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In der deutschen Zulieferindustrie für Schifffahrt und Offshore herrscht wieder etwas mehr Zufriedenheit und Zuversicht. Sorgen bereitet hingegen der eingeschränkte Wettbewerb in China, der Verband VDMA ruft seine Mitglieder zu digitaler Kooperation auf

Für die Zukunft setzen die maritimen Zulieferer auf eine saubere Schifffahrt, für die modernste Technologie benötigt wird. Aber nur im[ds_preview] Zusammenspiel aller Systeme an Bord ließen sich die Treibhausgasemissionen drastisch reduzieren. Elektrische Antriebssysteme, Gas- und Hybridsysteme mit ihren angeschlossenen Komponenten sind komplexe Anlagen und erfordern deutlich mehr Schnittstellen, Überwachungen und Automation, die ohne die Digitaltechnik nicht denkbar sind. »Hier sehen wir unsere Chancen in der deutschen Schiffbau- und Offshore-Zulieferindustrie«, sagte Lars Greitsch, Geschäftsführer der Mecklenburger Metallguss GmbH (MMG) und Vorstand VDMA Marine Equipment and Systems, kürzlich bei der Vorlage der 2018er-Bilanz des Verbands. Dazu sei aber eine Standardisierung in der maritimen digitalen Welt ein entscheidendes Element. Ein wichtiger Schritt wäre zum Beispiel die Erarbeitung des Einheitsblatts MTP (Modul-Type-Package), um die Kommunikation zwischen Systemen und Leitebene zu normieren. Digitalisierung und Standardisierung seien damit Weg und Voraussetzung zugleich.

Mit einem Vorsprung an Innovationen wollen die deutschen Akteure auch international punkten. Martin Johannsmann, Vorstandsvorsitzender VDMA Marine Equipment and Systems und Vorsitzender der SKF GmbH, betonte aber unter anderem mit Blick auf die starke staatliche Unterstützung und den Faktor »local content« in China: »Dazu benötigen wir freien Handel und faire Wettbewerbsbedingungen auf den internationalen Märkten.« Da chinesische Finanzierer immer stärker aktiv werden, sieht er durchaus die Gefahr, dass dieser Nachteil künftig noch größer werden könnte.

Appell an Unternehmen

Gut die Hälfte des Branchenauftragseingangs geht auf die Bestellungen deutscher und europäischer Kunden zurück. Die klassischen asiatischen Kunden aus China und Südkorea bestellen inzwischen auch wieder mehr Schiffe, wobei das Geschäft mit Korea auf niedrigem Niveau verharrt.

Insbesondere China spielt eine wichtige Rolle, das Land ist für 20% des Auslandsauftragseingangs verantwortlich, strebt derzeit aber weiter in den Spezialschiffbau. »Mit China befinden wir uns in einem Systemwettbewerb zwischen offener Marktwirtschaft und einem staatskapitalistischen Modell. Wir brauchen in Deutschland und Europa deshalb vor allem Maßnahmen zur Stärkung der eigenen maritimen Wettbewerbsfähigkeit, zum Beispiel durch Förderung von Forschung, Entwicklung, Bildung und Digitalisierung«, so Johannsmann weiter.

Von der Nationalen Maritimen Konferenz im Mai hat der Manager positive Eindrücke mitgenommen. »Wir brauchen die Politik. Wirtschaftsminister Altmaier hat klar Stellung bezogen, mich befriedigt das Verständnis bei maßgeblichen Politikern.« Eine Einschänkung ergänzte er jedoch: Entsprechende Appelle in China müssten nicht nur national, sondern auch europäisch vorangetrieben werden, um eine stärkere Stimme zu haben.

VDMA-Geschäftsführer Hauke Schlegel zeigte sich ebenfalls von der Konferenz angetan. Gleichzeitig richtete er einen Appell an die Zulieferunternehmen. Die Industrie brauche eine Standardisierung für das weite Feld der Digitalisierung, Maschinen müssten besser miteinander kommunizieren können. »Wir haben das Know-how, aber die Firmen müssen sich auch ein Stück öffnen, kooperieren und gemeinsam entwickeln«, so Schlegel. Sein Ansatz sei explizit nicht auf Deutschland beschränkt. »Auch in Europa brauchen wir mehr Kooperation, wir müssen uns mehr öffnen«, sagte der Verbandsgeschäftsführer.

Positive Bilanz

Die maritimen Zulieferer haben für 2018 und ihre Geschäftslage ein positives Fazit gezogen. »Unsere Erwartungen haben sich erfüllt, denn der Umsatz in der Branche steigt wieder und auch der Auftragseingang entwickelt sich weiter erfreulich positiv«, sagte Johannsmann.

Im ersten Quartal 2019 wurden weltweit 302 Seeschiffe mit 11,1Mio. GT bestellt. Im Vorjahr waren es 292 mit 13,7Mio. GT), davon 102 in Südkorea (62), 51 in China (75), 63 in Japan (70) und 31 in der EU-28 (38). Der weltweite Auftragsbestand an Schiffen liegt zum 1. Quartal 2019 bei 4.706 (4.705) Einheiten. »Die zukünftige Entwicklung der Märkte ist derzeit aber schwer einzuschätzen, gerade im wichtigen chinesischen Markt wünschen wir uns einen gesicherten Zugang«, so Johannsmann.

Die deutsche Schiffbau- und Offshore-Zulieferindustrie mit ihren rund 63.000 Beschäftigten – hier gab es einen leichten Rückgang – hat 2018 im Umsatz um 1,1% auf 10,7Mrd. € zugelegt. Im weltweiten Vergleich stehe man beim Export weiterhin an der Spitze. Der Anteil des Auslandsgeschäftes am Umsatz liegt bei 73%.

Die Schiffbauindustrie selbst ist immer noch der größte Abnehmer der Zulieferprodukte. Indirekte Lieferungen über andere Zulieferer (Paket- und Systemlieferanten) verzeichneten 2018 starke Zuwächse. Auch der Anteil der Direktlieferungen an Reedereien legte bereits mehrere Jahre in Folge zu. Der After-Sales-Anteil am Umsatz liegt durchschnittlich bei 23%. Diese Tendenz wird sich nach Ansicht des Verbands fortsetzen, denn die gemeldeten Auftragseingangszahlen würden »zuversichtlich« stimmen. Für das Jahr 2018 haben die Unternehmen ein Wachstum der Bestellungen von 3,7% im Vergleich zum Vorjahr gemeldet.

Innerhalb der Zulieferindustrie ist das Bild jedoch uneinheitlich: Während 44% ein Wachstum meldeten, verzeichneten 24% Umsatzrückgänge. Unternehmen aus den Bereichen Elektronik und elektrische Antriebstechnik konnten im Durchschnitt ein deutlich höheres Umsatzwachstum realisieren, wogegen die Fluidtechnik und Antriebstechnik stärkere Rückgänge verzeichnen mussten. Der Bereich Elektrotechnik hat gegenüber dem Maschinenbau deutlich hinzugewonnen. Hauptgründe dafür sind die fortgesetzte Automatisierung und Digitalisierung sowie die Zunahme elektrischer Schiffsantriebe. Der Dienstleistungsbereich hat sich ebenfalls zu einem festen Umsatzträger entwickelt. Die Aussichten für 2019 sind positiv. Rund 50% der Unternehmen erwarten hier eine weitere Steigerung im Inland, für das Auslandsgeschäft liegt der Wert sogar bei knapp 60%. Aber: »Trotz dem offensichtlichen positiven Trend sieht etwa jedes sechste Unternehmen die Talsohle noch nicht erreicht«, so der Verband. Um von den nötigen Anpassungen in puncto Klimaschutz profitieren zu können, fordert der VDMA eine »weltweit vergleichbare Vorschriftenlage und deren konsequente Durchsetzung«. MM