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Bei allem Trubel um Schwefeloxide und Scrubber rückt die vorgegebene Reduzierung von Stickoxid-Emissionen (NOx) fast etwas in den Hintergrund. Eine geografische Ausdehnung ist nicht unwahrscheinlich. Die Technik ist verfügbar. Von Michael Meyer

Wie für SOx gilt auch für NOx: Alternative Antriebsarten wie LNG, Wasserstoff, Methanol oder gar Batterien bieten großes bis sehr[ds_preview] großes Einsparpotenzial. Doch wer nicht willens oder in der Lage ist, seinen Schiffsbetrieb komplett umzustellen und stattdessen auf traditionellen Kraftstoff setzt, muss auf die Ausrüstung achten.

Die Anfang 2016 in Kraft getretene IMO-Regulierung fordert, dass alle Schiffe mit Kiellegung ab 2016 und einer Mindest-Motorleistung von 130 kW die Tier-III-Bestimmung von 80% weniger NOx-Emissionen erfüllen müssen. Zumindest, wenn das Schiff in einer entsprechenden Schutzzone (ECA) fährt.

Bislang gibt es diese nur in Nordamerika, für Schiffe mit Kiellegung nach 2010, und in der Ostsee mit Kiellegung nach 2021.

Die in der Regel als passende Alternativen genannten Technologien zur NOx-Reduktion sind EGR und SCR: Exhaust Gas Recirculation und Selective Catalytic Reduction. Beides gilt als ausgereift. Die Regulierung stellt die Schifffahrt nicht prinzipiell vor große Schwierigkeiten, meinen Experten wie Fabian Kock, Head of Environmental Certification bei der Klassifikationsgesellschaft DNV GL: »Aus technologischer Perspektive ist das kein Problem. Die Technik ist seit Jahren in anderen Branchen erprobt.«

Eine allgemeine Empfehlung für EGR oder SCR gibt es nicht. »Jeder Reeder muss das je nach Flotte entscheiden. Wichtig ist der Vergleich von Betriebskosten (OPEX), Kapitalkosten (CAPEX) und dem verfügbaren beziehungsweise nötigen Raum an Bord«, sagt Kock.

Bei SCR – installiert vor oder nach dem Turbolader des Dieselmotors – muss Urea an Bord vorgehalten werden. Ein Urea-Wasser-Gemisch wird in den Abgas-Strom geleitet.

Der Urea-Verbrauch liegt bei ungefähr 5 bis 8% des Kraftstoffverbrauchs. Wenn der Preis in die Nähe des Diesel-Preises kommt – im Moment sind das ungefähr 50% – können die Kosten um rund 2,5 bis 4% steigen. Als Vorteil von SCR wird bei DNV GL unter anderem angeführt, dass Effizienz und nicht zuletzt die Lebensdauer der Maschine nicht wesentlich beeinträchtigt werden. Zudem werden keine Rückstände (Sludge) produziert und entsprechend müssen keine Abgabe-Vorschriften beachtet oder Aufbereitungsanlagen installiert werden.

EGR-Systeme gelten als interne Systeme und nicht als Nachbehandlungssysteme. Ein Teil der Abgase wird gereinigt, gekühlt und wieder zurückgeleitet. Sie führen aber zu einem höheren Verbrauch, weil dem Motor Sauerstoff entzogen wird, um weniger Stickoxide entstehen zu lassen. Weniger Sauerstoff ist allerdings der Verbrennung abträglich. Bei DNV GL geht man von 2 bis 3% höherem Verbrauch aus. Auch ist die Sludge-Entsorgung notwendig. Zudem gebe es geringere Erfahrungswerte. Allerdings könnten EGR-Systeme unkomplizierter auf Schiffen verwendet werden, die mit Schweröl und Scrubber fahren, heißt es bei der Klassifikationsgesellschaft, der Platzbedarf sei kleiner, weil die Anlage größtenteils in den Motor integriert werde, und auch die OPEX geringer seien als bei SCR-Systemen.

»Der Trend geht dahin, für Hauptmaschinen mit großen 2-Taktern eher EGR zu wählen und für Hilfsdiesel SCR. Das ist auch eine Platzfrage, SCR für Zweitakter sind sehr groß«, sagt Kock.

Eine Empfehlung hat er jedoch parat. Lasse man das SCR-System nicht am Prüfstand zertifizieren, sondern erst nach Einbau an Bord, könnten Schwierigkeiten auftreten. »Einige Werften haben das gemacht. Viele wissen nicht, dass dann auch onboard-Messungen durchgeführt werden. Das ist aufwendig und es könnte passieren, dass man erst nach der Installation Mängel feststellt.«

Wichtig könnte werden, dass Stickoxiden schon bald eine größere Bedeutung zukommt. Eines der wichtigsten Seegebiete könnte zu den bestehenden ECAs stoßen, meint Kock: »China arbeitet daran, es könnte bald die Einrichtung einer NOx-ECA bei der IMO beantragen.«
Michael Meyer