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Angesichts der Kostenexplosion bei der Sanierung der »Gorch Fock« stellt sich die Frage, warum sich die Marine kein neues Schulschiff leisten wollte oder konnte. Es hätte »nur« 50 Mio. € gekostet.

Bei der Reparatur des betagten Dreimastseglers »Gorch Fock« auf der Elsflether Werft sind die Kosten bekanntlich immens in die Höhe geschnellt – [ds_preview]von ursprünglich veranschlagten 10 Mio. € auf mittlerweile 135 Mio. €. Dabei hätte man schon für 50 Mio. € ein komplett neues Schiff bekommen.

So liegen nach Informationen der HANSA Angebote von mindestens drei Werften vor. Dabei handelt es sich zum einen um Damen Shipyards. Dem Vernehmen nach sehen sich die Niederländer in der Lage, eine neue »Gorch Fock« in den Abmessungen des aktuellen Segelschulschiffes für rund 50 Mio. € zu bauen.

Mit 55 Mio. € war ein Angebot der spanischen Werft Metalships in Vigo nur unwesentlich teurer. Dort entsteht derzeit der Großsegler »Sea Cloud Spirit« für die Hamburger Kreuzfahrtreederei Sea Cloud Cruises. Der Dreimaster ist mit 138 m Länge deutlich größer als die aktuelle »Gorch Fock«. Wie die HANSA erfahren hat, haben die Spanier zugesichert, einen Neubau 24 Monate nach Auftragsvergabe abliefern zu können.

Sea Cloud Spirit Rendering Sea Cloud Cruises
Quelle: Sea Cloud

Diese Angebote sind dem Verteidigungsministerium und auch den mit dem Fall vertrauten Bundestagsabgeordneten bekannt. Doch in Berlin wird an der Instandsetzung des prestige- und traditionsbehafteten Originals festgehalten – allen Verzögerungen und Preissteigerungen zum Trotz.

Vielleicht hätte aber auch ein Blick in die jüngere deutsche Schiffbauvergangenheit gereicht. Vor gerade einmal acht Jahren hatte das Bremer Unternehmen BVT, damals ein Teil der Rönner-Gruppe, das neue Segelschiff »Alexander von Humboldt II« für die Deutsche Stiftung Sail Training (DSST) in Bremerhaven gebaut. Kosten: 15 Mio. €.

Alexander von Humboldt II, Marine, Gorch Fock, DSST
Die »Alexander von Humboldt II« (© Christian Eckardt)

Dieser Dreimaster, als Bark getakelt, kommt seitdem als Jugend- und Ausbildungsschiff weltweit zum Einsatz. Der Entwurf basiert auf dem Riss des indonesischen Marine-Seglers »Dewaruci«, 1953 auf der Stülcken Werft in Hamburg gebaut. Mit einer Länge von 65 m ist die »Alex« zwar kleiner als die aktuelle »Gorch Fock« (90 m), doch könnte ein Nachbau ohne Weiteres vergrößert werden. Dafür hat Rönner nach HANSA-Informationen fertige Pläne in der Schublade.

Pikant: Für die Sanierung der »Gorch Fock« hat das Bundesverteidigungsministerium in den vergangenen drei Jahren bereits knapp 70 Mio. € ausgegeben. Für das Geld hätte man also durchaus ein neues Schiff bekommen. Und bei rechtzeitiger Auftragsvergabe würde es bereits schwimmen. Stattdessen wird nun an der »Gorch Fock« weitergebaut. Fertigstellung? Ungewiss.