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Als Beratungsfirma hilft Prostep Schiffswerften nicht nur bei der Auswahl von Konstruktions-Software. Zunehmend an Bedeutung gewinnt die Integration mit Tools in vor- und nachgelagerten Prozessen

Die Schiffbau-Experten des PLM-Beratungs- und Softwarehauses Prostep haben eine Lösung zur nahtlosen Integration des Systems Napa Steel für[ds_preview] die frühe Stahlkonstruktion in die Folgeprozesse des Basic und Detail Designs sowie in die maschinenbauliche Koordinierung und Ausrüstungskonstruktion entwickelt. Die auf der Integrationsplattform OpenPDM basierende Schnittstelle wird bereits bei der Übertragung von großen Kreuzfahrtschiffen unter anderem bei Meyer Turku produktiv genutzt.

Napa Steel wird vor allem in der frühen Entwicklungsphase für die Auslegung der Stahlstrukturen des Schiffsrumpfs eingesetzt. Die neue Schnittstelle ermöglicht es, die schiffbauliche Stahlkonstruktion feature-basiert an Folgesysteme zu übergeben. Bislang liegt der Fokus hier auf Aveva Marine Hull als Zielsystem.

Prostep entwickelt die Schnittstelle in Zusammenarbeit mit Napa weiter, um in der nächsten Ausbaustufe auch die Übergabe von Strukturinformationen an weitere schiffbauliche CAD-Systeme sowie mechanische CAD-Systeme wie CATIA und NX zu unterstützen. Interessant sei letztere Option vor allem für Werften, die für die maschinenbauliche und Ausrüstungskonstruktion (Koordinierung) solche CAD-Systeme einsetzen. Dabei wird die Struktur des Schiffsrumpfes nicht verändert, muss aber als Referenzgeometrie sowie zum Visualisieren und Messen zur Verfügung stehen. Die Erweiterung der Schnittstelle verbessert die Qualität bei der Übertragung der Napa Steel-Strukturen, die bislang allenfalls als relativ ungenaues Geometrie-Modell ohne Materialdicken, Profilquerschnitte und andere Attribute übergeben werden konnten.

»Übersetzer« gesucht

Als Vendor-unabhägige Beratungsfirma hilft Prostep Kunden wie Schiffswerften bei der Auswahl von Systemen wie sie Unternehmen wie Siemens oder Napa anbieten. »Wir klären mit ihnen, was sie warum brauchen und vergleichen das mit den Fähigkeiten der Software auf dem Markt. Die Entscheidung muss die Werft dann selbst treffen. Wenn das passiert ist, kommt die Beratungsfirma ggf. wieder ins Spiel, um das ausgewählte Tool in die schon bestehende Software-Landschaft zu integrieren. Das ist unser zweites Standbein: eine Software zu entwickeln, die Integration und Datenaustausch ermöglicht«, erklärt Matthias Grau, Key Account Manager Shipbuilding Industry.

Während Prostep in anderen Branchen schon länger solche Integrationslösungen als standardisierte Produkte entwickelt und anbietet, wird das nun auch im Schiffbau immer mehr zum Ziel. Zwar gibt es auch viele Fälle, in denen individuelle Lösungen gefragt sind, aber man versuche, auch im Schiffbau wiederholbare Prozesse zu schaffen, sagt der gelernte Schiffbauer.

Weil IT- und Digitalisierungsthemen immer komplexer werden, benötigen die Werften öfter Beratungsunternehmen – nicht zuletzt als Übersetzer. »Viele Vendoren nutzen die Gelegenheit, Begriffe zu besetzen, ohne dass immer allen Beteiligten klar ist, was sich dahinter verbirgt, weil es meistens keine festen Definitionen gibt. Da braucht es zunehmend Leute, die sowohl die Vendoren als auch die Industrie kennen und ›übersetzen‹ können«, sagt Grau. Das ist immer dann gefragt, wenn besonders komplexe Schiffe gebaut werden, oder wenn die Eigenfertigungstiefe eher gering ist.

Die Meyer Werft ist mit der Übernahme der finnischen Werft in Turku ein gutes Beispiel für die Integration auf der technischen Ebene, zwischen Software und Arbeitskulturen. »Das kann man nicht einfach so per Dekret übereinander schieben. Wenn sie nicht zwei Werften separat betreiben wollen, müssen sie eine Kompatibilität auf allen Ebenen hinbekommen«, sagt Grau. Prostep hat den Softwareteil vor vier Jahren für die Werft entwickelt. Damit kann das in Papenburg entwickelte LNG-Typschiff für die Carnival-Brand Aida auch in Turku für die Schwester-Marke Costa auf derselben Basis nachgebaut werden. Äußerlich unterscheiden sich die Schiffe zwar, die technische, funktionale Ebene musste jedoch nur einmal entwickelt werden.

Allerdings arbeitete man in Papenburg und Turku mit unterschiedlichen Entwicklungs- und Fertigungssystemen. Der herkömmliche Prozess wäre gewesen, das Ganze im Zielsystem (in Turku wurden Aveva und Cadmatic genutzt) in Ländern mit niedrigeren Arbeitskosten nachkonstruieren zu lassen – dennoch teuer und zeitaufwändig. »Im Fall der LNG-Schiffe ist es erstmalig gelungen, das Modell für das Typschiff, das in im CAD-System Catia entwickelt wurde, in Gänze als natives Modell in die finnischen Systeme zu übernehmen«, erklärt Grau. Auf der finnischen Werft mussten anschließend noch die markenspezifischen Eigenheiten in Design und Ausstattung im Innen- und Außenbereich neu erstellt werden – was ohnehin nötig gewesen wäre. »Das hat so gut funktioniert, dass man vom ursprünglichen Plan, diese Übertragung nur einmal zu machen, abgerückt ist und die Konvertierungslösung mehrfach genutzt hat«, sagt Grau. So aber war klar, dass man auch die Tools mehrerer Vendoren betreiben kann. Das Ergebnis ist eine »combined solution«, bei der man jeweils einen Teil der bisherigen Entwicklungsumgebung aus beiden Standorten zusammen nutzt. Diese Entwicklungsumgebung ist seit Ende 2018 produktiv. »Es werden zwei CAD-Systeme parallel betrieben, in Catia werden Stahlkonstruktion und Architectural Design gemacht; alles was Bereiche wie Maschinenbau und Rohrleitungen angeht, geschieht im finnischen System Cadmatic«, erklärt Grau. »So wird jedes Tool seinen Stärken entsprechend eingesetzt und eine besonders effiziente Gesamtlösung geschaffen. Der Schlüssel ist die Integration beider Systeme.«

Ab September 2019 bietet Prostep seine Integrationslösung OpenPDM für die Migration und Synchronisation von PLM-Daten und -Prozessen auch in einer speziell auf die Schiffbaubranche zugeschnittenen Version namens Open­PDM Ship.