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Eine neue Studie zeigt: Europa könnte eine eigene Marine-Mission in der Straße von Hormuz aufsetzen. Allerdings unter hohen materiellen Kosten.

Ein Expertenteam von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) und der Bundeswehr-Universität München hat sich die Option einer deutschen maritimen Option genauer angeschaut. Ausgangspunkt waren die klare Absage der Bundesregierung an eine US-geführte Mission sowie die Gedankenspiele von Beobachter- oder eigenen Schutzmissionen[ds_preview] aus dem Außenministerium beziehungsweise dem Kanzleramt. All dies geht nicht zuletzt auf das Festsetzen von ausländischen Schiffen durch den Iran zurück, der etwa seit mehr als 20 Tagen den unter britischer Flagge fahrenden Tanker »Stena Impero« der schwedischen Reederei Stena festhält – gleichwohl als Reaktion auf das Festsetzen des Tankers »Grace 1« durch die Behörden in Gibraltar.

Stena Bulk, Iran, Stena Impero
© Stena Bulk

»Deutschland hat ein erhebliches Interesse an der Durchsetzung des Prinzips der freien Seefahrt und am Erhalt des Iran-Nuklearabkommens. Es möchte aber ebenso wie andere nicht in einen möglichen militärischen Konflikt zwischen den USA und dem Iran hineingezogen werden. Die Bundesrepublik muss also ihr Engagement für deutsche Interessen so gestalten, dass es den Iran auch weiterhin zur Einhaltung seiner zugesagten Verpflichtungen animiert«, schreiben die Autoren Carlo Masala, Christian Mölling und Torben Schütz in ihrer neuen Studie.

Einig ist man sich in Berlin, dass die Mission mit europäischen Partnern durchgeführt werden soll. Offen sei, welche Art von Mandaten und Aufgaben sich genau hinter den
Begriffen verbergen könnten, welche Partner ein Interesse an einer Teilnahme hätten und welche Beiträge diese leisten könnten, denn nicht zuletzt ist die Leistungsfähigkeit der Marine immer wieder als Grund für die Nichtbeteiligung genannt worden.

Nach Ansicht der Experten sollte Deutschland zum Erhalt seines eigenen außenpolitischen
Gestaltungsanspruchs und zur Wahrung seiner Interessen eine Mission mitentwickeln und sie gegebenenfalls führen, aber: »Es scheint ein allgemeines Interesse unter den europäischen Partnern zu geben, an einer solchen Mission mitzuwirken, wenn ein europäisches Land die Initiative ergreifen würde. Der für eine Mission zentrale Partner Frankreich jedoch dürfte schwer zu überzeugen sein. In Paris nimmt die Enttäuschung über das fehlende deutsche Engagement weiter zu.«

Bereits eine Beobachtungsmission könne einen gewissen sicherheitspolitischen
Beitrag leisten. »Doch dafür müssen Missionsmandat und Einsatzregeln den Eingriff bei Notsituationen erlauben, inklusive der Anwendung von angemessener Gewalt, auch zum Schutze anderer«, heißt es in dem Papier »Ein Schiff wird kommen? Deutsche maritime Optionen in Straße von Hormuz«.

Die EU-Marinen verfügen der Analyse zufolge über hinreichende Mittel, um sowohl eine
Beobachtermission oder auch eine Schutzmission durchzuführen. Die Einsetzung einer Mission würde jedoch Zeit brauchen, weil man Schiffe und andere Fähigkeiten aus bestehenden Verpflichtungen auslösen und ersetzen müsste. Deutschland selbst müsste ständig mit mindestens einem Schiff an der Mission beteiligt sein, mit entsprechenden Folgen. »Jede neue Operation wird also zulasten bestehender Aufgaben und der
Ausbildung gehen. Eine Mission würde je nach Fähigkeit zwischen 10% und 30% der maritimen Fähigkeiten Europas erfordern. Diese Schätzung berücksichtigt nicht die tatsächliche Einsatzbereitschaft – sie ist also sehr optimistisch«, meinen Masala, Mölling und Schütz. Diese Verfügbarkeiten der Marinen sollten ihrer Meinung nach zudem »unmittelbaren Anlass« geben, den Wiederaufwuchs der Marinen zu beschleunigen.

»Zu wenig Erfahrung in Deutschland«

Die Berechnung sieht einen Bedarf an mindestens fünf Fregatten oder Zerstörern inklusive Hubschrauber für eine Beobachtermission vor. Hinzu kommen drei Seefernaufklärer sowie Versorgungsschiffe. Integriert sind auch Tanker-Begleitfahrten. Sollte eine Schutzmission aufgesetzt werden, wären demnach weitere Korvetten nötig, sowie eine Bewaffnung der Hubschrauber nötig. Eine Missionszentrale sei Frankreich die beste und wohl einzige Option, nicht zuletzt, weil Deutschland zu wenig Erfahrung mit Marineoperationen habe.

Nicht zuletzt angesichts der begrenzten Kapazitäten und der Debatte um deren Einsatzfähigkeit plädieren sie dafür, dass sich Deutschland und die EU auch nicht-EU-Staaten zur Teilnahme zu gewinnen. Genannt werden etwa Norwegen, Kanada, Australien oder Neuseeland. Bei Operationen im Mittleren und Nahen Osten bzw. am Persischen Golf wäre es »aus Legitimitätsgründen« auch zweckmäßig, arabische oder nordafrikanische Staaten um eine ggf. auch nur symbolische Beteiligung zu bitten. Darüber hinaus sollte Deutschland Großbritannien ermutigen, ein Schiff zu einer EU Mission beizusteuern.

Komplett unabhängig von den USA sollte man jedoch nicht agieren. Jede europäische Mission werde sich mit der US-geführten Initiative »aufs engste« koordinieren müssen. Zudem sei auch eine engere Kooperation mit der US-Initiative denkbar, aber. »Dafür sollte Deutschland zu Beginn erklären, welche Regeln für die Kooperation gelten und dass man bei einer militärischen Eskalation der USA die Zusammenarbeit beenden würde.«