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Datenerhebungen haben spätestens seit der Schifffahrtskrise in der Branche einen hohen Stellenwert. Wenn man sie richtig nutzt, lassen sich Kosten sparen, die Effizienz steigern sowie Probleme im Vorfeld erkennen

Begriffe wie Industrie 4.0, Internet der Dinge und Cloud sind längst in der Schifffahrt angekommen und heute nicht mehr wegzudenken[ds_preview]. Die Zahl der gewonnen Informationen ist immens. Die Kunst besteht darin, die für den eigenen Bedarf wichtigen Daten herauszufiltern und daraus die Informationen zu ziehen, die einen Mehrwert bringen. Denn: »Eine große Menge an Daten alleine hilft nicht weiter, ohne sie zu analysieren«, betonte Kai Koch von ABB/Tekomar auf der Veranstaltung »Ship Operation 4.0«, die von der Schiffbau-Technischen Gesellschaft (STG) mit Unterstützung des Fraunhofer CML organisiert wurde. Etwa 100 Teilnehmer waren nach Hamburg-Harburg gekommen.

Entscheidend für die Güte der gewonnenen Informationen ist deren Qualität. »Wenn die Daten von vornherein fehlerhaft sind, kann am Ende nichts Positives herauskommen«, machte Koch deutlich. Messfehler seien die Folge.

Die Validität und die Frequenz der Daten sind auch für Falko Fritz, Skysails Marine Performance, entscheidende Kriterien. Wichtige Daten seien vor allem solche, die »kurzfristig validierbar sind«. »Doch welche Informationen braucht man wirklich«, fragte Koch. Interessant sei etwa die Frage, wie viel Kraftstoff man zusätzlich verbrauche bei einem verschmutzten Turbolader. So etwas ließe sich berechnen.

Die Firma Schottel und ihr Partner Bachmann electronic nutzen Daten, um Informationen über Wartungen zu erhalten. Es geht um die sogenannte vorausschauende Instandhaltung. Anhand der gewonnen Messwerte ließen sich beispielsweise Anzeichen drohender Lagerschäden erkennen, die so vermieden werden könnten, sagte Alexander Neideck von Schottel. Im Endeffekt ließen sich die Lifecycle-Kosten reduzieren und die Ausfallsicherheit beziehungsweise Anlagenverfügbarkeit erhöhen. Die Sensoren, die Informationen über das Unterwassergetriebe liefern sollen, werden dabei auf dem Oberwassergetriebe platziert. Die Position des Sensors spiele dabei durchaus eine Rolle, denn nicht jeder Sensor erkenne jeden Schaden.

Michael Krahe vom Hamburger Ingenieurbüro E-MS e-powered marine solutions gab ebenfalls ein Beispiel aus der Praxis und stellte die IT-Anwendung Remote Diagnostics (E-RD) vor. Es handelt sich um ein Kontroll-, Diagnose- und Prognosesystem, mit dem Reedereien von Land aus den gesamten Schiffsbetrieb verfolgen und optimieren können.

»Riechen, sehen und hören«

In einer abschließenden Podiumsdiskussion warf Carlos Jahn vom Frauenhofer CML die Frage in den Raum, ob die Entscheidungen künftig eher an Bord oder an Land getroffen würden. Die Haltung Kochs dazu ist eindeutig: »Sensoren können nicht riechen, sehen oder hören. Das kann nur der Mensch an Bord.«

Unterstützung erhielt er aus dem Auditorium. Es sei rechtlich eindeutig geregelt: »Die letzte Entscheidung hat immer der Kapitän. Alles andere könnten nur Hinweise sein.« Auch für Krahe muss der Kapitän »immer das letzte Wort haben«. Die Crew werde sich aber künftig womöglich für ihre Entscheidungen häufiger rechtfertigen müssen, meint er. Daten könnten sie dabei schützen, ihnen möglicherweise aber auch schaden. »Das Meiste, was wir machen, ist klassisches Handwerk und hat mit künstlicher Intelligenz wenig zu tun«, ergänzte Fritz.

Norman Südekum von Wago Kontakttechnik geht dennoch eher von einem Mittelweg aus. Die Kommunikation zwischen den Mitarbeitern an Bord und an Land sei ein wichtiger Faktor. Fritz vermutet, dass diese Frage letztlich vom Markt geregelt werde. »Es wird transparenter werden.« Man müsse kooperativ sehen, wer welche Entscheidungen am besten treffen könne. Dies sei letztlich eine Frage der Kompetenz.

Die Diskutanten gingen unterdessen nicht davon aus, dass künftig ausschließlich Start-up-Unternehmen vermehrt auf den Markt drängen und die Branche in Bezug auf den Schiffsbetrieb umkrempeln könnten. Die zu Anfang hohen Investitionen sowie komplexe und langwierige Vorschriften seien durchaus Eintrittsbarrieren, so Krahe.