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Mit einer neuen digitalen Anwendung will ein Hamburger Unternehmen für Reeder, Terminals und Dienstleister Schiffsanläufe effizienter gestalten. Der Maritime Digital Assistant schließt eine Lücke in der elektronischen Datenkette, schreibt Krischan Förster

Die Digitalisierung hat längst Einzug in die Schifffahrt gehalten. Reeder, Verlader und auch Terminalbetreiber durchleuchten zunehmend die Transportketten, um den[ds_preview] Zustand der Schiffe ebenso wie die Reisedaten und damit den Weg der Ladung nahezu in Echtzeit zu verfolgen. Doch gerade in der Revierfahrt, den letzten Meilen im Hafenanlauf, wie auch im Shortsea-Verkehr besteht offenbar noch riesiger Handlungsbedarf.

Dort fließen die Informationen nur spärlich und zäh, viele Abläufe seien bis heute ziemlich archaisch organisiert, sagt Thorsten Schütt, Mitbegründer des Unternehmens Sleipner. »Das führt zu Intransparenz, geht zu Lasten der Effizienz und kostet somit viel Geld«, sagt Schütt. Datentechnisch betrachtet sei dies oft noch ein »schwarzes Loch«. Man wisse heute nicht viel mehr, als dass ein Schiff die Revierfahrt beginne und wann es ungefähr am Terminal eintreffen werde.

Sleipner hat daher jetzt den Maritime Digital Assistant entwickelt, eine Cloud-basierte Anwendung, die Abhilfe schaffen soll. Die Idee: Die App verknüpft die AIS-Daten des Schiffes mit allen relevanten Ereignissen während eines Hafenanlaufs einschließlich einer automatisieren Auftragsvergabe und -abwicklung durch Dienstleister wie Schlepper, Lotsen, Festmacher oder Bunker-, Wasser- und Proviantlieferanten. Somit werde minutiös festgehalten, wann und was genau mit dem Schiff passiere. Alle Beteiligten seien miteinander vernetzt und könnten ihrerseits die betriebsinternen Abläufe besser planen. »Es profitieren also alle Seiten davon.«

Mit dem MDA könne die »letzte Meile« effizienter, verlässlicher und günstiger abgewickelt werden, versprechen die MDA-Entwickler. Zu ihnen gehört mit Thomas Tihl einer der Gründer der AIS-Anwendung Vesseltracker. »Wir können auch Alarmfunktionen, etwa bei Verspätungen, oder Regeln hinterlegen, was im Falle eines bestimmten Ereignisses ausgelöst werden soll.« Ebenso könnten »bevorzugte« Dienstleister oder Lieferanten im System hinterlegt werden, die mit ihren IT-Systemen über Schnittstellen in den MDA integriert werden können.

Kein Papierkram, kein Fax, keine vergeblichen Anrufe und keine Missverständnisse mehr – stattdessen werden alle Interaktionen zwischen Schiff und Land weitestgehend automatisiert, vereinfacht und beschleunigt, so verspricht es der Anbieter Sleipner. Und damit gingen unmittelbar eine höhere Flexibilität, zum Beispiel bei der Personalplanung, und eine Kostenersparnis einher. Die App könne den klassischen Hafenagenten unterstützen oder sogar ersetzen, sagt Schütt. Dazu sei es nicht nur ein Planungstool, sondern erlaube auch Überprüfung von abgerechneten Aufträgen und sogar die Rechnungsstellung. Die vorhandenen Daten könnten von den Beteiligten zudem für aussagekräftige Analysen genutzt werden, um Betriebsabläufe zu verbessern. »Das ist etwas, was es bislang gar nicht auf dem Markt gibt«, sagt Schütt.

Der Maritime Digital Assistant steht jetzt – nach gut einem dreiviertel Jahr Vorarbeit – vor dem Verkaufsstart. Hamburg wurde als Pilothafen für die Programmierung der Anwendung ausgewählt. Bei den Elbe-Lotsen und einigen Schlepp-Reedereien sei das Interesse groß. »Unser System kann aber auf jeden anderen Standort übertragen und beliebig in der Größe skaliert werden«, sagt Tihl. Gerade kleinere und mittlere oder sehr abgelegene Häfen böten das größte Potenzial, weil sie in ihrer digitalen Vernetzung vermutlich noch nicht soweit seien wie die Großhäfen der Nordrange.

Als potenzielle Kunden hat Sleipner vor allem Reeder/Operator in der Tank- und Bulk-Schifffahrt ausgemacht, daneben natürlich alle involvierten Dienstleister und auch Hafen- und Terminalbetreiber. Investitionen in die Hardware sind nicht erforderlich, lediglich Schnittstellen müssen gegebenenfalls eingerichtet werden.

Gedacht ist bei Sleipner an ein »Abonnement-Modell«, dessen monatlicher Preis von dem Umfang der Leistungen abhängt. Ein Startpreis von etwa 200 € wäre zum Beispiel fällig, wenn die Basisfunktionalitäten (AIS, Bestelldaten, Updates) ausreichen. Performance-Analysen sowie Abrechnungsmodule (Invoicing) wären eher Teil von Prämium-Paketen.


Krischan Förster