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Die Rationalisierung und Schließung von Überseestandorten verschiedener Autohersteller könnte dem Car-Carrier-Markt Auftrieb geben. Profitieren könnte letztlich auch die Containerschifffahrt.

Wie der Branchendienst Drewry berichtet, hat die jüngste Entscheidung von Honda, die A[ds_preview]utomobilproduktion in seinem Werk in Swindon (UK) einzustellen und die europäischen Automobilmärkte von japanischen Fabriken aus zu beliefern, Spekulationen über einen  Trend zur »Wiederbelebung« des Autofrachtermarktes ausgelöst. Der US-Autobauer Ford hat ebenfalls Kapazitätsrationalisierungen in Europa, Russland, Brasilien und China angekjündigt. Zudem investiert er 1 Mrd. $ in zwei seiner US-Werke.

»Sollten andere Hersteller dem Beispiel folgen und versuchen, die Nachfrage des Überseemarktes von den inländischen Montagelinien aus zu befriedigen, würde dies einen Boom für die Verschiffung von Fertigfahrzeugen bedeuten«, erklärt Tom Ossieur, Head of Car Carriers bei Drewry. Während man mit einem leichten Anstieg des Transportvolumens rechne, seien jedoch noch andere Treiber im Spiel.

Freihandelsabkommen und Brexit geben den Ausschlag

Wie für andere japanische Automarken war Großbritannien seit Jahrzehnten die bevorzugte Produktionsstätte von Honda, um den europäischen Markt zu beliefern. Da das Unternehmen jedoch snach der Finanzkrise 2008 darum kämpfen musste, Marktanteile zurückzugewinnen, wandte es sich an weiter entfernte Exportmärkte wie Nordamerika. Zudem Zeitpunkt standen SUVs und Crossover-Fahrzeuge hoch in der Verbrauchergunst. Bis 2018 sank die Werksleistung des Swindon auf nur noch 160.000 Fahrzeuge. Damit ist Swindon laut Drewry eine der kleinsten und am wenigsten effizienten Autofabriken Europas. »Die Unterzeichnung des jüngsten Freihandelsabkommens zwischen der EU und Japan und die mögliche Handelsstörung durch den Brexit waren Wendepunkte, die die Entscheidung bestätigten«, so Ossieur in seiner Analyse.

Es bestehe zwar nach wie vor die Gefahr, dass andere japanische Automobilhersteller Honda in Bezug auf die britische Fertigung folgten, aber es gebe wenig Hinweise darauf, dass es einen breiteren Trend zur Neuausrichtung der globalen Industrie gebe. Laut Drewrys Finished Vehicle Shipping Market Review & Forecast 2018/19 war das Wachstum der Überseeproduktion im Verhältnis zur Inlandsproduktion in den letzten Jahren ins Stocken geraten. Dies sei jedoch auf eine Erholung in gesättigten Märkten wie Nordamerika und Europa zurückzuführen, was die Nachfrage nach inländisch produzierten Fahrzeugen ankurbelte.

Weil sich die Nachfrage aus den Schwellenländern wie Brasilien und Russland verbessert hat und neue Höchststände in Indien erreicht wurden, reaktivieren die Automobilhersteller unterausgelastete ausländische Werke und investieren in neue lokale Kapazitäten. Wie der Drewry-Bericht deutlich macht, haben die Hersteller (OEMs), die am stärksten in ausländische Produktionskapazitäten investieren, das schnellste Gesamtproduktionswachstum verzeichnet, wobei asiatische Marken die Hauptrolle spielen.

Hersteller auch durch Technologieentwicklung unter Druck

Bisher machte die Produktion von Nissan ein Drittel der britischen Automobilproduktion ausmacht. Während aber kürzlich die Pläne für den Bau des Nissan-Geländewagens X-Trail in Sunderland storniert wurden, erhöhten die Japaner die Produktionskapazität in Russland, die zuvor von Großbritannien aus erfüllt worden war. Darüber hinaus ist die Eröffnung einer neuen Produktionsstätte in Algerien geplant und eine Expansion nach Ghana wird geprüft. Auch die Globalisierung der Elektrofahrzeugproduktion hat begonnen. Hyundai plant neue Produktionsstätten für Elektrofahrzeuge in Indien und Indonesien.

»Die hohen Kosten für Investitionen in Technologie belasten die Bilanzen der OEMs und zwingen zur Rationalisierung der traditionellen Produktionskapazitäten in gesättigteren Märkten durch die Zentralisierung der Produktion in größeren, effizienteren Fabriken weltweit«, sagt Ossieur. Durch diese Entwicklung seien kleinere Anlagen, wie beispielsweise das britische Werk von Honda, gefährdet.

Während neue Freihandelsabkommen ausgehandelt werden, werden höhere Versandkosten laut Ossieur durch eine höhere Anlagenauslastung und Effizienzsteigerungen in der Produktion ausgeglichen. Die Zölle auf japanische Pkw-Exporte in die EU werden in den nächsten acht Jahren abgeschafft.

Was bedeutet das für die Seetransport-Nachfrage?

Drewry erwartet, dass die wachsende Konsumnachfrage nach Autos und ein höheres Produktionsniveau in den Schwellenländern den Verkehr auf Nord-Süd-Schifffahrtsrouten und regionalen Trades beflügeln wird, während die Rationalisierung der Montagewerke in den reifen Märkten die Ost-West-Routen  anschieben soll.

Höhere Mengen an fertigen Fahrzeugen werden den Analysten zufolge auch die Nachfrage nach Ersatzteillieferungen, die mit Containerschiffen erfolgen, beflügeln. »Längerfristig könnte die Umstellung auf Elektrofahrzeuge jedoch das Handelswachstum mäßigen, da sich die Produktlebenszyklen verlängern und der Ersatzteilbedarf sinkt«, heißt es.

»Allerdings hat dieser rosigere kurzfristige Ausblick eher mit technologischen Entwicklungen und der Situation in Schwellenländern zu tun als mit irgendeinem Trend zur Neuausrichtung. In der Zwischenzeit sind die von gesättigten Märkten wie dem Vereinigten Königreich und dem europäischen Festland abhängigen Transportunternehmen anfällig für eine weitere Rationalisierung der Produktionskapazitäten«, schließt Ossieur.