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Mit konventionellen Antriebstechnologien ist eine Halbierung der CO2-Emissionen der Schifffahrt bis 2050 nicht möglich, sagen Experten, die die Brennstoffzellen­technologie befürworten – ein einfacher Übertrag aus dem Automobilsektor ist aber nicht die Lösung

Bald ist es so weit, in wenigen Monaten greift die neue Obergrenze für den Schwefelgehalt von Schiffskraftstoff. Bunker-Käufer und[ds_preview] Ingenieure setzen sich mit Abgaswäscher, schwefelärmeren Kraftstoffen, MGO oder alternativen Kraftstoffen wie LNG, Methanol etc. auseinander. Das Ziel, dass sich die IMO bis 2050 gesteckt hat, die Halbierung der CO2-Emissionen der Schifffahrt, übersteigt aber selbst die Fähigkeiten des energieeffizientesten Verbrennungsmotors. Es braucht also zusätzliche Schiffsantriebstechnologien, um nicht zu sagen einen Ersatz.

Schiffsprojekte mit Batteriebetrieb laufen bereits, die Potenziale und Grenzen der Energiespeichersysteme sind hinlänglich bekannt: gute Eignung auf Kurzstrecken oder zum Auffangen von Lastspitzen, zudem bieten sich Chancen für Kreuzfahrtreedereien, die sensible Gewässer befahren. Trotz schnell ansteigender Energiedichte und sinkenden Preisen pro Kilowattstunde ist es aber nicht möglich, allein mit Batterien ein großes Schiff über lange Strecken anzutreiben.

Anders verhält es sich mit der weniger ausgereiften Brennstoffzellentechnologie, die wasserstoffreichen Brennstoff durch elektrochemische Oxidation in elektrische und thermische Energie umwandelt. Der direkte Charakter dieser Umwandlung erreicht einen hohen elektrischen Wirkungsgrad und bietet ein breites Potenzial als Schiffsantriebstechnologie. Das CO2-Ziel der IMO könnte damit zu erreichen sein. Allerdings sollten Reeder die Investition nicht auf der Grundlage kurzfristiger Renditen in Betracht ziehen.

Es laufen bereits Forschungsarbeiten zu marinen Brennstoffzellensystemen mit einer Leistung von bis zu 3MW. Zudem sind mehrere Schiffsinstallationen im Hundert-Kilowatt-Bereich für Pendlerfähren und Forschungsschiffe geplant. Es wird erwartet, dass Brennstoffzellen innerhalb der nächsten zehn Jahre zu den etablierten Schiffsantriebstechnologien gehören – in Kombination mit Batteriesystemen. Foreship hat zuletzt ein verstärktes Interesse von Eigentümern an der Technologie verzeichnet. Die Reeder holen sich Rat, wie Brennstoffzellen parallel zu Verbrennungsmotoren arbeiten können, um die Kraftstoffeffizienz zu verbessern und Emissionen zu reduzieren.

Im maritimen Kontext sind zwei Technologievarianten interessant. Die PEM-Technologie (Polymer-Elektrolytmembran), die schon in der Automobilindustrie eingesetzt wird, zeichnet sich durch ihre relative Reife bei niedrigerem Preis und einer höheren Leistungsdichte als ihr Pendant SOFC (Solid Oxide Fuel Cell). PEM-Brennstoffzellen verwenden Elektroden auf Platinbasis und eine befeuchtete Polymermembran als Elektrolyt. Der SOFC-Elektrolyt ist ein poröses keramisches Material, während die Anode aus einer Nickellegierung besteht und die Kathode normalerweise aus Lanthan-Strontium-Manganit besteht.

Einige der Vorteile, die für PEM-Brennstoffzellen geltend gemacht werden, sind im maritimen Kontext aber möglicherweise nicht überzeugend. Mit Wasserstoff als Primärbrennstoff ist PEM sehr empfindlich gegenüber Verunreinigungen. Mit einem Siedepunkt von -253°C bei 1bar müsste Wasserstoff an Bord als kryogene Flüssigkeit, Druckgas oder chemisch gebunden gelagert werden. Die Verwendung von LH2 als Brennstoff für eine PEM-Brennstoffzelle als Schiffsantrieb bedürfte des Vierfachen des für MGO benötigten Platzes. Zudem existiert derzeit keine unterstützende Infrastruktur, um Wasserstoff zu bunkern.

Heute stammt fast der ganze kommerziell hergestellte Wasserstoff aus Erdgas oder Kohlegas. Laut Klassifikationsgesellschaft DNV GL führt der Kohlendioxidausstoß bei der Wasserstoff-Raffination dazu, dass die »Well to Propeller«-CO2-Emissionen höher sind als bei Schweröl. Fast emissionsfrei, aber sehr teuer, ist Wasserstoff, der mit erneuerbarem Strom durch Wasserelektrolyse erzeugt wird.

Eine Lösung ist der Einsatz von Kraftstoffreformern, um Erdgas, Methanol oder Low-Flashpoint-Diesel in wasserstoffreichen Kraftstoff umzuwandeln. Ein LNG-Bunkernetz gibt es mittlerweile, und im Gegensatz zum Verbrennungsmotor gebe es bei der Brennstoffzelle mit LNG keinen Methanschlupf und damit deutlich geringere Treibhausgasemissionen.

Im Gegensatz zur SOFC ist bei der PEM-Lösung ein externer Reformer erforderlich, der Platz einnimmt, aber auch komplexe und potenziell kurzlebige Wassermanagementsysteme erfordert. Tatsächlich ist im Falle von PEM der beste alternative Primärbrennstoff zu Wasserstoff selbst Methanol – das allerdings als Schiffskraftstoff weniger ausgereift ist als LNG, zudem ist es giftig. Methanol wird heute hauptsächlich aus Erdgas hergestellt und ist daher weniger effizient, weil ein zusätzlicher Schritt und ein externer Reformer benötigt werden.

Der Wirkungsgrad der Energieumwandlung von Wasserstoff in Strom in einer »konventionellen« PEM-Zelle beträgt 40-45%, der SOFC-Prozess hat ein Potenzial von 65-70% elektrischer Effizienz. Darüber hinaus erreicht die Kombination aus hohem Wirkungsgrad und keinem Methanschlupf die geforderte fünfzigprozentige Reduzierung der Treibhausgasemissionen. Wenn beim Reformprozess Kohlenmonoxid und Wasserstoff entstehen, können SOFC-Anlagen beides als Brennstoff nutzen. Darüber hinaus schafft die höhere Betriebstemperatur der SOFC (750°C vs. 160°C) das Potenzial, die Effizienz durch Abwärmenutzung weiter zu steigern.

Die relativ hohe Betriebstemperatur der SOFC zusammen mit ihrer geringeren Leistungsdichte und den kurz- bis mittelfristig höheren Kosten könnte allerdings den Einsatz dieser Technologie an Bord von Schiffen einschränken. So glaubt man bei Foreship, dass die PEM-Technologie in den kommenden Jahren durchaus einen wertvollen Beitrag zum Schiffsantrieb leisten wird. Man geht jedoch davon aus, dass die relativen Vorteile der PEM-Technologie im Laufe der Zeit abgebaut werden. Wie bei Batterien könnte das Potenzial insbesondere auf Kurzstrecken ausgeschöpft werden, auf denen die Kraftstoffkapazität an Bord nicht das Problem ist.
Jan-Erik Räsänen, Head of New Technologies, Olli Somerkallio, Head of Machinery, Foreship