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Sonderprämien für Fahrten in den Persischen Golf haben sich vervielfacht, Frachtenmärkte ziehen an. Von Michael Hollmann

Nach den Anschlägen auf zwei Tanker im Golf von Oman sind die Versicherungskosten für die Schifffahrt in der Region massiv[ds_preview] angestiegen. Binnen weniger Tage haben sich die Zusatzprämien (»Additional Premium«) zur Deckung von Kriegsschäden an Schiffen mehr als verzehnfacht, wie Brancheninsider berichten. Für Fahrten in den Golf von Oman und in den Persischen Golf müssen Reeder jetzt rund 0,35% des Versicherungswertes des Schiffs bezahlen, damit mögliche Schäden durch kriegerische Einwirkungen abgedeckt sind. Das bestätigten mehrere Underwriter gegenüber der HANSA.

Bei einem Tanker oder Bulker mit einem Wert von 28Mio. $ beläuft sich die Extraprämie auf 98.000 $. Dafür bekommt das Schiff Versicherungsschutz für einen bestimmten Zeitraum – typischerweise 14 Tage – innerhalb des Hochrisikogebiets. Pro Hafenanlauf in der Region belaufen sich die Extrakosten somit auf 7.000 $ pro Tag, vorausgesetzt die 14 Tage werden voll ausgeschöpft. Dauert der Aufenthalt in der Region weniger lang, ist der Kosteneffekt auf Tagesbasis berechnet noch größer.

Der rasante Anstieg der Aufwendungen für die Schiffseigner wirkte sich in den Tagen nach den Attacken am 13. Juni – betroffen waren die Produktentanker »Kokuka Courageous« (27.000tdw) und »Front Altair« ( 110.000tdw) – massiv auf die Frachtraten in der Tankschifffahrt aus. Die durchschnittlichen Spoteinnahmen für VLCC auf der Route vom Persischen Golf nach Fernost verdoppelten sich binnen sechs Tagen auf 21.800 $/Tag. Marktteilnehmer hatten sogar mit noch stärkeren Erhöhungen gerechnet.

Allerdings sind die Dinge noch im Fluss: Sollte sich die Sicherheitslage weiter zuspitzen, etwa durch Ausbruch eines Kriegs zwischen den USA und dem Iran, gilt es als sicher, dass die Kriegsversicherungsprämien noch einen Satz nach oben machen. Betroffen von den Kostensteigerungen sind auch die Linienreedereien, die mit ihren großen Schiffen Häfen wie Dubai, Dammam oder Sohar anfahren.

Bislang seien aber keine Risikozuschläge auf die Frachtraten vorgesehen, teilten Maersk Line und Hapag-Lloyd mit. »Unsere Tätigkeiten im Mittelost-Golf sind nicht beeinträchtigt. Wir behalten die Situation aber im Auge und ergreifen Vorsichtsmaßnahmen«, erklärten die Dänen.

Wegen der hohen Streuung der Ladungskunden fällt es den Linien ohnehin schwerer, Kostensteigerungen auf Transportpreise umzulegen. Die Spot-Frachtraten von Shanghai in den Persischen Golf gaben kurz nach den Tankerangriffen sogar weiter nach. Laut Shanghai Index SCFI rutschte die durchschnittliche Rate für die Relation Shanghai/Dubai von 840 auf 820$/TEU ab – von einer Risikoprämie also keine Spur.

Bis Mitte Mai galt die Sicherheitslage im Persischen Golf noch als relativ entspannt. Das änderte sich schlagartig, als am 13. Mai vier Tanker vor Fudschaira bei Sabotageakten teils schwer beschädigt wurden. Als erstes reagierte die Versicherungsbörse Lloyd’s of London. Das Joint War Committee erklärte den Persischen Golf und den Golf von Oman zu Ausschlussgebieten, was weltweit eine Signalwirkung hatte. Auch Kriegsversicherer auf Gegenseitigkeit wie der Hellenic War Risks Club und andere Vereine in London und Oslo zogen nach. Die Folge: Hafenanläufe waren nun nicht mehr pauschal durch die Kriegsversicherer gedeckt, sondern nur noch gegen »Additional Premium«. Die Marktraten dafür lagen zunächst aber noch recht niedrig bei 0,025% des Schiffswerts.

Mittelfristig sei damit zu rechnen, dass sich die Kriegsversicherung deutlich verteuert, d.h. auch die regulären jährlichen Prämien für Schiffe, die gar nicht in Ausschlussgebiete fahren, meinte ein Makler. Grund seien die bereits stark gestiegenen Schäden. Allein die Bergungs- und Reparaturkosten für die sechs Tanker dürften einen Großteil der Prämieneinnahmen in diesem Jahr aufzehren. Den Effekt bekämen wohl alle Player im Markt zu spüren, da die Kriegsversicherer durch Zeichnungsgemeinschaften und Rückversicherungsvereinbarungen eng untereinander vernetzt seien.
Michael Hollmann