wird »K« Line mit hohem Verlust ausgestiegen sein …

Harren: Zu den finanziellen Details möchten wir uns nicht äußern. Ich kann nur sagen, dass in dem Zusammenschluss mit unseren anderen Aktivitäten große Synergien lagen. Das betrifft u.a. das Shipmanagement, wo es sich deutlich bemerkbar macht, ob Sie 13 Schiffe bereedern wie einst SAL oder 70 wie nun bei uns. Durch die effizienten Strukturen eines technischen Spezialisten ergeben sich neue Möglichkeiten. Mit der vergrößerten Flotte kann SAL zusätzliche Fahrtgebiete bedienen, sodass es jetzt auch einen Chartering Desk für Afrika gibt. Wir haben außerdem ein Joint Venture mit Rolldock aufgesetzt. Das sind zwar alles zarte Pflänzchen, die aber den Service für unsere Kunden erweitern. 

Gleichzeitig hat sich unsere Firma Combi Lift, die vorher eine Schwergutreederei war, in der Gruppe neu aufstellen und zu einem bedeutenden Projektlogistiker entwickeln können. Das Gazprom-Amur-GPP-Projekt, das Combi Lift betreut, ist ein Referenzprojekt für die gesamte Branche. Wir haben also nicht bloß »K« Line auf dem Eigner-Stuhl abgelöst, sondern viel hinzugebracht. 

Warum zogen sich die Übernahmegespräche so lange hin, mehr als acht Monate?

Harren: Die Transaktion war von der Struktur her gar nicht so kompliziert. Die Prozesse zogen sich aber hin, weil das Unternehmen aus Sicht des Verkäufers mit sehr hohen Abschlägen im Vergleich zum Einstiegspreis verkauft werden sollte. Da es sich bei »K« Line um einen japanischen gelisteten Konzern handelt, gingen die Prüfungen dazu über mehrere Ebenen und Gremien. Zudem war es ein Rennen unter mehreren Bietern. 

Auf jeden Fall war das Geschäft nicht »asset-light«, Sie haben nicht bloß den kommerziellen Teil übernommen, sondern auch alle Schiffe?

Harren: Richtig, nicht nur den Carrier oder Operateur, wie man es in anderen Fällen, etwa in der Containerlinienfahrt, gesehen hat.

Kommt der Markt denn nach der jahrelangen Flaute wieder in Gang?

Harren: Der Ausblick für den Sektor im Jahr 2019 ist noch unsicher. Die positiven Signale nehmen aber zu. Allein aus der Öl- und Gasindustrie sowie dem Windenergieanlagenbau bekommen wir so viele Anfragen für 2020 und 2021, dass die SAL-Flotte dann mit projektbezogenen Aufträgen voll ausgelastet sein könnte. 

Das heißt, Sie müssen bald neu investieren und die Kapazitäten erweitern?

Harren: Wir bleiben vorsichtig und wollen uns nicht zu hohe Risiken aufladen. Es geht uns in erster Linie darum, unser Leistungsspektrum für die Kunden zu erweitern. Dazu haben wir gerade unseren ersten Fly-Jib – eine Art Kranverlängerung – bestellt, um bei SAL auch Offshore-Rammarbeiten durchführen zu können. Wir beschäftigen uns auch mit den Spezifikationen für künftige Neubauten mit erhöhten Krankapazitäten. Dabei haben wir natürlich auch immer unsere Stammkunden und deren Bedürfnisse, u.a. in der Öl- und Gasindustrie, im Blick.

Wann ist denn mit neuen Schiffbauaufträgen von Ihnen zu rechnen?

Harren: Unser Ziel ist es, 2019 zu einem Abschluss zu kommen und vier Neubauten für Schwergutschiffe zu bestellen. Wir haben zwei unterschiedliche Entwürfe, die wir diskutieren. Wir müssen allerdings die Marktentwicklung abwarten. Darüber hinaus schauen wir uns auch ein Container-Feederschiffprojekt auf mittlere oder längere Sicht an, was allerdings nichts mit SAL zu tun hat. Unser Hauptaugenmerk bei Schwergutschiffen liegt aktuell aber auf dem Second-Hand-Markt. Da werden sicher ebenfalls Schiffe verfügbar, die eine sinnvolle Erweiterung für uns darstellen könnten. Unser mittelfristiges Ziel ist es, die SAL-Flotte von 20 in Richtung 25 Schiffe auszubauen. Dadurch bekommen wir auch Luft, mal ein oder zwei ältere Einheiten abzustoßen. 

Setzen Sie sich mit Blick auf die neuen Treibstoffbestimmungen ab 2020 mit neuen technischen Lösungen auseinander?

Harren: Für unsere geplanten Neubauprojekte schauen wir uns jetzt LNG-Lösungen an. Bei der Bestandsflotte denken wir in der Tat über die Nachrüstung von Scrubbern bei einigen Schiffen nach, die eher hohe Verbräuche haben. 

Schwenken wir zur Containerschifffahrt. Sie haben gerade Ihre eigene Feeder-Linie in der Karibik verkauft. Warum hat das für Sie keinen Sinn mehr gemacht?

Harren: Tatsache ist, dass man uns hier einen sehr attraktiven Preis geboten hat, zu dem wir nicht Nein sagen konnten. Es war eine gute Gelegenheit. Caribbean Feeder Services (CFS) ist ein relativ kleines Unternehmen ohne eigene Schiffe. Für uns läuft die Containerschifffahrt trotzdem weiter, als Tramp Owner, der seine Schiffe verchartert. Wir arbeiten da weiterhin eng mit CFS zusammen, für die wir mehr als 50% ihrer Flotte bereitstellen.


Interview: Michael Hollmann