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In Russland könnte ein neuer Konkurrent für die heute größten Container-Reedereien entstehen. Der staatliche Atomkonzern Rosatom plant Milliardeninvestitionen.

Laut einem Bericht [ds_preview]der russischen Tageszeitung »Vedomosti« hat Rosatom die Pläne bereits den Banken präsentiert, da ein Großteil der Investitionen fremdfinanziert werden müssen. Dass die Regierung in Moskau eingeweiht ist, darf ebenfalls angenommen werden. Der Fokus richtet sich auf die Nordostpassage.

Über den arktischen Seeweg, der deutlich kürzer ist als die gängige Route via Suezkanal, werden derzeit etwa 25 Mio. t im Jahr transportiert, vornehmlich LNG und Rohöl. Bis 2024 sollen es rund 80 Mio. t werden. Davon will Rosatom künftig jährlich 72 Mio. t zwischen Asien und Europa transportieren, darunter rund 43 Mio. t an Containerladung, berichtet »Vedomosti«.

Nordost Containerdienst

Mit diesem avisierten Volumen würde der Staatskonzern Rosatom tatsächlich zu den weltweit größten Schifffahrtsunternehmen aufschließen. Der Start ist bereits für das kommende Jahr geplant. Von insgesamt 7 Mrd. $ an Investitionen soll für knapp 6 Mrd. $ eine neue Handelsflotte aufgebaut werden. Der Rest ist für die Modernisierung der Hafeninfrastruktur und von Werftstandorten gedacht.

Präsident Wladimir Putin hatte die Entwicklung der arktische Region schon vor Jahren zu einer Priorität seiner Wirtschaftspolitik ausgerufen. Denn in den polaren Gebieten schlummern große Rohstoffvorkommen, der nördliche Seeweg wird für den Aufbau der Infrastruktur und für den Transport gebraucht.

Die führenden Linienreedereien Maersk, CMA CGM und Hapag-Lloyd hatten einer regelmäßigen Nutzung der Nordroute dagegen eine Absage erteilt, wegen des engen einsfreien Zeitfensters aus wirtschaftlichen, aber auch aus ökologischen Gründen.

Rosatom verdient sein Geld bislang mit Atomkraftwerken und dem Verkauf von Nukleartechnologie. Schiff betreibt das Unternehmen dagegen nicht – mit Ausnahme von derzeit fünf Atomeisbrechern über die Konzerntochter Atomflot, die die Route freihalten. Weitere Schiffe sind geplant. Zudem hat Putin dem Staatskonzern die Entwicklung der Nordostpassage übertragen.

LNG, Rohöl und Container

Aus dem neuen Frachtgeschäft sollen 2023 Einnahmen 700 Mio. $ erzielt werden, bis 2025 sollen es 4 Mrd. $ sein und 2026 sogar 5,6 Mrd. $, heißt es im Bericht. Einen Großteil der Ladung soll russisches LNG ausmachen. Rosatom will Transitladung aus dem Transportaufkommen zwischen Asien und Europa hinzufügen, heißt es. Dafür wären mehr als 50 neue Containerschiffe mit Eisklasse erforderlich.

Bereits in früheren Verlautbarungen war von einem geplante Shuttle-Dienst entlang der russischen Küste die Rede. Demnach will Russland über eine neue Reederei Slotcharter-Vereinbarungen anbieten und auch die höheren Kosten schultern, die durch den Eisbrechereinsatz, höheren Versicherungszahlungen und Rückerstattungen bei möglichen Verzögerungen entstehen könnten.

Hubs an beiden Enden der Route

Die (ausländischen) Kunden sollen nur die reinen Transportkosten auf dem Niveau des Suezkanal-Transits zahlen. Angesichts der höheren Anforderungen liegen die Transportkosten je TEU nach Expertenangaben derzeit etwa 30% höher als auf der klassische Route durchs Mittelmeer und den Indischen Ozean.

Die russischen Pläne sehen vor, dass Feeder-Schiffe aus europäischen und asiatischen Häfen bis nach Murmansk in der Barentssee bzw. Kamtschatka im Fernen Osten fahren. Von diesen beiden Umschlag-Hubs aus könnte der neue russische Container-Operateur die restliche, 3000 sm lange Strecke übernehmen. Die Kunden bräuchten daher nicht selbst in eisgängige Schiffe investieren.