Die »Loch Rannoch« und die »Neuwerk« bei einer Notschleppübung (Foto: Havariekommando)
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Wie wichtig Notschleppverbindungen bei Seeunfällen sind, hat nicht zuletzt der Fall »Glory Amsterdam« gezeigt. Das deutsche Havariekommando sieht technischen Nachholbedarf in einem Teil der weltweiten Handelsflotte.

Anlass für den jüngsten Vorstoß[ds_preview] der gemeinsamen Einrichtung des Bundes und der Küstenländer war eine Notfall-Übung am Freitag. Trainiert wurde ein Notschleppszenario mit der norwegischen Reederei Knutsen. Nordwestlich von Helgoland wurde ein Notschleppszenario mit dem 270 m langen Rohöltanker »Loch Rannoch« simuliert.

Ein Boarding Team – bestehend in der Regel aus vier Seeleuten, die speziell für den Einsatz auf manövrierunfähigen und verlassenen Schiffen ausgebildet sind – wurde von einem Helikopter für maritime Notfallvorsorge auf dem Tanker abgesetzt, um beim Herstellen einer sicheren Schleppverbindung zu assistieren. Die Besatzungen der Mehrzweckschiffe »Neuwerk« und »Mellum« sowie des Notschleppers »Nordic« übten das Anlaufen und Manövrieren an den treibenden Tanker.

Zum Herstellen der Schleppverbindung wurde das Emergency Towing System (ETS) genutzt – eine Vorrichtung, die weltweit für Tanker ab einer Größe von 20.000 BRZ vorgeschrieben ist. Sie soll den Aufbau einer sicheren Schleppverbindung erleichtern. Gleichzeitig ist der Rückgriff auf dieses System Auslöser der Forderung seitens des Havariekommandos: »Aus operativer Sicht würde das Havariekommando begrüßen, dass auch andere Schiffstypen als Tanker mit vergleichbaren Systemen ausgestattet werden«, heißt es in einem Statement. Die Einrichtung war in der jüngeren Vergangenheit immer wieder auch mit schwereren Havarien konfrontiert und musste sich dabei auch Kritik gefallen lassen. Der Fall »Glory Amsterdam« sorgte für große Unruhe an der Küste, Akteure wie die Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste forderten Einsicht in die Prozesse des Havariekommandos und bessere Ausrüstungen. Auch die Bundesstelle für Seeunfalluntersuchung kritisierte die Abläufe bei der Havarie im Oktober 2017, bei der mehrere Abschleppversuche scheiterten.

Bei der jetzigen Übung schleppten die als Notschlepper eingesetzten Schiffe den Tanker auf verschiedenen Kursen. Das Schadstoffüberwachungsflugzeug »Do 228« überflog das Übungsgebiet und lieferte Informationen an den On Scene Coordinator (OSC) auf der »Neuwerk«. OSC Wolfgang Knopf vom Havariekommando betonte die Besonderheit, mit einem Tanker dieser Größenordnung das Notschleppen trainieren zu können.