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Montag, 15. April 2019. Punta Arenas, Chile. 14.000 km Luftlinie von Hamburg entfernt. Von hier aus startet der deutsche Forschungseisbrecher »Polarstern« auf eine siebenwöchige Mission in die Antarktis. Ein internationales Forscherteam unter der Leitung von Prof. Gerhard Bohrmann vom MARUM an der Universität Bremen ist auf der Suche nach heißen und kalten Quellen im Südpolarmeer.

Nachdem die letzten beiden Messgeräte per Luftfracht eingetroffen sind, hat die »Polarstern« die Reede vor Punta Arenas für die Passage der Magellanstraße verlassen. Volle Fahrt voraus.

Polarstern
© Neuhoff

Mit 15 kn geht es in Richtung Südgeorgien. Jene legendäre Insel, auf die sich der britische Polarforscher Ernest Shackleton mit einem kleinen, hölzernen Boot retten konnte. Zuvor war sein Schiff, die »Endurance«, im Eis zermalmt worden. Seine Mannschaft musste Shackleton auf Elephant Island zurücklassen, um Hilfe zu holen.

Der Transit zur ersten Arbeitsstation vor Südgeorgien wird etwa drei Tage dauern. Die Wissenschaftler an Bord nutzen die Zeit, um die Labore einzurichten und wissenschaftliche Geräte zu testen. Dazu kommt, gleich am ersten Tag auf See, die obligatorische Sicherheitsübung.

Eines der stürmischsten Seegebiete der Welt

Noch ist die See recht ruhig, nur etwa 2 m Wellenhöhe bei Windstärke Bft 6. Die Vorhersage der Bordwetterwarte für die nächsten Tage erinnert aber daran, dass das Schiff durch eines der stürmischsten Seegebiete unserer Erde fährt. Hier zu forschen und zu navigieren verlangt höchste Präzision und mehrere Jahre Vorbereitung.

Die »Polarstern« wird wie ein Scanner über den Ozean fahren und den Meeresboden mit ihren Echolotsystemen abtasten. So können die Forscher hochaufgelöste Karten erstellen, die es bisher aus diesem Gebiet nicht gibt. Anhand dieser sogenannten Baythymetrien wird entschieden, wo der ferngesteuerte Tauchroboter bei der Suche nach den heißen und kalten Quellen auf Mission zum Meeresboden geschickt wird.

Polarstern, Punta Arenas
© Neuhoff

Geologisch aktive Zone

Polarstern
© Marum

Das Forschungsgebiet ist äußerst bewegt und dynamisch. Erdplatten stoßen hier mit gewaltigen Kräften aufeinander. Im Fokus der Wissenschaftler liegt die Südsandwich-Platte.

Mit 350 km West-Ost- und etwa 550 km Nord-Süd-Ausdehnung ist sie zwar eine relative kleine Platte, aber zwischen der Südamerikanischen und der Antarktischen Großplatte der aktivste Erdkrustenbereich. Die Sandwich Platte entsteht durch Spreizung und Vulkanismus am Ost-Scotia Rücken. Sie wandert nach Osten, wo sie mit der Südamerikanischen Platte kollidiert. So sind ein Tiefseegraben von 8 km Wassertiefe und eine Kette von aktiven, teilweise Insel-bildenden Vulkanen entstanden.

Quellen als »Oasen der Tiefsee«

In diesem Gebiet liegen einzigartige chemosynthetisch-lebende Ökosysteme an den heißen Quellen sowohl am Spreizungsrücken als auch an Unterwasservulkanen des Süd-Sandwich Inselbogens. Zudem vermuten die Forscher hier kalte Quellen.

Sowohl an heißen wie an kalten Quellen treten Fluide und Gase aus. Ziel der Fahrt ist es, beide Systeme genauer zu untersuchen und miteinander zu vergleichen. Interessant: Die Organismen, die an diesen »Oasen der Tiefsee« leben, gewinnen ihre Lebensenergie nicht aus dem Licht der Sonne, sondern aus chemischen Substanzen, die an den Quellen, austreten.

An Bord der »Polarstern« sind 51 Wissenschaftler von zwölf Instituten und Universitäten. Das Expeditionsteam verfolgt einen multidisziplinären Ansatz, beteiligt sind Experten aus Geologie, Geochemie, Biologie, Mikrobiologie und mariner Biogeographie.

Mehr Informationen unter: www.marum.de


Holger und Stephanie von Neuhoff berichten exklusiv für die HANSA von der Expedition. Unser Bordtagebuch finden Sie ab sofort unter www.hansa-online.de/polarstern-expedition/