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Der »weiche« Prämientrend in der Schiffshaftpflicht dürfte bald beendet sein. Experten rechnen mit Beitragsanhebungen der P&I-Clubs von bis zu 10 %.

Zur nächsten Prolongation in der P&I-Versicherung kommenden Februar zeichnet sich Maklern zufolge eine Trendwende bei den Prämien ab[ds_preview].

Drei Jahre waren die durchschnittlichen Beiträge in dem Sektor nicht mehr angehoben worden. Stattdessen konnten die Reedereien in vielen Fällen sogar Reduktionen durchsetzen. Angesichts stark erhöhter Schadensquoten und ungewisser Kapitalerträge dürften sich die P&I Clubs dieses Spiel nun nicht länger gefallen lassen.

Die Versicherungsmakler Tysers und Arthur J. Gallagher prognostizieren in ihren Marktberichten zur anstehenden P&I-Saison moderate Erhöhungen. Der eine rechnet mit Beitragsanhebungen von bis zu 7,5%, der andere sogar mit bis zu +10%. Auch die Rating-Agentur Standard & Poor’s – geliebt und gefürchtet unter den Versicherern – erwartet Erhöhungen von bis zu 10%. Über die Hälfte der Clubs werde wohl eine generelle Beitragsanhebung verkünden, so S&P.

»Dies wird der Beginn eines dreijährigen Zyklus, in dem alle Clubs versuchen werden, die Prämien anzuheben«, schreibt Malcolm Godfrey, Leiter der Marine P&I Division bei Gallagher, im »Pre-Renewal P&I Review«. Der Druck zu Beitragsanpassungen habe infolge finanzieller Verluste im Vorjahr deutlich zugenommen.

So schrumpften die Kapitalpolster der 13 P&I Clubs, die sich in der International Group zusammengeschlossen haben, aufgrund gestiegener Schadensquoten im Zeichnungsjahr 2018/19 um rund 300 Mio. $ auf 5,3 Mrd. $. Die Großschäden über 10 Mio. $, welche die Versicherer untereinander »poolen«, sollen den höchsten Stand seit 2013 erreicht haben.

Gemessen an der Kapitalisierung und Bonitätsnote rechnet Tysers mit Prämienanhebungen bei folgenden Clubs: American Club, London P&I Club, UK Club, West of England und Standard. Bei Britannia, dem Japan Club sowie dem Shipowners’ Club hingegen hält Tysers noch am ehesten eine Nullrunde für denkbar. Gallagher sieht neben Britannia nur den Marktführer Gard und Steamship Mutual als Kandidaten für einen erneuten Verzicht auf Beitragsanhebungen.

Inzwischen haben sich zwei Clubs der International Group aus der Deckung getraut und den Kurs für die kommenden »Renewals« abgesteckt. Der Standard Club – nach Marktanteilen die Nummer 4 – kündigte eine pauschale Prämienerhöhung von 7,5% und darüber hinaus eine Anhebung der Selbstbehalte um 10% an. Britannia – die Nr. 5 im Markt – überraschte die Mitglieder hingegen mit einer abermaligen Kapitalausschüttung von 15 Mio. $. Das war nach dem zweistelligen Millionenverlust im vergangenen Jahr nicht selbstverständlich.

Zweitens kündigte Britannia an, dass es künftig keine pauschalen Beitragsanpassungen mehr geben werde, sondern nur noch individuelle Prämienanpassungen. Der Club übernimmt somit dieselbe Praxis wie der Wettbewerber Skuld schon vor ein paar Jahren und lässt sich nicht mehr in die Karten schauen, was die Preispolitik betrifft. Als »Nullrunde« bei den Prämien darf die Ankündigung indes nicht verstanden werden.

Zu berücksichtigen ist noch, dass die Spielregeln für den Wettbewerb in der Branche nächstes Jahr angeblich verschärft werden sollen. Der Makler Gallagher will erfahren haben, dass die International Group verschiedene Regelungen, die die Konkurrenz unter den Versicherern begrenzen, lockern wolle.

Demnach soll bei Haftpflichtdeckungen für Charterer künftig freier Wettbewerb unter den Clubs herrschen. Außerdem sei geplant, den Underwritern mehr Freiraum bei der Preisfestsetzung für Tonnage zu gewähren, welche von einem Club zum anderen wechselt.


Michael Hollmann