Hamburg wird laut: Die nächste Hafen-Debatte läuft

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Es hat wahrlich nicht lange gedauert, bis der Hamburger Hafen nach dem Start der Elbvertiefung seine nächste – vermeintlich existenzielle – Bedrohung[ds_preview] bekämpfen muss. Zumindest meinen das Politiker und der Unternehmensverband UVHH anlässlich neuer 23.000-TEU-Schiffe.

Ob die Sorge berechtigt ist, sei mal dahingestellt. Die Debatte ist nun da, sie steht nicht mehr vor der Tür, sondern mittendrin.

Nun bekommt Deutschlands größter Seehafen also seine Fahrrinnenanpassung, die Elbe wird für die immer größeren Schiffe leichter passierbar. An Land allerdings wird es immer enger, die Mega-Carrier sorgen für Klumpenbildung bei Umschlag und Hinterlandverkehr. Das Risiko steigt, je größer die Frachter werden – soweit so verständlich.

Kaum war ein erfolgreiches erstes Halbjahr mit mehr Zuwachs als bei der Konkurrenz vermeldet, nahmen sich die Verantwortlichen das nächste Projekt vor – mit Rückenwind und Selbstbewusstsein.

In der Hansestadt will man Abhilfe schaffen und fordert lautstark eine EU-weite Begrenzung der Schiffsgrößen für Hafenanläufe. Verwiesen wird – ohne auf Gemeinsamkeiten oder Unterschiede in puncto Geographie oder Handels-charakteristika einzugehen – auf das Beispiel USA, wo eine solche Begrenzung existiere. Nun ist es die große Politik, die es richten soll.

Senator Westhagemann, der im Zweifel das Geld für den nötigen Ausbau zusammenkratzen müsste, hat in den Chor eingestimmt, den UVHH-Chef Gunther Bonz dirigiert hatte. Auch die Opposition lässt sich die Gelegenheit zu öffentlichkeitswirksamen Statements wider den Interessen der rein profitorientierten Reederschaft nicht nehmen.

Eine interessante Debatte. Laut genug wird sie jedenfalls geführt. Allerdings: Ein differenzierter Blick lohnt sich.

Zwar verweisen immer wieder Experten auf die abnehmenden Vorteile immer größerer Schiffe. Dennoch bestellen Reeder munter neue Rekordfrachter. Angesichts der Tatsache, dass die Aufträge monatelangen Planungen von Expertenteams folgen, darf die Frage gestattet sein: Warum tun sie das? Ist der abnehmende Größenvorteil für sie gar nicht so abnehmend wie mancher zu wissen meint? Oder überwiegen andere Vorteile, etwa die schiere Marktmacht mit mehr Kapazität und nicht zuletzt kürzeren Transitzeiten für die Kunden? Welcher Theorie man auch immer anhängen mag, Schwarz-weiß-Denken greift zu kurz.

Die entscheidende Frage ist ohnehin eine andere: Zieht die EU mit? Oder andere Mitgliedstaaten, die moderne Großhäfen haben und massiv in Infrastruktur investieren, deren Umschlagplätze und Hinterlandanbindungen zudem nicht so weit im Inland liegen und damit verhältnismäßig leichter auszubauen sind?

Aus Norddeutschland kam bereits ein Dämpfer. So nannte Seaports of Niedersachsen die Forderung »erstaunlich«, der JadeWeserPort sei genau für solche Schiffe entwickelt worden. »Wenn irgendjemand irgendwann Schiffsgrößen reguliere, sei das ausschließlich der Markt.

Bislang hat noch kein europäischer Hafenchef offiziell auf die Forderungen von der Elbe reagiert. An mangelnder Lautstärke aus Hamburg kann es zumindest nicht liegen …


Michael Meyer