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Großer Bahnhof auf der Fassmer-Werft: Mit rund 200 Gästen aus Wirtschaft, Wissenschaft, Verwaltung und Politik ist heute das neue Forschungsschiff »Atair« getauft worden.

Die »Atair« wird das neue Flaggschiff des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) in Hamburg. [ds_preview]Der 75 m lange Neubau hat 114 Mio. € gekostet. Nach Abschluss aller Arbeiten soll sie Anfang kommenden Jahres offiziell an das BSH übergeben werden. Es ist das weltweit erste mit LNG-betriebene Vermessungsschiff und soll künftig zur Wracksuche und Unterwasservermessung eingesetzt werden. Als Taufpatin fungierte Elke Ferlemann.

Schiffsdaten »Atair«

Länge: 75,00 m
Breite: 16,80 m
Seitenhöhe Hauptdeck: 6,80 m
Tiefgang: 5,00 m
Geschwindig­keit: 13,0 kn
Antrieb: diesel-gas-elektrischer Antrieb
LNG-Tank­größe 130 m³
Verdrängung: 2.775 t
Tragfähig­keit: 3.357 t
Besatzung: 18
Wissenschaft­liches Personal: 15
Bauwerft: Fr. Fassmer

»Mit diesem Schiff wird dem BSH eine zentrale schwimmende Forschungsplattform zur Verfügung stehen«, betonte Enak Ferlemann, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium. Für ihn ist das Schiff »ein Beleg für die Kompetenz der deutschen Werften, Spezialschiffe zu bauen«. Die neue »Atair« werde im Rahmen der Überprüfung des Zustands von Nord- und Ostsee als besonders umweltfreundliches Schiff mit gutem Beispiel vorangehen.

Auch Werftchef Harald Fassmer betonte: »Mit dem Neubau konnten wir einmal mehr unsere Kompetenz im Bereich komplexer Vermessungs- und Forschungsschiffe unter Beweis stellen. Wir haben hier mit vielen innovativen Ideen einen wirtschaftlichen und vor allem umweltfreundlichen Schiffsentwurf erarbeitet und konnten dabei von unseren Erfahrungen im Spezialschiffbau, auch mit LNG Antrieben, profitieren.«

Mit einem 130 m³ großen LNG-Tank kann das Schiff zehn Tage allein im Gas-Betrieb fahren. Für den ebenfalls möglichen Dieselbetrieb wird ausschließlich hochwertigstes Marinegasöl mit einem Schwefelgehalt von unter 0,1% verwendet.

Fassmer hatte 2016 vom Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) den Zuschlag für den Bau erhalten. Mit 2.775 t Verdrängung war der Schiffsrumpf für die Werft in Berne zu groß. Deshalb kam der Rumpf von der Partnerwerft German Naval Yards in Kiel. Im März dieses Jahres war das halbfertige Schiff zur Komplettierung nach Berne verlegt worden.

Atair, Fassmer, German Naval Yards
Der Rumpf der »Atair« wurde in Kiel gebaut (© Behling)

Bei der Taufe hob BSH-Präsidentin Karin Kammann-Klippstein die sektorenübergreifende Zusammenarbeit von Mitarbeitern der Bundesanstalt für Wasserbau (BAW), der Fassmer–Werft und ihrer Partner sowie des BSH hervor: »Sie haben um die besten technischen Antworten gerungen – oftmals auch, indem Sie die Grenzen der Technik ausgereizt haben.«

Die »Atair« besitzt ein komplexes Antriebssystem. Zwei Wärtsilä-Motoren des Typs 6L20 DF mit je sechs Zylindern erzeugen je 960 kW. Der siebenblättrige Propeller wird von einem Elektromotor mit 1000 kW Leistung angetrieben. Das Schiff ist außerdem mit jeweils einem elektrisch angetriebenen Bugstrahlruder mit 330 kW Leistung und einem Heckstrahlruder mit 200 kW Leistung ausgestattet.

Die Wärtsilä-Motoren an Bord des BSH-Schiffes können wahlweise mit Marine-Diesel oder Flüssigerdgas (LNG) betrieben werden. Dafür hat die »Atair« einen speziellen Gastank mit einem Fassungsvermögen von 130 m³ an Bord installiert. Damit ist sie das erste deutsche Behördenschiff mit einem Antriebssystem, das auch auf LNG setzt.

Die »Atair« erreicht eine Geschwindigkeit von rund 13 kn und wird künftig in Nord- und Ostsee sowie im Nordostatlantik unterwegs sein. Zusätzlich wird es meereskundliche Messfahrten unternehmen. Auch neue Technologien zum Beispiel im Bereich der E-Navigation und »smart shipping« sollen an Bord entwickelt und erprobt werden.

Das Deckshaus befindet sich im mittleren Bereich des Schiffes mit einer davor liegenden, hohen Back. Hinter dem Deckshaus befindet sich ein 200 m² großes, offenes Arbeitsdeck. An Bord sind zwei Nasslabore, ein Trockenlabor und ein Ozeanographie- und Hydrographielabor untergebracht. An Deck können fünf 20-Fuß-Container sowie zwei 10-Fuß-Container mitgeführt werden. Am Heck befindet sich zudem ein schwenkbarer Heckgalgen und auf der Steuerbordseite ein Arbeitskran.

Zur Ausrüstung des Schiffes gehören auch verschiedene Sonar- und Echolotgeräte, eine Einrichtung zur Luftschadstoffmessung, eine umfangreiche Tauchausrüstung, eine Taucherdruckkammer sowie zwei Vermessungsboote.

Weitere Schiffsprojekte sind beim Bund in Planung. So sollen neben zwei Mehrzweckschiffen für die Schifffahrtsverwaltung (GDWS) auch zwei weitere Vermessungsschiffe als Ersatz für die »Deneb« und »Wega« gebaut werden.