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Die italienische Reederei Onorato lässt ihre neuesten Schiffe in China bauen und liegt damit im Trend: Aufträge für Passagier- und Frachtfähren gehen mittlerweile regelmäßig nach Fernost. Der Reedereichef hat dafür eine Erklärung

Ende Juni gab es im chinesischen Guangzhou grünes Licht für das erste der beiden neuen Schiffe für Onoratos Moby Lines[ds_preview]. Das erste der beiden Schwesterschiffe soll innerhalb von 36 Monaten einsatzbereit sein, wobei die Kiellegung im Juni 2020 und die Inbetriebnahme für 2023 in der Hauptsaison auf den Strecken nach Sardinien geplant sind. Das Schwesterschiff soll sechs Monate später folgen.

Dass Aufträge für neue Fähren und RoRo-Schiffe vermehrt nach China gehen, ist derzeit ein Trend. Bis vor kurzem war das Segment noch in der Hand europäischer Werften, auch eine der Onorato-Töchter hatte einen ihrer letzten Neubauten aus Flensburg erhalten. Zuletzt hatte auch der Verband für Schiffbau und Meerestechnik (VSM) mahnend auf die Entwicklung hingewiesen.

Achille Onorato, CEO der Moby Group, erklärt auf die Frage der HANSA nach der Entscheidung, nach China zu gehen: »Das hat zwei Gründe: Erstens sind die europäischen Werften, insbesondere die von Fincantieri, die moderne Passagierfähren bauen können, auf Jahre komplett ausgebucht. Zweitens bieten chinesische Werften qualitativ sehr hochwertige Produkte.«

Bisher ist nur bekannt, auf welcher Werft die Schiffe in China gebaut werden. Was die Ausrüstung angeht, hält sich Onorato noch bedeckt, teilweise ist wohl noch nicht alles entschieden. Am Ende könnten also noch zumindest europäische Zulieferer zum Zuge kommen, in China fehlt bisher eine entsprechende Industrie nach europäischem Vorbild. Onorato sieht den Gang nach China jedenfalls als natürliche Konsequenz einer Fehlentwicklung in Europa: »Die Europäer haben es nicht geschafft, die europäische Schiffbauindustrie zu schützen und zu unterstützen. Dadurch hat es einen massiven Exodus zu den fernöstlichen Werften gegeben. Die USA haben ihren Kabotage-Sektor einschließlich des Baus neuer Schiffe geschützt, indem sie ein wertvolles Instrument genutzt haben: den Jones Act. Brüssel hat nichts getan.«

Mit einer Gesamtlänge von 237m bei einer Breite von 32m und einer Bruttoraumzahl von 69.500, aber vor allem mit einer Transportkapazität von rund 2.500 Passagieren und 1.300 Autos, werden die neuen Schiffe die größten RoPax-Schiffe der Welt sein. Dazu sollen sie mit Hybrid-Abgaswäschern der neuesten Generation ausgestattet werden und auch »LNG-fähig« sein.

Ob die neuen Schiffe vielleicht doch von Anfang an mit LNG fahren oder ob der Gasbetrieb vorerst nur eine Option sein soll, steht wohl noch nicht ganz fest. Onorato zufolge hängt das vom Timing neuer LNG-Standorte ab, von denen er erwartet, dass sie in den nächsten Jahren im italienischen Fährhafennetz entstehen. Das Gleiche gilt also auch für die Frage nach möglichen Bunkerstandorten auf der Route.

Die Schiffe werden nicht die einzigen ihrer Art bleiben. »Sehr bald könnten wir die Option für ein weiteres Paar Schiffe mit den gleichen Eigenschaften bestätigen«, sagte Achille Onorato bereits anlässlich der Unterzeichnung des Bauauftrages. Und auch eine andere Reederei tut es Moby gleich. Im April 2018 hatte Onorato im Tandem mit der MSC-Tochter GNV, die ebenfalls Fährdienste im Mittelmeer betreibt, schon eine entsprechende Vereinbarung mit GSI geschlossen. Demnach will jede der Reedereien zunächst zwei der von OSk Shiptech entworfenen Fähren bestellen und gegebenenfalls Optionen für je zwei weitere ziehen.

Insgesamt habe sich die Reederei einen langfristigen umweltfreundlichen Plan auferlegt, nicht zuletzt mit Blick auf 2020. Onorato erklärt: »Wir haben schon Zeitpunkte und mögliche Bauwerften für neue Schiffe geplant, um schrittweise die älteren und insbesondere die weniger effizienten Schiffe in den Flotten von Moby, Tirrenia und Toremar zu ersetzen.«

Nach der Technologie-Strategie für das Neubauprogramm gefragt, sagt der Reedereichef nur: »Unsere Strategie ist ›Fakten, nicht Worte‹.« Eine Task-Force von Ingenieuren beobachte kontinuierlich die Technologieentwicklung aber jegliche Entscheidung werde man erst im Zusammenhang mit einzelnen Neubauaufträgen öffentlich machen.

Die chinesische Werft GSI sei erstmals mit der Planung und Realisierung von Schiffen »mit den höchsten Luxusstandards für die Passagiere« betraut, heißt es, auch wenn eine Entscheidung zur Innenausstattung derzeit noch ausstehe. Die neuen Schiffe sollen als »Bindeglied zwischen den traditionellen Fähren und Kreuzfahrtschiffen« fungieren. Sowohl die Innenräume als auch die 550 Kabinen werden Eigenschaften aufweisen, die denen der modernen Kreuzfahrtschiffe ähneln.

Mit fast 4.000 Spurmetern werden die Schiffe auch mit einem innovativen Ladesystem ausgestattet sein, mit einer zentralen Tür, die den direkten Zugang zur Hauptgarage ermöglicht, und zwei Seitentüren mit Zugang zu Rampen, die bis zu den oberen Decks führen, um die Ladezeiten zu verkürzen.

Das Antriebssystem mit einer Leistung von 10,8MW soll die Schiffe bei niedrigem Kraftstoffverbrauch auf 23,5kn und auf Höchstgeschwindigkeiten von 25kn bringen.