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Ein Gutachten soll Aufschluss darüber geben, welche Hemmnisse des Wasserrechts abgebaut werden sollten, wie sich die Anwenderfreundlichkeit optimieren und der Planungsvollzug beschleunigen lässt, ohne den Umweltschutz zu beeinträchtigen.

Das Deutsche Maritime Zentrum hat im Frühjahr 2019 ein Rechtsgutachten bei der Sozietät Rede[ds_preview]ker Sellner Dahs – Rechtsanwälte zur möglichen Novellierung des deutschen Wasserrechts in Auftrag gegeben. Die Untersuchung sollte sich auf das bestehende nationale Regelungssystem unter Beachtung der unionsrechtlichen Vorgaben fokussieren. Der Begriff des Wasserrechts war dabei sehr weit gefasst. Die Überprüfung bezog sich unter anderem auf: Bewirtschaftung oberirdischer Gewässer und des Grundwassers, Abwasserbeseitigung, Umgang mit wassergefährdenden Stoffen, Hochwasserschutz, Wasserschutzgebiete, Gewässerschutzbeauftragte,

Das Gutachten solle Aufschluss darüber geben, welche regelungstechnischen und praktischen Hemmnisse des Wasserrechts abgebaut werden sollten, wie sich die Anwenderfreundlichkeit optimieren und der Planungsvollzug beschleunigen lasse, ohne die berechtigen Interessen des Umweltschutzes zu beeinträchtigen. Auf einer Fachveranstaltung am 17. Juni 2019 in Berlin wurden drei Themenkomplexe des Gutachtens mit einer Vielzahl von Fachleuten aus Umwelt- und Wirtschaftsbehörden sowie Ministerien, Umwelt- und Wirtschaftsverbänden, Politik und Wirtschaft diskutiert.

»Eine leistungsfähige und verfügbare, stabile Infrastruktur ist das Rückgrat der maritimen Wirtschaft, sie ist essentiell für den Wirtschaftsstandort und die Versorgungssicherheit Deutschlands«, sagte Wolfgang Sichermann, Geschäftsführer des Deutschen Maritimen Zentrums.

Unklare Vorgaben führen zu Verzögerungen

Rechtsanwalt Frank Fellenberg sprach über Planungsbeschleunigung und Rechtssicherheit bei Vorhaben der maritimen Wirtschaft. Als wesentliche Gründe für Verzögerungen in der Realisierung von Vorhaben benannte Fellenberg unklare bzw. fehlende materielle Vorgaben, die häufig unzureichende personelle Ausstattung der zuständigen Behörden und die Dauer gerichtlicher Klageverfahren. Nicht selten seien aber auch vermeidbare Fehler in den Planungen Ursache von Verzögerungen.

Verschiedene Lösungsmöglichkeiten wurden mit den Teilnehmern der Fachveranstaltung diskutiert, darunter die gesetzliche Regelung eines vor der Zulassungsentscheidung liegenden maßgeblichen Stichtags für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage einschließlich des Standes von Wissenschaft und Technik. Ins Spiel gebracht wurden auch  Vereinfachungen im Verfahren der Öffentlichkeitsbeteiligung (wie die online-Bekanntmachung und Auslegung sowie die Einführung fakultativer Erörterungstermine) und der verstärkte Einsatz von Projektmanagern für die Übergangszeit, in der die personellen Ressourcen der Behörden wieder verstärkt werden sollten. Zudem wurde über Anpassungen im Bereich des verwaltungsgerichtlichen Eilrechtsschutzes nachgedacht.

Verschlechterungsverbot im Fokus

Im zweiten Vortrag »Das wasserrechtliche Verschlechterungsverbot – praktische Erfahrungen und Möglichkeiten der gesetzlichen Feinsteuerung« stellte Rechtsanwältin Kathrin Dingemann Vorschläge zur Vereinfachung der Prüfung des Verschlechterungsverbots in Zulassungsverfahren vor. Eine erste Gruppe von Vorschlägen zielt auf die Kodifizierung der seit dem EuGH-Urteil zur Weservertiefung in der Rechtsprechung erreichten Konkretisierungen der gesetzlichen Vorgaben durch 1.) eine Legaldefinition des Verschlechterungsbegriffes¸ 2.) die Ergänzung bzw. Präzisierung von § 5 Abs. 4 der Oberflächengewässerverordnung (OGewV) hinsichtlich der nur unterstützenden Bedeutung der chemischen Qualitätskomponenten und 3.) eine mögliche Erweiterung der Einstufungskriterien für die unteren beiden Zustands- und Potenzialklassen.

Die zweite Gruppe der Vorschläge bezog sich auf die Einführung einer – unionsrechtskonformen – Erheblichkeitsschwelle für das Verschlechterungsverbot, die mögliche Einführung eines abgestuften Prüfverfahrens sowie auf die notwendige verfahrensrechtliche Verzahnung von Zulassungsverfahren und Bewirtschaftungs- bzw. Maßnahmenplanung.

Konkretisierung der bundesrechtlichen Privilegierung von Umschlaganlagen

Anschließend erörterte Rechtsanwalt Julian Augustin Änderungsvorschläge zu den Vorschriften zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen am Beispiel der Umschlag- und Lageranlagen an Gewässern. Anpassungsbedarf sieht er insofern sowohl im WHG als auch in den Vorschriften der Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (AwSV). Augustin sprach sich für eine Konkretisierung der bundesrechtlichen Privilegierung von Umschlaganlagen, für eine Bestimmung des Begriffs der Umschlaganlage im WHG sowie für eine Einschränkung der Öffnungsklausel für weitergehende landesgesetzliche Regelungen aus. Mit Blick auf die Sonderregelungen für Umschlaganlagen und Anlagen des intermodalen Verkehrs in der AwSV wurden Ergänzungen u.a. zu den Anforderungen für Verkehrsflächen sowie zu Flächen für die transportbedingte, kurzfristige Zwischenlagerung in Umschlaganlagen vorgeschlagen. So lasse sich ein angemessener und zweckgebundener Interessenausgleich zwischen dem Gewässerschutz und den Infrastrukturen der Transportwege für den Verkehrsträger Schiff praxisgerecht realisieren.

In seinem Abschluss-Statement fasste Rechtsanwalt Alexander Schink die zentralen Aspekte des Rechtsgutachtens zusammen und stellte sie zur Diskussion. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Fachveranstaltung machten deutlich, dass für sie u.a. die folgenden Themen von zentraler Bedeutung sind:

  • Die Einführung einer gesetzlichen Konkretisierung des wasserrechtlichen Verschlechterungsverbots,
  • die Umsetzung von Vorschlägen zur Planungsbeschleunigung,
  • der behördliche Umgang mit der Neuerteilung befristeter wasserrechtlicher Gestattungen vor dem Hintergrund der unionsrechtlichen Frist zur Erreichung der Bewirtschaftungsziele bis spätestens 2027,
  • Rechtsklarheit im Hinblick auf die anlagebezogenen Anforderungen an den Umgang mit wassergefährdenden Stoffen, insbesondere bei Umschlaganlagen an Gewässern.

Das vollständige Rechtsgutachten soll demnächst auf der Website des DMZ veröffentlicht werden.