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Der belgische Bergungsspezialist Scaldis hat die nach einem NATO-Manöver unfreiwillig zum U-Boot gewordene norwegische Fregatte »Helge Ingstad« gehoben. Dazu wandten die Belgier die eigens entwickelte Methode »Double Duo Lift« an

Gut fünf Monate lang lag die norwegische Fregatte »Helge Ingstad« in einem Fjord unter Wasser. Auf dem Rückweg vom Nato[ds_preview]-Manöver »Trident Juncture« war das Kriegsschiff mit dem gerade vom Ölterminal Sture auslaufenden Tanker »Sola TS« kollidiert. Die Fregatte wurde bei dem Zusammenstoß durch den für die Eisfahrt extra verstärkten Tankerbug an der Steuerbordseite so schwer beschädigt, dass sie durch ein Notmanöver auf Grund gesetzt werden musste. Man versuchte noch, das Schiff mit Stahltrossen am dem steil abfallenden Ufer des Fjords zu stabilisieren und hoffte, es retten zu können. Einige Tage später versank die »Helge Ingstad« trotz den Bergungsversuchen aber fast komplett im Fjord, an der Felswand rutschte das Schiff ab.

Das erst 2017 gebaute und 500Mio.€ teure Schiff galt als eines der modernsten Kriegsschiffe der norwegischen Marine. Nun ist es ein Totalschaden, geborgen werden musste es dennoch. Zunächst hatte dafür das Trondheimer Technologieunternehmen Blueye Robotics zwei Unterwasserdrohnen an die norwegischen Streitkräfte geliefert, die normalerweise für Rumpfinspektionen eingesetzt werden. Mit ihrer Hilfe wurden vor der Bergung der geflutete Torpedoraum und anderen Bereiche des Schiffes untersucht. Anschließend wurden Raketen und Treibstoff aus der Fregatte geborgen, während Taucher 16 Hebeketten unter dem Wrack anbrachten, um es später heben zu können.

Die erfolgreiche Bergung konnten Anfang März dann Scaldis, die belgische Tochtergesellschaft von DEME, Jan De Nul Group und Herbosch-Kiere, in Zusammenarbeit mit BOA Offshore vermelden. Eigens für dieses Projekt wurde eine neue Liftmethode entwickelt: Das Heavy-Lift-Schiff »Rambiz«, ausgestattet mit zwei Kranen und einer Gesamthebekapazität von 3.300t, und das neue Schiff »Gulliver«, ebenfalls mit zwei Kranen und einer Gesamthebekapazität von 4.000t, wurden bei der Bergung in Kombination eingesetzt. »Double Duo Lift« nennt Scaldis die Methode, welche die Gesamthebekapazität der beiden Schiffe auf 7.300t brachte.

Vier Krane arbeiten synchron

So konnte die 133m lange und 5.500t schwere Fregatte angehoben werden. Die Synchronfunktion der vier Krane hatte es ermöglicht, das Wrack kontinuierlich anzuheben und in eine horizontale Position zu bringen.

Um die Fregatte sicher und vollständig aus dem Wasser zu bekommen, wurde sie an den Haken der Kranschiffe zum nächsten Hafen transportiert, wo sie auf einem Tauchponton platziert wurde. Dieser teilweise untergetauchte Ponton wurde anschließend entballastet, sodass er wieder über die Wasserlinie aufsteigen und die Helge Ingstad in ihrer Mitte stützen konnte. Während dieses Vorgangs stabilisierten die Hebekrane das Schiff, bis alle Befestigungen für den späteren Transport gesichert waren.

Aber wie konnte es überhaupt zu dem Unglück kommen, das an die Havarien zweier US-Zerstörer in Japan und Singapur erinnnert? Zur Kollision war es der norwegischen Untersuchungskommission zufolge gekommen, weil die Brückenbesatzung der »Helge Ingstad« vor der Kollision mit dem in Malta registrierten, griechischen Tanker »Sola TS« die Lage falsch eingeschätzt hatte: Sie hielt den Tanker für einen Teil des Ölterminals Sture. Die Fregatte war um 4 Uhr nachts bei guter Sicht auf Südkurs im Hjeltefjord unterwegs. Das AIS des Kriegsschiffs war lediglich auf Empfang geschaltet. Auf dem gerade auslaufenden Tanker sei die Decksbeleuchtung eingeschaltet worden, womöglich habe man ihn deshalb auf der Brücke der Fregatte nicht als Schiff, sondern als ein »stationäres« Objekt erachtet, heißt es. Trotz mehrfacher Kontaktaufnahme durch den Tanker und der Aufforderung, den Kurs zu wechseln, habe der wachhabende Offizier auf der »Helge Ingstad« erst kurz vor dem Zusammenstoß die Gefahr erkannt. Die beiden Schiffe waren da weniger als 400m voneinander entfernt. Das eingeleitete Ausweichmanöver kam zu spät.