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Trotz allen politisch bedingten Unwägbarkeiten bleibt Russland ein wichtiger Schifffahrts­markt – in der Projektbranche etwa für Samskip. Die Isländer wollen dort aktiv bleiben, haben aber auch weitere Standbeine und suchen neue Möglichkeiten. Von Michael Meyer

Die gegen Russland verhängten Wirtschaftssanktionen gehen natürlich auch an der Breakbulk-Branche nicht spurlos vorbei. Der rückläufige Handel macht der[ds_preview] gesamten Schifffahrt zu schaffen, auch einige Häfen in Europa, die als klassische Transshipment-Hubs für russische Ex- oder Importladung gelten, sind betroffen. Vielmehr als allgemeine Handelsentwicklungen sind für die Breakbulk-Branche aber auch industrielle Trends wichtig.

Thomas Butz, Bremer Director Breakbulk & Project Division, bei der aus Island stammenden Reederei Samskip, sagt, man merke natürlich die Sanktionen: »Es sind nicht mehr so viele Projekte für Russland im Markt«. Dennoch seien die letzten Jahre relativ gut verlaufen, auch der Start 2019 sei relativ positiv gewesen, sodass man ungeachtet der Unwägbarkeiten prinzipiell optimistisch ist. Nichtsdestotrotz, »wir versuchen uns natürlich zu erweitern und andere Märkte zu erschließen, aber der Schwerpunkt unseres Geschäfts bleibt auf dem russischen Markt und seinem Kanalsystem«, so Butz. Die Semi-Liner-Dienste umfassen Ladehäfen unter anderem in Nordwesteuropa und Großbritannien.

Für die Breakbulk-Sparte von Samskip ist Russland einer der großen Geschäftsschwerpunkte, zum Teil mit Kontrakten, momentan aber eher mit Spotgeschäft. Butz selbst ist ebenfalls seit langer Zeit in dem Markt aktiv.

Gemeinsam mit Partner-Reedereien unter anderem aus Russland transportiert Samskip Projektgüter auf dem russischen Kanalsystem, zum Teil mit russischen See-Fluss-Schiffen, zum Teil für sehr voluminöse Güter mit antriebslosen Bargen und Schleppverbänden. Es geht um Destinationen unter anderem am Wolga-Lauf, Nischni Nowgorod, Samara oder Saratov. Lösungen gibt es aber auch in den hohen Norden nach Murmansk, Archangelsk oder Dudinka.

Das Klientel für die Port-to-Port-Lösungen sind vor allem Projektspediteure. Die Kunden kommen nur zum Teil aus Russland, vorrangig aus Europa, auch aus der Türkei, Aserbaidschan oder Dubai.

Über das Kaspische Meer werden die zentralasiatischen Staaten bedient, das Kanalsystem erlaubt Tonnage mit bis zu 7.000tdw. Im Portfolio sind auch Verladungen ins Baltikum, in erster Linie nach St. Petersburg, aber auch baltische Häfen wie Klaipeda und Riga.

Ein weiteres Standbein ist ein Semi-Liner-Service aus dem Baltikum und vom Nordkontinent ins Schwarze Meer. »Wir bedienen alles en route – die Türkei, das Mittelmeer, in Ausnahmefällen können wir auch Nordafrika bedienen.« Dort setzt Samskip Zwischendecker von Partnern ein, etwa von der Reederei Hartel, deren Flotte sechs geschirrlose Frachter mit je 3.850t Tragfähigkeit umfasst. Insgesamt verzeichnet Samskip laut Butz rund 150.000 bis 200.000 Frachttonnen pro Jahr.

Wie es in Russland weitergeht, hängt entscheidend von der Politik ab. »Wir haben keine Glaskugel, sind aber zuversichtlich«, sagt der Director.

Bislang fährt Samskip seine Projektladungen ausschließlich mit Fremdtonnage. Daran dürfte sich auch so schnell nichts ändern. Es gab zwar in der Vergangenheit Überlegungen, sich eigene Shortsea- oder Spezialtonnage anzuschaffen, aber momentan ist das kein Thema mehr. Butz begründet das mit den »sehr schwierigen« Marktverhältnissen. Daher: »Wir fahren ganz gut so, wie wir es schon lange machen. Wir setzen auf langjährige Partner.«

Nicht nur die Sanktionen und der Tonnage-Überhang haben den Markt in den letzten Jahren verändert. Auch die Trade-Relationen haben sich in Teilen verschoben. »Früher« kam ein Großteil der Projektladung aus Europa. Heute ist das etwas anders. Butz und sein Team beobachten mehr und mehr, dass die Ladung aus Asien kommt, aus Korea, China, Japan: »Diese Ladung wird mit Überseetonnage beispielsweise im rumänischen Constanta angeliefert und dort für den Weitertransport ins Kaspische Meer umgeladen.«

Mit den Diensten ins Schwarze Meer und in Richtung Kaspisches Meer könne man auch relativ kleine Teilladungen vom Nordkontinent gut kombinieren, ergänzt Malte Bode, Manager Breakbulk & Project Division.

Ein Pfund, mit dem man künftig stärker wuchern will, ist die mögliche Kooperation mit den Schiffen der Reederei Nor Lines, die 2017 übernommen worden war. Seither hat Samskip vermehrt auch Relationen an die Westküste Norwegens im Portfolio. Nor Lines ist vor allem mit den LNG-RoRo-Schiffen »Kvitnos« und »Kvitbjørn« sowie Chartertonnage aktiv und hat ein diversifiziertes Logistikangebot inklusive Terminal- und Lagerdienstleistungen, auch für den Reefer-Markt. Erst im Oktober 2018 war ein Ausbau der Shortsea-Aktivitäten im Projekt- und Kühlgut-Markt an der norwegischen Küste bis nach Murmansk angekündigt worden. Angebunden werden sollen auch deutsche und niederländische sowie dänische und polnische Häfen.

»Die Kooperation mit Nor Lines wollen wir gerne ausbauen und haben auch schon Projekte gemeinsam gemacht, die dem Kunden Zeit und damit Geld gespart haben, weil wir als Samskip Deviationen in Kauf hätten nehmen müssen. Wir sind auf einem guten Weg«, sagt Bode.

Generell gibt es bei den Samskip-Verantwortlichen immer wieder Überlegungen, Dienste innerhalb der Gruppe zu verknüpfen oder auszuweiten. Das gilt allerdings nur beschränkt für eine potenzielle Kombination der Breakbulk-Geschäfte mit den Containerschiffsaktivitäten von Samskip im europäischen Feeder-Verkehr sowie deren ausgeprägten Intermodalangeboten.

In den vergangenen Jahren hatten andere Containerlinien auf der Suche nach besseren Margen intensiv um Breakbulk-Ladungen gebuhlt. Branchengrößen wie Maersk, MSC oder Hapag-Lloyd haben Abteilungen gegründet oder ausgebaut.

In dieser Konstellation sind Kooperationen eher die Ausnahme, vor allem in Richtung Großbritannien – ein wichtiger Markt für Samskip – und ins Baltikum. Gänzlich ausschließen will Bode dies jedoch nicht, zumindest nicht in Nischen: »Möglichkeiten, die wir ab und zu nutzen, gibt es auf dem Dienst Richtung Island, weil dort nicht so viele Carrier fahren.«

Im Zweifel hat die Projektverschiffung aber nachrangige Bedeutung. Der Island-Dienst ist relativ stark ausgelastet, eben weil wenige Carrier dort aktiv sind. »Wenn für eine Breakbulk-Ladung zu viele Containerplätze verloren gehen würden, hat die Ladung der bestehenden Kunden auf der Linie Vorrang«, sagt Bode.

Der bisherigen Linie will man auf jeden Fall treu bleiben, auch wenn es schwierig ist. Der Shortsea-Markt ist umkämpft, weiß auch Bode. Pläne in den Deepsea-Markt zu expandieren und damit gänzlich neues Terrain zu betreten, gibt es allerdings nicht.
Michael Meyer