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Im dritten Quartal erlebten Anleger in Schifffahrtsaktien eine Berg- und Talfahrt,wobei wir momentan anscheinend auf dem Gipfel angekommen sind. Der Handelsstreit überschattet alle anderen Faktoren

Sah es zu Beginn des Sommers noch so aus, als ob sich die USA und China im Handelsstreit würden einigen[ds_preview] können, eskalierte der Handelsstreit im dritten Quartal und führte zu einem Kursrutsch auch bei Schifffahrtsaktien. Fast alle Sektoren mussten im August/Sepember Federn lassen. Lediglich unser Liner-Index konnte sich von der trüben Marktstimmung etwas absetzen. Dies war jedoch vor allem auf die fulminante Kursbewegung bei Hapag-Lloyd zurückzuführen. Dafür konnte Herr Trump nun wirklich nichts. Die mittel- und langfristigen Folgen dieser Entwicklung sind noch gar nicht abzusehen.

Die US-Konjunktur scheint momentan noch nicht so stark von dem Handelsstreit betroffen – weder im positiven, noch im negativen Sinne. Dies liegt vor allem daran, dass sie vor allem vom privaten Konsum getragen wird. Solange die Arbeitslosigkeit niedrig und das Konsumentenvertrauen hoch bleibt, wird sich daran auch nicht viel ändern. In Europa und Asien sieht es jedoch anders aus: Lenkt man den Blick jedoch auf die verarbeitenden und die Export-Industrien, so stehen diese Sektoren am Rande der Rezession bzw. befinden sich bereits darin.

Wir befürchten, dass selbst bei einer Einigung im Handelsstreit inzwischen so viel Vertrauen in die US-Handelspolitik verloren gegangen sind, dass sich dies negativ auf das Investitionsverhalten von Unternehmen weltweit auswirken könnte. Damit dürften die Wachstumsaussichten in den nächsten Quartalen deutlich niedriger ausfallen, als noch zu Jahresbeginn erwartet. Bereits heute kann man erkennen, dass die Investmentbanken ihre Gewinnschätzungen für Unternehmen im S&P 500 deutlich nach unten korrigieren.

Zurückhaltung im Neubau-Markt

Diese Zurückhaltung trifft auch den Schifffahrtsmarkt. Die Neubau-Bestellungen liegen 2019 zum wiederholten Male deutlich unter Vorjahresniveau. Neben der wirtschaftlichen Unsicherheit belastet zudem, dass sich viele Eigner Sorgen machen, ob das von ihnen neu bestellte Schiff in wenigen Jahren noch die gestiegenen Umweltanforderungen erfüllen kann. Das »Schnäppchen« kann sich womöglich in wenigen Jahren zum »stranded asset« entwickeln.

Tankeraktien profitieren

In den vergangenen Wochen sind die Spot-Raten für VLCC förmlich explodiert, auf einigen Strecken konnten zeitweise Abschlüsse über 300.000 $/ Tag erzielt werden. Doch auf den schnellen Anstieg folgte recht schnell auch wieder eine Gegenbewegung, so dass die Raten derzeit um 100.000 $ schwanken. Auslöser für den Anstieg waren US-Sank­tionen gegen den Iran und Venezuela, die schwerpunktmäßig chinesische Tanker-Reedereien betrafen. Damit fehlte auf einmal Tonnage im Markt.

Verschiedene Broker erwarten für das kommende Jahr Tagesraten von durchschnittlich 60.000 $, was in etwa dem langfristigen Durchschnitt seit 1990 entspricht. Dies wäre eine gute Unterstützung für die Kursanstiege der vergangenen Wochen. Gleichwohl muss man konstatieren, dass die Anstiege auf tönernen Füßen stehen. So versuchte die Reederei Navios Maritime Acquisition Mitte Oktober eine kleine Kapitalerhöhung um lediglich 50 Mio . $. Tatsächlich konnten jedoch nur 15 Mio. $ mit einem starken Abschlag zum letzten Kurs bei Investoren platziert werden. Der Markt scheint noch nicht wirklich aufnahmebereit für neue Aktien. In Abb. 1 haben wir die Gewinnschätzungen der Wall-Street-Analysten für Tanker-Aktien als Balken der Marktkapitalisierung für Tanker-Aktien als Linie in einem Diagramm gegenübergestellt. Per saldo liegen die Schätzungen für das EBITDA im nächsten und übernächsten Jahr fast mit etwa 3,5 Mrd. $ auf dem gleichen Niveau wie im Mai 2019. Die Marktkapitalisierung der Tanker-Reedereien liegt jedoch aktuell um fast 2,5 Mrd. $ höher als im September. Die Kursanstiege reflektieren damit unseres Erachtens vor allem die kurzfristige Übertreibung am Markt.

LNG-Carrier holen auf

In unserem letzten Report hatten wir auf die schlechte Lage am Markt für LNG-Tanker verwiesen und gemutmaßt, dass es kaum noch schlimmer werden könne. Wir wurden erhört! Die Anzahl prompt verfügbarer Schiffe am Spot-Markt ist derzeit sehr stark gefallen, so dass die Spot-Raten für moderne Schiffe nunmehr wieder um die 150.000 $ erreicht haben. Die Aktien der LNG-Carrier-Unternehmen haben hingegen noch nicht so stark reagiert. Offensichtlich haben die Anleger Angst davor, dass dieses zarte Pflänzchen zu schnell wieder zertreten wird.

Index erreicht neue Höchststände

Wir haben 2019 in unseren Risikoma­­nagement-Strategien vor allem auf drei Sektoren gesetzt: LPG, Crude und nun LNG. Diese Strategie hat sich ausgezahlt.

Der Notos Maritime Strategy Index konnte jüngst wieder seinen Höchststand aus 2014 erreichen und liegt damit in der Performance deutlich vor dem Notos Shipping Index oder dem Dow Jones Global Shipping Index.