Gunther Bonz bleibt für drei weitere Jahre Präsident des UVHH
Gunther Bonz, Präsident des UVHH. Foto: UVHH
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Endlich kann dieses Jahr mit dem Fahrrinnenausbau von Unter- und Außenelbe begonnen werden. Über 17 Jahre Planungs- und Genehmigungsdauer haben dem Hamburger Hafen einen erheblichen Schaden zugefügt, und auch das Image des Logistikstandorts hat gelitten, sagt Gunther Bonz, Präsident des Unternehmensverbands Hafen Hamburg (UVHH) in der HANSA Speakers’ Corner.

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In keinem anderen EU-Mitgliedstaat dauern entsprechende Verfahren so lange wie hier in Deutschland!

Wie groß der Schaden durch diese unnötig langen Verfahren ist, zeigt die Umschlagsentwicklung insbesondere im Containersegment im Vergleich zu unseren wichtigsten Wettbewerbshäfen in den letzten zehn Jahren: Während Rotterdam und Antwerpen zwischen 2009 und 2018 beim Boxenumschlag um jeweils 27% zulegen konnten, hat Hamburg im selben Zeitraum 10% verloren. Es wird viele Jahre dauern, um diese Mengenverluste wieder ausgleichen zu können.

Die Unternehmen im Hamburger Hafen sind im Wettbewerb zu unseren Konkurrenten in Rotterdam und Antwerpen aber noch weiteren politisch bedingten erheblichen Nachteilen ausgesetzt:

Einfuhrumsatzsteuer

Seit über 17 Jahren versucht die deutsche Logistikbranche, die nationale steuerliche Benachteiligung bei Importen über deutsche Seehäfen gegenüber ihren Konkurrenten in Rotterdam und Antwerpen zu beseitigen. Diese nutzen die vereinfachten Möglichkeiten des europäischen Rechts. Einige Speditionen steuern Importe allein aus diesem Grunde nicht über deutsche Seehäfen sondern über Antwerpen oder Rotterdam. Die neue Bundesregierung hat erklärt, diese Benachteiligung zu beseitigen. Die Finanzministerkonferenz hat im Dezember 2018 konkrete Maßnahmen dazu beschlossen. Die vollständige Beseitigung dieser Benachteiligung soll allerdings noch mehrere Jahre benötigen. Auch ein von der Finanzministerkonferenz im letzten Jahr beschlossener und schon für Mitte 2019 in Aussicht gestellter Zwischenschritt (sog. Verrechnungsmöglichkeit) soll wegen der schlechteren Konjunktur- und Steuereinnahmeschätzung nun plötzlich nicht weiter verfolgt werden.

Nicht nur die Mühlen des deutschen Planungsrechts sondern auch die der Politik und der Zollverwaltung mahlen im Schneckentempo während unsere Wettbewerber im Schnellzug unterwegs sind.

Tonnage Tax für ausgewählte Terminalbetriebe

Die OECD in Paris hat in einem noch internen Bericht, dessen Veröffentlichung für September 2019 angekündigt ist, über Subventionen im Maritimen Sektor einen aus meiner Sicht unglaublichen Tatbestand aufgedeckt:

Durch Entscheidungen der EU-Kommission können beginnend ab 1996 einige Reeder für ihre Terminalgeschäfte u.a. in Rotterdam und Antwerpen die im Vergleich zu den normalen Steuersätzen äußerst günstige und eigentlich nur für Schiffe gedachte Tonnage Tax anwenden. In Deutschland oder Frankreich tätige Terminalunternehmen zahlen hingegen die normalen für jedes Unternehmen geltenden Steuersätze. Warum die EU-Kommission diese Privilegien u.a. für bestimmte Hafenunternehmen in Rotterdam und Antwerpen erteilt hat, ist in den entsprechenden und von der OECD aufgedeckten Entscheidungen der EU-Kommission nicht dargelegt.

Besonders grotesk wird die Situation noch dadurch, dass dieselbe EU-Kommission für die normale Unterhaltsbaggerung sowie den Ausbau der öffentlichen Infrastruktur (Stichwort: Erweiterung von Drehkreisen für große Schiffe) im Hamburger Hafen offenbar das Beihilferecht anwenden will.

Wird »heimlich« die Main-Port-Strategie Rotterdams gestützt? Hier gibt es Aufklärungs- und Anpassungsbedarf – das am 26. Mai 2019 neu gewählte EU-Parlament ist ebenso gefordert wie Senat und Bundesregierung.

Schwergutverkehr

Hamburg als Universalhafen leidet besonders unter der über Jahrzehnte vernachlässigten Infrastruktur. Viele Brücken sind so marode, dass Schwergutverkehre zum Hamburger Hafen diese nicht mehr nutzen können. Wenn dann auch noch die Genehmigungen für solche Verkehre mehrere Wochen benötigen, wandert entsprechender Umschlag vor allem nach Antwerpen ab. Hoffentlich führt eine Initiative der Hamburger Wirtschaftsbehörde, die entsprechenden Genehmigungsverfahren zu bündeln und zu straffen, schnell zu Erfolgen.

EU-Umweltrecht (u.a. »Seveso III«)

Die EU-Richtlinie für Gefahrgüter (»Seveso III«) gilt in allen EU-Mitgliedstaaten. Die gesetzgeberische Umsetzung und die Anwendung/Auslegung einzelner Vorschriften durch die nationalen und regionalen Behörden ist jedoch höchst unterschiedlich. Hamburger Hafenfirmen sollen z.B. sehr große Abstandsregelungen einhalten. Wenn mit Tischtennisbällen gefüllte Container bereits »Gefahrgut« in diesem Sinne sind, wandert wegen der damit verbundenen Schwierigkeiten entsprechende Ware an unsere Konkurrenten ab. In Antwerpen gelten andere Maßstäbe.
Wenn die Hamburger Umweltverwaltung dann auch noch über »Geruchsgutachten« versucht, einschränkende Auflagen für Umschlagsbetriebe zu entwickeln, wird deutlich, dass unser Ordnungsrahmen nicht mehr wettbewerbsfähig ist. Oder ist dies alles eine bewusste Strategie, den Hafen aus der Stadt zu vertreiben?

Diese wenigen Beispiele zeigen, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen für den Industrie- und Maritimen Standort (Nord-) Deutschland durch Politik, Gesetzgebung und Verwaltung einer grundlegenden Renovierung bedürfen. Nur mit ein paar Pinselstrichen wird eine Wettbewerbs- und Chancengleichheit mit unseren europäischen Wettbewerbern nicht hergestellt werden können.

Wenn Deutsche und Hamburger Politiker mehr Europa fordern bedeutet dies zugleich, dass im Interesse der Wettbewerbsfähigkeit deutscher Standorte die Messlatte nur die einheitlichen europäischen Regeln sein müssen und auf Deutsche oder Hamburger Sonderregeln verzichtet werden muss.