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Ölbekämpfungsübung mit Popcorn und Drohne vor Warnemünde (Foto: Havariekommando)
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Seit 50 Jahren wird im Rahmen des »Bonn Übereinkommens« gegen die Verschmutzung der Nordsee gekämpft. Nun haben die Vertragsstaaten ihr Engagement erneuert und erweitert.

Die Vertragsstaaten des Bonn Übereinkommens haben sich heute auf Einladung von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer zur Feier von 50 Jahren erfo[ds_preview]lgreicher Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der Verschmutzung der Nordsee durch Öl und andere Schadstoffe in Bonn getroffen. Im Rahmen des sogenannten Bonn Übereinkommens erneuerten und erweiterten die Minister ihr Engagement für den Schutz der Nordsee und ihrer angrenzenden Bereiche.

Andreas Scheuer
Andreas Scheuer (Foto: CSU)

Scheuer: »50 Jahre nach der Gründung des Bonn Übereinkommens war es mir eine Ehre, die Vertragsparteien erneut in Bonn zu begrüßen. Es ist uns gelungen, zwei wichtige Entscheidungen herbeizuführen: die Erweiterung des Anwendungsbereichs um die von Schiffen ausgehende Luftverschmutzung zu überwachen und die geographische Ausdehnung durch den Beitritt Spaniens. Zwei Entscheidungen, die den Weg weisen für einen noch besseren Schutz der Meere.«

Susana Salvador, Generalsekretärin des Bonn Übereinkommens: »Nach 50 Jahren effektiver und ergebnisorientierter Arbeit liefert das Bonn Übereinkommen weiterhin Leitlinien und Anregungen zum Schutz der Meeresumwelt und zeigt, wie effektiv Zusammenarbeit bei Meeresverschmutzungsereignissen sein kann.«

Anwendungsbereich um Luftschadstoffe erweitert

Die Sitzungsteilnehmer begrüßten den Beitritt Spaniens und die Neuordnung der Zuständigkeitszone zwischen Frankreich und Spanien mit Einbeziehung des Golfs von Biskaya mit dem Ziel der Abdeckung des wichtigsten Verkehrswegs zwischen der Nordsee und dem Mittelmeer. Bei der Sitzung wurde zudem der Anwendungsbereich des Übereinkommens erweitert, um den illegalen Ausstoß von Luftschadstoffen durch die Schifffahrt zu verhindern.

Die Minister begrüßten es, dass eine Reihe wichtiger neuer Verpflichtungen eingegangen wurden, um neuen Trends im Seeverkehr und bei anderen maritimen Aktivitäten, wie der küstenfernen Öl- und Gasgewinnung, Rechnung zu tragen. Sie unterstrichen, dass trotz der beobachteten Abnahme von Ölverschmutzungen in den letzten Jahren die Risiken weiterbestehen werden.

BSH-Präsidentin: »Fokus sauf andere Belastungen richten«

BSH, Kamman-Klipps
Karin Kammann-Klippstein (Foto: BSH)

Auch die Präsidentin des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie, Karin Kammann-Klippstein, lobte die Rolle des Bonner »Agreement for Cooperation in Dealing with Pollution of the North Sea by Oil«. Allerdings müsse der Fokus nun auf andere Belastungen gerichtet werden. So befinde sich zum Beispiel zunehmend der Fremdstoff Paraffinwachs in der marinen Umwelt und wird an Stränden angespült. Die zur Untersuchung der Wasserqualität eingesetzten Planktonnetze des BSH in Nord- und Ostsee enthalten als Beifang ebenfalls steigende Anteile von Paraffin. Zwar würde die Internationale Seeschifffahrts-Organisation IMO zum Beispiel verschärfte Einleitvorschriften vorbereiten, so die BSH-Präsidentin, die Entwicklung von Methoden zur Charakterisierung von Paraffinwachsen und ihrer Herkunft, wie sie in der Identifikation von Ölverschmutzungen zum Einsatz kommen, stehe allerdings noch am Anfang.

In diesem Zusammenhang wies sie darauf hin, dass die vom BSH entwickelte und gehostete weltweit genutzte Datenbank COSIweb (computerised oil spill identification, webbased) zur verfahrenssicheren Identifikation von Ölverschmutzungen so weiterentwickelt wird, dass zukünftig weitere und neue Verschmutzungsquellen eindeutig identifiziert werden können. Alle Partner des Bonn Agreements nutzen diese Datenbank, die zukünftig auch eine verbesserte Analyse (Fingerprinting) von Diesel- und Hybridtreibstoffen ermöglicht, die zum Beispiel mit dem Inkrafttreten der weltweit verschärften Grenzwerte für Schwefel in Schiffsemissionen zunehmend zum Einsatz kommen.

Ältestes regionales Übereinkommen gegen Verschmutzungsvorfälle

Das Bonn Übereinkommen ist ein Instrument zur Zusammenarbeit von Nordseeanrainerstaaten und Europäischer Union mit dem Ziel, einander bei der Bekämpfung von Verschmutzungen im Bereich der Nordsee zu helfen, welche durch Schiffsunglücke sowie fortlaufende Verschmutzungen aus Schiffsverkehr und Offshore-Anlagen entstehen, sowie Überwachungstätigkeiten zur Erkennung und Bekämpfung der Meeresverschmutzung durchzuführen. Es handelt sich dabei um das älteste regionale Übereinkommen, das von Regierungen zur Bekämpfung von Verschmutzungsvorfällen geschlossen wurde.

Bei den Nordseeanrainerstaaten handelt es sich um Belgien, Dänemark, Frankreich, Deutschland, Irland, die Niederlande, Norwegen, Schweden und das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland. Am 11. Oktober 2019 wurde Spanien zur elften Vertragspartei.

Es brauchte mehrere Tankerunglücke…

Das Bonn Übereinkommen wurde 1969 von den acht Staaten unterzeichnet, die Nordseeanrainer sind: Belgien, Dänemark, Deutschland, Frankreich, den Niederlanden, Norwegen, Schweden und dem Vereinigten Königreich. Dies geschah kurz nachdem im Jahr 1967 der Öltanker »Torrey Canyon« vor der Küste Cornwalls zerbrochen war, wodurch es mit einem Ölaustritt von 117.000 t zur ersten großen Verschmutzungskatastrophe mit Auswirkungen auf Westeuropa gekommen war. Dennoch wurde das Bonn-Übereinkommen erst in den späten 1970er Jahren aktiviert, nachdem zwei weitere schwerwiegende Schadstoffunfälle passiert waren: der der »Ekofisk« im Jahr 1977 und der der »Amoco Cadiz« im Jahr 1978.

Seither hat das Übereinkommen wirksam funktioniert und wurde zweimal erweitert – 1983 zur Einbeziehung anderer Schadstoffe und 1987 zum Einschluss der Zusammenarbeit im Bereich der Überwachung. 1983 wurde die Europäische Union Vertragspartei. Zu einer neuerlichen Erweiterung kam es 2010, als Irland beitrat und das Übereinkommen somit auch für die irischen Gewässer sowie die angrenzenden norwegischen Gewässer und Gewässer des Vereinigten Königreichs galt.

Das Leitkonzept des Bonn Übereinkommens ist die größtmögliche Verringerung der Verschmutzungsgefahr durch die unfallbedingte und illegale Verschmutzung, die durch Schiffe oder sonstige maritime Aktivitäten verursacht wird. Im Kern besteht die Arbeit des Bonn Übereinkommens darin, bei der Verhütung und Bekämpfung von Meeresverschmutzung durch Schiffe und Offshore-Einrichtungen in der Nordsee und ihren angrenzenden Bereichen regional zusammenzuarbeiten, Überwachungstätigkeiten zur Erkennung und Bekämpfung der Meeresverschmutzung durchzuführen sowie Säuberungsmaßnahmen nach Schiffskatastrophen und illegaler Verschmutzung zu ergreifen. Das sind die Errungenschaften aus 50 Jahren wissenschaftlicher, technischer und operativer Arbeit im Rahmen des Bonn Übereinkommens.

Die Nordsee und ihre angrenzenden Bereiche sind die Heimat vielfältiger und leistungsfähiger Ökosysteme. Hier befinden sich einige der am meisten befahrenen Schifffahrtswege weltweit. Trotz dem allgemeinen Rückgang der Zahl der unbeabsichtigten Ölverschmutzungen in europäischen Gewässern geschehen immer noch in unregelmäßigen Abständen große Ölunfälle. Obwohl der größte Teil des jährlich ins Meer gelangenden Öls auf Austritte an Land zurückzuführen ist, sind Ölunfälle auf See immer noch eine wichtige Ursache von Verschmutzung und machen 10 bis 15% der gesamten Ölmenge aus, die jedes Jahr weltweit in die Meere gelangt