Michael Vinnen Bremer Rhederverein
Vorsitzer Michael Vinnen (Foto: Bremer Rhederverein)
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Der Bremer Rhederverein sieht das Wachstum der Weltflotte gegenüber dem deutschen Schiffsbestand als Alarmsignal. Insbesondere bei der FInanzierung müsse man der Konkurrenz aus Asien etwas entgegensetzen, sonst könnten auch Bereederungsaktivitäten der Finanzierung nach Fenost folgen.

Der Bremer Reederschaft ist es in den vergang[ds_preview]enen zwölf Monaten gelungen, ihre Flotte weitgehend stabil zu halten. Rund 300 Schiffe mit 5,0 Mio. BRZ befinden sich im Management der Bremer Reedereien. Würden die Schiffe mitgezählt, deren technisches, nautisches und kommerzielles Management in Hamburg angesiedelt sind, die aber einem Headoffice mit Sitz in Bremen zugerechnet werden können, seien es sogar weit mehr als 400 Schiffe.

40% der Schiffe bewegen sich im Multi-Purpose- und Schwergutbereich. Die Zahl der Schiffe in der Tankschifffahrt und der Containerschifffahrt machen jeweils circa 20% aus. Neben Einheiten in der Massengutfahrt ergänzen Schlepper, Forschungsschiffe und andere Schiffstypen die Flotte.

Der Bremer Rhederverein sieht die Schifffahrt weiter in Schwierigkeiten

»Wenn die Bremer Flotte einigermaßen stabil geblieben ist, muss dies angesichts der Verluste, die die deutsche Seeschifffahrt seit 2012 eingebüßt hat, schon als Erfolg verbucht werden«, erklärt der Bremer Rhederverein. In den letzten Jahren ist die deutsche Handelsflotte von ehemals 3.600 Schiffen um ein Drittel rund auf 2.200 Einheiten geschrumpft. Dies sei vor allem deswegen »im höchsten Maße beunruhigend«, weil die weltweite Handelsflotte im gleichen Zeitraum um fast 25% gewachsen sei. »Dies heißt nichts anderes, als das der Schifffahrtsstandort Deutschland Marktanteile eingebüßt hat und weiter einbüßt«, so der Verband.

»Wertschöpfung wird aus Deutschland abgezogen«

Der Hauptgrund für den Rückgang der deutschen Flotte liegt in der Finanz- und Wirtschaftskrise, die mittlerweile zehn Jahre zurückliegt. Die Schiffe, die von den Banken zwangsverkauft wurden und werden, landeten zumeist zu Niedrigpreisen bei ausländischen Reedereien. »Ob der Verkauf zu solchen Preisen für die Banken betriebswirtschaftlich immer sinnvoll ist, ließe sich hinterfragen; volkswirtschaftlich sinnvoll ist dies keinesfalls«, meinen die Bremer. Mit dem Verkauf der Schiffe gingen nicht nur das Eigentum, sondern in der Regel auch deren Bereederungsaktivitäten verloren. »Wertschöpfung wird aus Deutschland abgezogen.«

Nebenbei würden die verkauften Schiffe wegen der geringen Einstiegskosten mit sehr niedrigen Finanzierungskosten weiter betrieben und machten den deutschen Schiffen Konkurrenz, die ihre Kredite noch bedienen können und müssen.

»Nachdem die großen deutschen Banken ihr Schiffsfinanzierungsgeschäft eingestellt haben, hat die deutsche Reederschaft einschließlich der Bremer Reedereien allergrößte Schwierigkeiten, Schiffe in Deutschland zu finanzieren; selbst dann, wenn deren Beschäftigung zu guten Konditionen gesichert sind und die Projekte äußerst lohnend erscheinen«, kritisiert der Bremer Verband. Es bleibe nur, die Schiffe mit ausländischen Banken, zum Beispiel in Fernost, zu finanzieren.

Langfristig bestehe so die Gefahr, dass die Bereederungsaktivitäten der Finanzierung ins Ausland folgen. »Hier sind alle Beteiligten aus der maritimen Industrie, der Kreditwirtschaft und der Politik aufgerufen, den Zugang für deutsche Reeder zum Eigen- und Fremdkapital zu erleichtern«, lautet der Appell.

Versicherungssteuer »aberwitzig«

Dabei sei das Knowhow der Deutschen weltweit anerkannt. So gelinge es deutschen Reedern zunehmend, ausländische Schiffe in das Third-Party-Management zu übernehmen. Diese Schiffe sind nicht in einem deutschen Register eingetragen. Die deutschen Reeder haben keine Anteile an diesen Schiffen. Sie übernehmen aber das nautische und technische Management für ausländische Reeder.

»Es ist aberwitzig, dass das Bundeszentralamt für Steuern seit zwei Jahren versucht, aus den Schiffsversicherungen zwischen dem ausländischen Reeder und ausländischen Versicherern eine deutsche Versicherungssteuer abzuleiten, nur weil der deutsche Reeder im Vertrag als mitversichert aufgeführt wird. Kein ausländischer Reeder ist bereit, 19% Versicherungssteuer zu tragen, nur weil der Bereederer in Deutschland ansässig ist.« Mit ihrer eigenwilligen Interpretation des Versicherungssteuergesetzes stelle das Bundeszentralamt die deutschen Reeder im internationalen Wettbewerb ins Abseits, warnen die Bremer Reeder.

Die deutschen Reeder seien auch dann im Wettbewerbsnachteil, wenn sie selbst Schiffsversicherungen für eigene Schiffe abschlössen. Lediglich die Versicherungssteuer in der Kaskoversicherung ist auf 3% reduziert. Für alle anderen Versicherungen wird eine Versicherungssteuer von 19% erhoben. In anderen Ländern ist die Versicherungssteuer für Schiffsfinanzierung entweder gänzlich unbekannt oder auf maximal 3% begrenzt. »Hier ist der deutsche Gesetzgeber dringend aufgerufen, auch in Deutschland die Versicherungssteuer auf 3% zu begrenzen oder besser gleich ganz auf sie zu verzichten«, so die Meinung des Verbands.

Reeder wollen Unterstützung mit längerer Laufzeit

Die Nationale Maritime Konferenz vor einem Monat in Friedrichshafen habe gezeigt, dass der Schifffahrtsstandort Deutschland – abgesehen von den Fragen der Versicherungssteuer und der Schiffsfinanzierung – weitgehend zukunftsfähig aufgestellt sei. Der 100%-ige Lohnsteuereinbehalt, die Erstattung der Arbeitgeberanteile an den Sozialversicherungen, die Ausbildungsförderung und die Flexibilisierung der Schiffsbesetzungsverordnung hätten maßgeblich dazu beigetragen, die Beschäftigung deutscher Seeleute zu stabilisieren. »Dies wird die anstehende, gesetzlich vorgesehene Evaluierung bestätigen. Es wäre zu überlegen, die Maßnahmen bis zu einer weiteren Evaluierung mit einer längeren Laufzeit von zum Beispiel zehn Jahren zu versehen, um den Reedereien ein größeres Maß an langfristiger Planungssicherheit zu geben«, heißt es.

Die Konferenz habe deutlich gemacht, welchen Stellenwert die maritime Wirtschaft mit ihren über 400.000 Beschäftigten und einem Umsatz von rund 50 Mrd. € für den Wirtschaftsstandort Deutschland habe. »Im Kern der maritimen Wirtschaft stehen natürlich die Seeschiffe und ihre Bereederung von deutschem Boden aus. Auf den Schiffen erfolgt die Ausbildung des nautischen und technischen Personals, ohne dem eine maritime Industrie nicht vorstellbar ist«, sagen die Reeder.

Wahlen zum Vorstand

Zur ordentlichen Mitgliederversammlung des Bremer Rhedervereins am 18. Juni 2019 lief die Amtszeit der Vorstandsmitglieder Michael Vinnen und Achim Boehme ab. Die ordentliche Mitgliederversammlung wählte beide erneut in den Vorstand. Michael Vinnen wurde in seinem Amt als Vorsitzer und Peter Grönwoldt in seinem Amt als stellvertretender Vorsitzer bestätigt.