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Viele Werften erhalten heutzutage Anfragen für die Dockung sehr individueller,

meist kompakter Schiffstypen. Numerische Berechnungen geben im Vorfeld Aufschluss,

wie der Dockvorgang am besten ablaufen kann

An der Technischen Universität Hamburg (TUHH) wurde eine numerische Berechnungsmethode entwickelt, die mit wenig Modellierungsaufwand vollständige Dockvorgänge berechnet. Dabei befüllt[ds_preview] der Anwender manuell die Ballastwassertanks des Docks und erhält die Schwimmlage mit zugehöriger Stabilität sowie die Pallenkraftverteilung auf den Kielpallen mit den entsprechenden Biegelinien von Schiff und Dock. Zudem wird die Querstabilität des Schiffes auf den Kielpallen ausgegeben und in der hydrostatischen Berechnung durch eine mögliche Relativkrängung zwischen Schiff und Dock berücksichtigt.

Für die Berechnungen werden Schiff und Dock als Biegebalken betrachtet, die durch nichtlineare Federn miteinander gekoppelt sind. Die Biegebalken werden durch Timoschenko-Balken modelliert, sodass Biegung und Schub berücksichtigt werden. Den Federn liegen nichtlineare Kennlinien zugrunde, die aus Messungen an Dockpallen und Stapellaufunterfütterungen gewonnen worden sind. Mithilfe einer Deformationsmethode werden die Verformungen der Pallen berechnet. Die Spanten werden an den Biegelinien ausgerichtet, sodass die hydrostatischen Berechnungen mit verformten Rümpfen durchgeführt werden.

Je nach Art des Kontaktes zwischen Schiff und Dock wird die hydrostatische Gleichgewichtslage bei erfülltem Kräfte- und Momentengleichgewicht berechnet. Bei positiver Wasserfläche, Breiten- und Längenmetazentrum liegt eine stabile Gleichgewichtslage vor. Um die Stabilität des Schiffes auf den Pallen zu berücksichtigen, werden die Krängungen von Schiff und Dock voneinander entkoppelt. In Abhängigkeit von der Relativkrängung, der Breite der Aufstandsfläche, der jeweiligen Belastung der Kielpalle und dem Zustand des Holzes wird die Lastumverteilung innerhalb der Kielpallen bestimmt. Das resultierende aufrichtende Moment wird in die Momentenbilanz miteinbezogen. Bei vorhandenen Kimmpallen werden diese ebenfalls berücksichtigt. In dem Fall, dass das Schiff auf den Kielpallen kentert und sich gegen die Seitenwand des Docks lehnt, wird die Endschwimmlage ausgegeben.

Messungen im Marinearsenal

Für die Validierung der Berechnungsmethode wurden während eines vollständigen Dockzyklus Messungen aufgenommen und mit den Berechnungsergebnissen verglichen. Vor dem Dockvorgang wurde die Ausgangssituation aufgenommen. Dafür wurde der Beladungszustand des Schiffes anhand der abgelesenen Tiefgänge ermittelt. Zudem wurde die Biegelinie des Docks mithilfe eines Lasermessgerätes und durch abgelesene Tiefgänge bestimmt.

Die Ausgangshöhe der Kielpallen wurde mit einem Zollstock vermessen. Dabei stellte sich heraus, dass die Holzauflagen in der Mitte des Kielpallensystems höher als an den Enden sind. Dies ist notwendig, um die baulich bedingte Durchbiegung des Docks auszugleichen und eine ebene Fläche für den Schiffskiel bereitzustellen. Mit diesen Eingangswerten und den Füllständen der Ballastwassertanks wurden die Verformungen der Kielpallen und die Biegelinie des Docks während des Dockens berechnet.

Aufgrund der Überhänge an den Schiffsenden weisen die äußeren Kielpallen eine deutlich größere Verformung auf als die inneren. Der Vergleich der Messwerte mit den Berechnungsergebnissen zeigt eine gute Übereinstimmung. Da sich die Pallenkraftverteilung direkt aus den Verformungen der Kielpallen ergibt, kann davon ausgegangen werden, dass die berechneten Kräfte richtig wiedergegeben werden. Die gemessene und berechnete Biegelinie des Docks stimmen ebenfalls gut überein.

Autodocking bei Pella Sietas

Zu Jahresbeginn 2018 wurden auf der Pella Sietas Werft zwei Ausdockvorgänge auf der werfteigenen Bauplattform durchgeführt. Da die Bauplattform keine Seitenwände besitzt, waren die Ausdockvorgänge eine besondere Herausforderung. Zum einen weist die Bauplattform eine geringe hydrostatische Stabilität um die Querachse auf, sobald das Plattformdeck zu Wasser kommt. Zum anderen reagiert die Plattform sehr sensibel auf Lasteinwirkungen, sodass diese schnell große Verformungen einnimmt. Außerdem musste die Bauplattform samt auszudockenden Einheiten in tieferes Wasser geschleppt werden.

Es war das erste Mal, dass das Ausdocken auf diese Weise durchgeführt wurde. Aufgrund dessen mussten im voraus die genannten Herausforderungen bewältigt und die sich ergebenden Risiken minimiert werden. Zu diesem Zweck wurden die Abläufe der Dockvorgänge mit der vorgestellten Berechnungsmethode erstellt und anschließend entsprechend in der Großausführung umgesetzt. Die auszudockenden Einheiten wurden über eine achterliche Vertrimmung der Bauplattform zu Wasser gelassen, sodass eine ausreichende hydrostatische Stabilität vorhanden war. Durch eine wohl überlegte Befüllung der Ballastwassertanks wurde die Bauplattform zu Beginn der Ausdockvorgänge in einen Hoggingfall gebogen, sodass die Verformungen während des Dockvorganges minimiert wurden. Ein Vergleich der gemessenen mit den zuvor berechneten Biegelinien zeigt, dass die Berechnungen zuverlässig sind.

Eine wichtige Betrachtung beim Docken eines Schiffes in einem Schwimmdock ist die Querstabilität des Schiffes auf den Kielpallen. Bereits bei geringem außermittigen Schwerpunkt des Schiffes wirkt ein krängendes Moment, das durch eine Lastumverteilung innerhalb der Kielpallen ausgeglichen werden muss. Reicht dieses aufrichtende Moment nicht aus, können Kimmpallen an die Außenhaut des Schiffes gestellt werden.

Um zu zeigen, dass die Methode eine gute Einschätzung der Querstabilität des Schiffes auf den Kielpallen liefert, wurde ein dokumentierter Kenterunfall nachgerechnet. Das Schiff kenterte damals während des Hebevorganges auf den Pallen und legte sich schließlich gegen die Seitenwand des Docks. Es stellte sich im Nachhinein heraus, dass die Kimmpallen nicht direkt an der Außenhaut ansetzten und lediglich drei auf jeder Seite des Schiffes verwendet worden waren.

Unter diesen Randbedingungen ergeben die Berechnungen, dass das Schiff bereits bei einem verbleibenden Tiefgang von 1,5m auf den Pallen instabil war. Hätten hingegen die drei Kimmpallen direkt an der Außenhaut des Schiffes angesetzt, wäre es höchst wahrscheinlich nicht gekentert. Bei einer erhöhten Anzahl an korrekt positionierten Kimmpallen wäre das Schiff stabil gewesen.
Charlott König