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Wie hoch die Gebühren für Demurrage sowie Detention und wie lange die Free Time für Container sein sollte, darüber streiten Reedereien und Spediteure seit Langem. Die FIATA (International Federation of Freight Forwarders Associations) prangert die Vorgehensweise der Reedereien an und hat einen »Best Practice Guide« veröffentlicht. Von Claudia Behrend

Nach Ansicht der Spediteure ist die Lage klar: Es gebe starke Anzeichen dafür, dass die Reedereien die Demurrage- und Detention[ds_preview]-Gebühren dafür missbrauchten, um ihre Gewinne zu maximieren. Es sei davon auszugehen, dass die Reedereien unter dem sehr schwierigen Geschäftsumfeld litten und alles täten, um sich Einnahmequellen zu erschließen, die nicht notwendigerweise im Zusammenhang mit der Fracht stünden. Spediteure und Verlader sollten nach Ansicht des Verbands nicht solchen schädigenden Preispraktiken unterworfen werden, zumal Verzögerungen häufig ohne Verschulden des Spediteurs oder Verladers eintreten. Zwar räumt der Verband ein, dass die Gebühren ein valides und wichtiges Instrument für die Reedereien sind, um sicherzustellen, dass ihr Equipment so schnell wie möglich zurückgegeben wird und die Nutzer, die die vertragliche Nutzungsdauer überschreiten, entsprechend belastet werden sollten. Die Händler sollten jedoch nicht mit ungerechtfertigten und unangemessenen Gebühren belastet werden.

Dass es eine Tendenz zu höheren Kosten gibt und der Carrier mit den Freizeiten geizt, bestätigt Willem van der Schalk, CEO & Regional Managing Director bei der Spedition a. hartrodt und Vorsitzer des Vereins Hamburger Spediteure (VHsP). »Diese Einnahmequelle hat man sehr wohl für sich erkannt.«

»Zeitnah und in der Höhe limitiert«

Naturgemäß sehen die Reedereien selbst die Situation etwas anders. Auf die Frage, inwieweit Hapag-Lloyd in den vergangenen Jahren die Demurrage/Detention-Tarife erhöht und die Free Time reduziert habe, sagt ein Sprecher: »Wir haben die Tarife in einigen Märkten beziehungsweise Häfen erhöht und die Free Time reduziert, in anderen wiederum haben wir die Free Time erhöht.« Für die Erhöhungen gebe es allerdings auch einen Grund: »Wir hatten in den vergangenen Jahren extrem hohe Kosten – auch aufgrund von höheren Kosten bei Drittanbietern«, so der Sprecher. »Diese Erhöhungen konnten und können wir nicht absorbieren.«

Ähnlich agiert auch der dänische Marktführer Maersk: »Wir passen unsere Demurrage- und Detention-Bedingungen (freie Tage und Tagegeld) regelmäßig an, und zwar angesichts der veränderten Kostenstruktur sowie um sicherzustellen, dass wir das richtige Kundenverhalten zur Optimierung der Verfügbarkeit unserer Container fördern«, heißt es von Seiten der Reederei. »Daher sind Free Time und Tagegeld abhängig von den örtlichen Gegebenheiten und der Infrastruktur spezifisch für verschiedene Länder beziehungsweise Häfen.« Häufig fielen erhebliche Kosten für die Lagerung in Terminals an, die dann teilweise oder vollständig durch die Erhebung von Demurrage und Detention-Gebühren über die vereinbarte Free Time hinaus zurückgewonnen werde, so Maersk. Die mit diesen Gebühren verbundenen Kosten müssten daher bei der Betrachtung der Demurrage- und Detention-Einnahmen berücksichtigt werden.

Robert Keen, Vorsitzer des FIATA-Instituts Multimodal Transport Institute (MTI) mit den drei Arbeitsgruppen Straße, Schiene und See, sieht durchaus beide Seiten: Demurrage- und Detention-Gebühren seien ein wichtiges Instrument für die Reedereien, um die effiziente Nutzung ihrer Containerflotte sicherzustellen, die eine erhebliche Investition darstelle. Auf der anderen Seite sehen sich allerdings einige Mitglieder aufgrund der unangemessenen Gebühren extremen Kosten ausgesetzt. »Spediteure verschwenden viel Zeit, um Streitigkeiten zu lösen und mit hohen Gebühren zu kämpfen, die nicht zu rechtfertigen sind«, so Keen. Reedereien müssten daher eine angemessene Frist anbieten, um dem Händler einen realistischen Zeitraum für das Laden und die Lieferung des Containers für einen Export beziehungsweise die Abholung, Entladung und Rückgabe des leeren Containers für einen Import zu gewähren. Für van der Schalk kommt es vor allem auf zwei Dinge an: »Detention und Demurrage sollten zeitnah abgerechnet und bis zur Höhe des Neuwerts des Containers limitiert werden.«

Einfluss der Allianzen

Nach Ansicht der FIATA tragen vor allem die Allianzen und die großen Containerschiffe zu stärkeren Peaks und Staus bei. Die Reduzierung der Free Time und ein früherer Verladungsschluss hätten das Zeitfenster für die Anlieferung der Container erheblich verringert. Der Verband erwartet daher, dass die Reedereien den Verladern mehr Flexibilität durch eine längere Free Time ermöglichen. Auch diese Auffassung kann der Hapag-Lloyd-Sprecher nicht teilen: »Die Frachtkosten pro TEU sind in den vergangenen Jahren nachweislich nur unerheblich gestiegen. Gleichzeitig haben Reedereien zweistellige Milliardenbeträge in neue Schiffe und neue Container investiert.« Dass sich die Zeitfenster verringert hätten, habe mehrere Gründe: größere Schiffe, überlastete Terminals und andere infrastrukturelle Herausforderungen. Überdies werde die Free Time für die Reedereien auch durch die Terminals reduziert, da diese daran interessiert seien, die Container so kurz wie möglich auf dem Terminal zu lagern.VHSp-Vorsitzer Van der Schalk beobachtet in jedem Fall eins: »In Bezug auf Detention- und Demurrage-Kosten sind die Carrier sehr selten bereit, hier nachzuverhandeln beziehungsweise sich kulant zu zeigen. Die Diskussionen zu diesem Thema finden nicht mehr auf Sachbearbeiterebene statt«, vielmehr werde teilweise nur auf KAM–Ebene (Key Account Manager)diskutiert oder argumentiert.

Best Practice Guide

Um das Thema voranzutreiben, hat die Arbeitsgruppe »See« des MTI im Oktober 2018 einen »Best Practice Guide« veröffentlicht. Unnötige Kosten für die Lieferkette und ineffiziente Vorgänge sollen reduziert werden, die zu unnötigen Gebühren führen. Den darin unter anderem enthaltenen Vorschlägen der FIATA begegnet Hapag-Lloyd aufgeschlossen. Es geht darum, die Free Time zu verlängern wenn Terminals einen Importcontainer nicht freistellen oder für den Export annehmen können beziehungsweise die Depots einen Leercontainer nicht annehmen sowie darum, im Fall bürokratischer Ineffizienz oder bei regierungsseitig verursachten Verzögerungen keine Gebühren zu erheben. »Wir sind offen, an einem Round Table mit allen Betroffenen an entsprechenden Lösungen zu arbeiten«, so die Reederei.
Claudia Behrend