Print Friendly, PDF & Email

Bei den Renewals für 2019/20 tendierten die Prämien bestenfalls seitwärts. Den Clubs ging es wieder in erster Linie um Volumen, schreibt Michael Hollmann

Zu Jahresanfang kam noch einmal Druck auf den Kessel. Eine Reihe von Großschäden – Containerschiffsbrände, Strandungen und der Untergang eines Kabelverlegeschiffs[ds_preview] nach einer Kollision vor der Küste Indonesiens – trieb die Schadensstatistik für das Jahr 2018/19 in die Höhe. So soll die Zahl der besonders teuren Schäden über 10 Mio. $, die unter den P&I Clubs der International Group gepoolt werden, auf den höchsten Stand seit fünf Jahren geklettert sein.

Eigentlich ein perfekter Anlass, die längst auf Tiefstand dümpelnden Prämien für Schiffshaftpflicht anzuheben. Offenbar mangelte es den Underwritern der Clubs aber an Durchsetzungskraft bzw. dem Willen dazu. Bis auf einen (West of England) hatten alle bereits im Herbst eine Nullrunde angekündet.

Für einige Kunden, die mitunter in den Vorjahren deutliche Aufschläge bezahlt hatten, habe man sogar deutliche »Reduktionen« durchsetzen können, berichtet ein Makler. Ein anderer Vermittler aus Bremen spricht sogar von Prämienkürzungen bis an die 10% für Flotten mit einer niedrigen Schadensstatistik. Dass der P&I-Markt derzeit noch so »weich« ist, grenzt für viele schon an ein Wunder.

Zwar konnten die Clubs der International Group nach Berechnungen des Londoner Maklers Tysers ihre freien Reserven zwischen 2013 und 2017 von 4 Mrd. $ auf zusammen 5,6 Mrd. $ ausbauen. Doch inzwischen hat sich das Blatt gewendet. Verluste auf Kapitalanlagen und gestiegene Schadensquoten dürften im vergangenen Jahr bei einem Großteil der Versicherer dafür gesorgt haben, dass die Reserven abschmelzen.

Für Martin Hubbard, Direktor bei Tysers und einer der meist beachteten Kommentatoren der Branche, stellen die jüngsten Renewals nur einen »Zwischenschritt« dar. Die Botschaft der Clubs an die Mitglieder laute: »Dieses Jahr drücken wir noch ein Auge zu. Aber nächstes Jahr werdet Ihr mehr bezahlen – stellt Euch darauf ein!« Eine deutliche »Verhärtung« beobachten Marktteilnehmer seit Herbst vergangenen Jahres schon im Seekaskosegment, nachdem fast ein Dutzend Lloyd’s-Syndikate ihre Kapazitäten in der Sparte entweder gedrosselt oder ganz gestrichen hatten.

Das wirkt sich bereits auf ein Nischensegment der P&I-Versicherung aus: die kommerziellen Festprämienanbieter, die überwiegend mit Lloyd’s-Kapazitäten ausgestattet sind und lange im Ruf eines »billigen Jakob« standen. Aufgrund der strengeren Anforderungen seitens der Kapitalgeber zeige sich die Mehrzahl von ihnen inzwischen sehr diszipliniert bei der Prämiengestaltung. Sie hätten diesmal überwiegend aus der »Defensive« heraus agiert und darum gekämpft, bestehende Kunden gegen die Konkurrenz der großen Gegenseitigkeitsversicherer zu verteidigen.

Letztere hätten ihre stärkere Marktposition und Kapitalisierung aber in zahlreichen Fällen genutzt, um den Festprämienanbietern gezielt Kunden abspenstig zu machen. Deutsche Versicherungsmakler berichten, dass einige Clubs unverändert bereit gewesen seien, reduzierte Prämien sogar für zwei Jahre festzuschreiben. »Dadurch bekommen die Reeder Budgetsicherheit, was in diesen schwierigen Zeiten von Vorteil ist«, sagt ein Makler.

Zu den Gewinnern der diesjährigen Renewals zählen die drei größten Clubs der International Group. Gard teilte mit, dass die versicherte Tonnage (owned) auf Jahressicht um 7 Mio. BRZ auf über 214 Mio. BRZ angewachsen sei, davon 5 Mio. BRZ unmittelbar zum 20.02. 99% der Bestandstonnage hätten verlängert.

North of England spricht von einem Tonnagezuwachs von 5 Mio. BRZ gegenüber dem Vorjahr auf 147 Mio. BRZ. Beim UK P&I Club soll das Volumen um 5,4 Mio. auf mehr als 144 Mio. BRZ zugelegt haben, weitere Zugänge von zusammen 3,3 Mio. BRZ seien fest vereinbart, erklärte Club-Manager Thomas Miller.

Ein Thema, das die Branche umtreibt, ist der bevorstehende Brexit. Zwar habe es keine Verzögerungen bei der Ausstellung von Zertifikaten und Blue Cards durch die in Großbritannien registrierten Clubs gegeben. Die Mehrzahl von ihnen bedient europäische Mitglieder inzwischen von eigens gegründeten Tochtergesellschaften in der EU. Mindestens zwei große Clubs – der UK P&I Club und Steamship Mutual – warteten aber noch auf Zulassung ihrer in Rotterdam gegründeten EU-Töchter. Ihre Sorge: Die Versicherungszertifikate könnten ihre Gültigkeit verlieren, falls bis Ende März keine Zulassung vorliegt und Großbritannien ohne Austrittsabkommen aus der EU ausscheidet.