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Die Arbeit mit LNG-Technologie gehört mittlerweile schon fast zum guten Ton in der maritimen Industrie. Immer mehr Projekte beschäftigen sich aber jetzt auch mit Wasserstoff. Ein aktueller Überblick

In den vergangenen Wochen und Monaten gab es diverse Ankündigungen, unter anderem das »Seashuttle«-Projekt mit Samskip, Moss Maritime und[ds_preview] Kongsberg (HANSA 02/19). Die Zuversicht scheint bei immer mehr Industrie-Akteuren zu wachsen, dass Wasserstoff – beziehungsweise in verflüssigter Form als LH2 – eine ernstzunehmende Alternative als umweltfreundlicher(er) Kraftstoff in der Schifffahrt werden könnte. Ein Grund dafür ist die Erwartung immer strengerer Emissionsregulierungen. Allerdings – das haben die Initiativen mit den frühen Schritten in der LNG-Technologie gemein – ist man sich offenbar nicht sicher. Die Technik gilt dabei nicht als großes Problem, vielmehr betonen viele Beteiligte immer wieder, dass zunächst geprüft werden solle, ob eine Umsetzung und ein Betrieb von Wasserstoff-Antrieben wirtschaftlich sinnvoll seien.

Worum geht es also?

Nachteile oder Risiken gibt es nach wie vor und unabhängig von verbesserten regulativen Rahmenbedingungen. Aus technischer Sicht wird von Skeptikern beispielsweise die leichtere Entflammbarkeit im Vergleich zu bislang herkömmlichen Kraftstoffen genannt. Eine weitere Hürde für eine Umsetzung ist die Infrastruktur – wieder eine Parallele zu LNG. Zum einen muss es überhaupt Bunker-Möglichkeiten geben. Zum anderen könnte es sich nach Ansicht einiger Experten ergeben, dass eine größere Anzahl beziehungsweise eine größere Dichte an Bunker-Stationen nötig wird. Denn LH2 hat eine weit geringere Energiedichte als etwa LNG. Entsprechend mehr Volumen nähme ein solcher Kraftstoff ein, was wiederum dazu führen würde, dass ein Tank bei gleicher Größe schneller »leergefahren« wäre. LNG benötigt das 2,5-fache Volumen herkömmlichen Schiffsdiesels, Wasserstoff sogar das Vierfache. Die Tanks an Bord könnten außerdem teurer sein, weil eine stärkere Isolierung nötig ist, um ein ähnliches Boil-off-Niveau zu erreichen. Wieder der Vergleich zu LNG: Dies wird bei -163°C transportiert, LH2 bei -253°C.

Insgesamt lässt sich sagen, dass die bisherigen Erfahrungen bei der Einführung von LNG in der Schifffahrt sehr hilfreich sein können. Allerdings müssen eben auch einige Dinge »neu« gedacht werden, beispielsweise bei Charakteristika für den Tank, für Ventile, Pumpen oder Rohrleitungen. Soll sich an der Reichweite nur wenig ändern, wäre ebenfalls die Neukonzeption von Tanks denkbar. In Verbindung mit dem Gewichtsunterschied von LH2, LNG und MGO könnte eine Umstellung auf Wasserstoff-Antrieb also durchaus Auswirkungen auf das gesamte Schiffsdesign haben.

Die Betriebskosten werden laut einer Studie der Klassifikationsgesellschaft DNV GL sehr ähnlich denen konventioneller Kolbenmotoren sein. Höhere Kosten würden allerdings bei der Produktion von LH2 anfallen.

Einerseits fällt der Vergleich der direkten CO2-Emissionen für Wasserstoff-Antriebe sehr positiv aus. Andererseits kommt es dabei sehr auf die Art der Herstellung an, die unter Umständen sehr energieintensiv sein kann. Soll LH2 durch Elektrolyse hergestellt werden, entstehen nach DNV-GL-Berechnungen Kosten von durchschnittlich 5,3$/kg, was einem Äquivalent von 1.770$/t Öl entsprechen würde. Bei einer Produktion aus Erdgas oder Biokraftstoff wären es durchschnittlich 4,1$/kg beziehungsweise 1.370$/t. Zum Vergleich: Bei einem Ölpreis von 70$ pro Barrel sind es 510$ pro Tonne Fuel Oil.

Nichtsdestotrotz werden aktuell immer neue Projekte mit Wasserstoff-Technologie vorangetrieben.

Moss / Wilhelmsen / Equinor: Wasserstoff-Bunkerschiff

Ein Industriekonsortium hat ein Wasserstoff-Bunkerschiff mit 9000m3 Kapazität LH2 entwickelt. Die beteiligten Partner sind Moss Maritime aus Norwegen, die Schifffahrtsgruppe Wilhelmsen, die Klassifikationsgesellschaft DNV GL und das Energie-Unternehmen Equinor. »Moss Maritime hat seine Erfahrung aus der Konstruktion von LNG-Schiffen in die Entwicklung des Konzepts einfließen lassen, bei dem verflüssigter Wasserstoff bei -253 °C Vorteile gegenüber Druckwasserstoff in Bezug auf die Transportkosten bietet«, erläuterte Tor Skogan, Vice President LNG von Moss Maritime. Håkon Lenz, VP Europe and Americas von Wilhelmsen Ship Management, betonte, man sehe Wasserstoff als einen möglichen Kraftstoff für die Zukunft: »Die wirtschaftliche Machbarkeit eines solchen Schiffes hängt von der allgemeinen Entwicklung des Wasserstoffmarktes ab. Sobald die Marktsignale zeigen, dass es einen Bedarf an großtechnischem Flüssigwasserstoff gibt, sind wir und unsere Partner bereit, dieses Design auf die nächste Stufe zu heben.«

MAN Cryo: Neues Gasbrennstoffsystem

MAN Cryo, eine hundertprozentige Tochtergesellschaft von MAN Energy Solutions, hat mit der Reederei Fjord1 und dem Schiffdesigner Multi Maritime ein maritimes Gasbrennstoffsystem für verflüssigten Wasserstoff entwickelt. Einschließlich des voll integrierten »MAN Cryo-Wasserstoff-Brenngas­­systems« bekam es von DNV GL ein Approval in Principle. Es handele sich weltweit um die erste Genehmigung für ein derartiges Antriebskonzept im Schifffahrtsbereich, hieß es. Uwe Lauber, CEO von MAN Energy Solutions, sagte: »Als Lösung für Schiffe, die auf relativ kurzen Seerouten wie beispielsweise Fähren eingesetzt werden, ist diese Technologie eine Weltneuheit.« Das System eigne sich für Über- und Unterdeckanwendungen und biete die Flexibilität, Konstruktionen in Bezug auf Effizienz, Fracht- oder Passagierkapazität zu optimieren. Flüssiger Wasserstoff könne in Brennstoffzellen eingesetzt werden und Batterien für elektrische Antriebe laden.

Havyard-Werft: Küstenverkehr mit Wasserstoff

Das Havyard-Projekt »ROPAX Vessel« mit Havila Kystruten zum wasserstoffbasierten Betrieb von Küstenrouten wird von den norwegischen Behörden mit 100 Mio. NOK gefördert. Die Initiative soll zu bis zu fünfmal längeren »Null-Emissionsreisen« führen, als das bisher möglich ist. Das Projekt FreeCO2AST zielt darauf ab, ein leistungsfähiges Wasserstoff-Energiesystem zu entwickeln und bis Ende 2022 an Bord einzusetzen. Nach Ansicht der Havyard-Geschäftsführung müssen der Wasserstoffmarkt, das Wasserstoffversorgungssystem und die Vorschriften für die neuen Lösungen entwickelt werden: »Es wird eine Herausforderung sein, aber wir sehen, dass die neuen Anforderungen so streng sein werden, dass neue Technologien erforderlich sind.«

Fiskerstrand Verft: Pilotprojekt »HybridShips«

Das Projekt HybridShips, das von der norwegischen Schifffahrtsbehörde (NMA) unterstützt und vom Schiffbauer Fiskerstrand geleitet wird, zielt darauf ab, bis 2020 eine Pilotversion einer Hybrid-Fähre mit Wasserstoff- und Batterieantrieb in Betrieb zu nehmen. Ziel ist es auch, das Knowhow zu schaffen, um emissionsfreie Antriebssysteme für größere Schiffe und längere Reisen zu bauen. Der Einsatz von Brennstoffzellen und Wasserstoff gilt den Beteiligten als die beste Lösung.

Norled: Brennstoffzellen-Fähre in Planung

Die norwegische Reederei Norled will eine mit Wasserstoff betriebene Fähre bauen lassen. Sie soll auf der Route Hjelmeland-Skipavik-Nesvik zum Einsatz kommen. Die Ausschreibung für die Linie hatte vorgegeben, dass mindestens 50% des gesamten Energieverbrauchs mittels Brennstoffzelle erzeugt werden müssen. Norled lässt nun die passende elektrisch betriebene Fähre bauen, die praktisch keine Emissionen mehr erzeugt. Denn wenn der Strom nicht von der Brennstoffzelle generiert wird, kommt er von den installierten Batterien. Der Neubau soll bis zu 299 Passagiere und 80 Autos aufnehmen. Partner bei dem Projekt ist LMG Marin.

Ferguson / DLR: Fähre mit Brennstoffzelle

Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) beteiligt sich an der Entwicklung der »weltweit ersten wasserstoffbetriebenen Hochseefähre mit Brennstoffzelle«. Ziel des von der EU geförderten Forschungsprojektes »HySeas III« ist es, den Pendelverkehr zwischen den Inseln Orkney und Shapinsay ab 2021 mit einem ausschließlich mit Energie aus erneuerbaren Quellen betriebenen Schiffstyp zu realisieren. Das DLR beteiligt sich mit ökonomischen und ökologischen Analysen sowie mit der Ermittlung des Marktpotenzials im europäischen Raum. Unter Leitung der in Glasgow ansässigen Ferguson-Werft wird die Fähre auf eine Kapazität von rund 120 Passagieren und 18 Fahrzeugen ausgelegt. Für den elektrischen Antrieb werden Brennstoffzellen installiert. Für die Schiffbauer stelle es insofern eine Herausforderung dar, als der schwere Motor und auch der Schornstein entfallen, heißt es. Entsprechend müsse die Ausgewichtung der Fähre neu konzipiert werden. Im Laufe des Projektes werden Position und Größe – und damit Leistung – der Energiespeicher berechnet bevor das endgültige Design der Fähre festgelegt wird. Die vergleichende Wirtschaftlichkeitsanalyse umfasst auch die voraussichtliche Entwicklung der Rohstoffpreise und laufende Betriebs- und Wartungskosten.