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Weil die Raffineriemargen für Benzin und HSFO gering sind, müssen die Kraftstoffhersteller ihren Gewinn derzeit aus Mitteldestillaten wie Gasöl und Diesel ziehen – Experten erwarten daher eine Verteuerung solcher Produkte.

Die Gemengelage auf den Rohölmärkten mit dem boomenden,[ds_preview] »süßen« US-Schieferöl und die Nachfrageentwicklung wirken sich auf die Crack-Spreads, also auf die Preisdifferenz zwischen Rohöl und daraus gewonnenen Produkten und damit auf die Gewinnmargen der Raffinerien aus.

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Seit dem Absturz im September/Oktober letzten Jahres ist der Crack des ARA-Benzins weitgehend flach geblieben. Infolgedessen mussten Mitteldestillat- und HSFO-Margen deutlich verstärkt werden, um eine insgesamt positive Raffinerie-Marge zu erhalten (Quelle: SEB)

»Wenn der Benzin-Crack-Spread im vierten Quartal 2019 und im ersten Halbjahr 2020 Null oder negativ ist und gleichzeitig der Schweröl-Crack-Spread (HFO 3.5%) aufgrund der IMO-2020-Vorschriften im Wesentlichen negativ ist, müssen Mitteldestillat-Crack-Spreads die gesamte Raffinerie-Marge tragen«, erklärt Bjarne Schieldrop, Chief Commodities Analyst bei der Bank SEB die Auswirkungen der IMO 2020-Vorschriften für Gasöl und Schweröl (HFO). Dies führe unweigerlich zu sehr starken Gasöl-Crack-Spreads und verschärfe die Auswirkungen der IMO 2020 auf Gasöl-Crack-Spreads gegenüber HFO-3,5%-Crack-Spreads.

Im September/Oktober 2018 fiel der Crack-Spread zwischen Benzin und Brent-Rohöl auf Null. In der Folge – und laut Schieldrop »höchst ungewöhnlich« – hat sich das Niveau seither nicht verändert. »Da sich die Raffinerien in der Regel recht schnell an solche Veränderungen anpassen, deutet ihr Versäumnis nach fünf Monaten darauf hin, dass ihre technischen Kapazitäten angesichts der strukturellen Veränderungen in der globalen Rohölversorgung voll ausgelastet sind.« Der Experte erwartet eine Erholung der Benzin-Cracks in Richtung Sommer, bevor die Werte wieder auf Null oder gar unter das Niveau von September/Oktober 2018 fallen.

US-Schieferöl-Boom befeuert den Trend

»Dies ist aus unserer Sicht vor allem auf den anhaltenden Boom bei der Produktion von ultraleichtem US-Schieferöl zurückzuführen, das einen großen Anteil an leichten Produkten ausmacht. Dies hat erneut zu einem Überschuss an Benzin und Naphtha geführt«, sagt Schieldrop. Folglich seien Benzin- und Naphtha-Crack-Spreads entweder bis auf Null oder unter Null abgestürzt.

Raffinerien erzielen ihre größten Ergebnisanteile bei Mitteldestillaten (Gasöl/Diesel/Jet) und leichten Produkten (Benzin, Naphtha, etc.). Typischerweise haben Schwerölprodukte (HFO 3,5%) den Raffinerien Verluste beschert, da sie weniger vielseitig sind, ihre Nachfragebasis schmaler ist und sehr teure Aufrüstungseinheiten erforderlich sind, um HFO 3,5% in wertvollere Produkte wie Diesel zu verwandeln. Während einzelne Produkt-Cracks für Raffinerien nicht unbedingt entscheidend sind, ist die gesamte Raffinationsmarge für alle Produkte zusammengenommen abzüglich Roh- und Verarbeitungskosten wichtig.

Mitteldestillate bereits teurer

Als der Benzin-Crack-Spread gegen Null rauschte, mussten die Margen der Raffinerien für die verbleibenden Produkte steigen, um genügend wirtschaftliche Anreize für die Fortsetzung des Betriebs der Raffinerien zu schaffen. Infolgedessen stiegen laut Schieldrop sowohl Mitteldestillat- als auch HFO-3,5%-Margen im September und Oktober 2018 deutlich. Nachfolgend waren sehr starke Gasöl- und HFO-3,5%-Crack-Spreads zumindest teilweise die Folge des Crashs im Benzin-Bereich.

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Q4-2019-Margen: Der November/Dezember-Crack-Spread für HFO 3,5% dürfte sich auf ein zunehmend negatives Niveau bewegen. Dadurch verstärkt sich der Druck nach oben auf die Gasöl-Margen – umso mehr, wenn der Benzin-Crack negativ wird (Quelle: SEB)

»Es ist klar, dass die Verschärfung am Rohölmakt in den letzten sechs bis neun Monaten verschärft HFO 3,5% gestärkt und die relativen Preise für mittelschwere bis schwere Rohöle im Vergleich zu leichten, süßen Rohölen verbessert haben. Man könnte es jedoch etwas anders formulieren und stattdessen sagen, dass es sich nicht so sehr um ein Defizit bei der Versorgung mit mittel- bis schwersauren Rohstoffen handelt, sondern dass es derzeit einen Überschuss und eine Lücke in der Raffineriekapazität gibt, die in der Lage ist, solche Rohöle zu verarbeiten. Der große Teil der schweren, sauren Elemente in solchen Rohstoffen ist normalerweise ihre Achillesferse. Im Moment ist das wirtschaftliche Handicap von mittelsauerem Rohöl jedoch aufgrund von Überkapazitäten bei der Modernisierung von Raffinerien ungewöhnlich begrenzt.«

Großer Rabatt für HSFO, maximale Margen bei Gasöl

»Im vierten Quartal 2019 und ersten Halbjahr 2020 wird das wirtschaftliche Handicap wahrscheinlich mit Nachdruck wieder auftauchen. Die Heavy-End-Produkte (HSFO), die die globale Schiffsflotte derzeit verbraucht, müssen dann in Raffinerie-Tiefenumwandlungsanlagen auf Mitteldestillate umgestellt werden«, sagt Schieldrop. Diese Einheiten würden dann wahrscheinlich den maximalen Wert erreichen, was zu einem Überschuss an schweren Produkten führt, was wiederum einen sehr großen Rabatt für HSFO und Rohöle, die große Teile dieser Elemente enthalten, zur Folge hätte, die große Teile dieser Elemente enthalten.

»Nachdem sich die Benzin-Margen in Richtung Frühjahr und Sommersaison verstärken, erwarten wir, dass sie wieder auf Null fallen oder noch negativer werden als im September/Oktober 2018. Ab November/Dezember 2019 dürfte auch der HFO-3,5%-Crack zunehmend negativ werden. Zu diesem Zeitpunkt müssen die Mitteldestillat-Margen sehr stark sein, um Verluste sowohl bei schweren als auch bei leichten Endprodukten auszugleichen«, erklärt der Experte.