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Die Bedeutung von maritimen Technologien wird weiter zunehmen, meint Professor

Uwe Freiherr von Lukas. Der Fraunhofer-Forscher plädiert im HANSA-Interview für eine verstärkte Zusammenarbeit von Wirtschaft und Wissenschaft

Nach dem Willen der Fraunhofer-Gesellschaft soll der »Ocean Technology Campus« (OTC) ein Meilenstein auf dem Weg zur verantwortungsvollen[ds_preview], nachhaltigen Nutzung der Meere sein. Wie kann das gelingen?

Uwe Freiherr von Lukas: In den vergangenen Jahren hat es ja schon viele neue Vorschriften gegeben, um die Nutzung der Meere besser mit den Interessen des Naturschutzes in Einklang zu bringen. Das sind klassische maritime Themen – zum Beispiel, dass nicht mehr beliebige Anstriche an Schiffen genutzt werden dürfen, um das Biofouling zu bekämpfen. Das nächste Thema, das jetzt kommt, ist der Schall, der von Schiffen ausgeht und für Meeressäugetiere schädlich ist. In unserem Unterwassertestfeld wollen wir eine Messstrecke mit Hydrophonen aufbauen, damit Anbieter von Schiffen, Unterwasserfahrzeugen oder Schiffspropellern überhaupt eine Möglichkeit haben, ihre Produkte unter realen Bedingungen zu vermessen. Ganz allgemein brauchen wir Forschung und Entwicklung, um alte Techniken durch neue, nachhaltige zu ersetzen. Und genau da wollen wir mit dem OTC einen wichtigen Beitrag leisten.

Woraus bezieht das Projekt seine überregionale Relevanz?

von Lukas: Zum einen ist unser Konzept in dieser Breite und Abdeckung international einmalig: Das gilt sowohl für das Unterwasserlabor als auch für diesen Innovationsansatz, ein solches Unterwasserlabor mit einem Campus zu kombinieren, auf dem wir Grundlagenforschung, angewandte Forschung und Unternehmen sehr eng zusammenbringen. Und zum anderen reden wir bei der Meerestechnik von weltweiten Märkten. Ob es nun um Unterwasserbildbearbeitung geht oder um Themen wie Aquakultur, Pipelines, Seekabel oder Meeresenergie – alle Firmen, die in diesen Bereichen tätig sind, agieren nicht auf nationalen, sondern auf internationalen Märkten.

Welche Chancen bieten sich der hiesigen maritimen Wirtschaft?

von Lukas: Grundsätzlich ist die deutsche Meerestechnik schon sehr gut aufgestellt. Wir haben nur das Problem, dass wir viele kleine Unternehmen mit interessanten Lösungen haben, die aber nicht die Power haben wie große Konzerne aus anderen Ländern. Auch hier wollen wir mit dem OTC Impulse geben, dass verschiedene Firmen durch die enge räumliche Nähe ihre Angebote besser bündeln können. Ein komplexes Unterwassersystem, das weltweit angefragt wird, kann keines unserer Unternehmen allein auf die Beine stellen. Wenn wir aber geeignete Organisationsformen entwickeln und jeder macht, was er am besten kann, werden wir in der Summe wettbewerbsfähige Angebote machen können.

Denken Sie da konkret auch an den Tiefseebergbau?

von Lukas: Der Tiefseebergbau ist sicher ein gutes Beispiel, ja. Europäischen und deutschen Unternehmen bieten sich hier gute Möglichkeiten, durch Innovationen eine Technologieführerschaft hinsichtlich eines nachhaltigen und umweltschonenden Tiefseebergbaus zu erreichen. Ich denke da an clevere Monitoringsysteme, aber auch an den Abbau selbst. Bei den Manganknollen zum Beispiel sahen erste Konzepte anderer Länder so aus, mit einer Art Planierraupe über die Tiefseeböden zu fahren und die Knollen einzusammeln. Die Ansätze, die wir in Deutschland verfolgen, sind dagegen fast schon minimalinvasiv: Hier wird versucht, mit einem schwimmenden Fahrzeug ohne Bodenkontakt über den Manganknollen zu schweben und sie dann mit einem Saugsystem oder einem Greifer aufzunehmen, das heißt also deutlich weniger in die Umwelt einzugreifen. Im engen Schulterschluss der Firmen untereinander und mit der Forschung trauen wir uns da durchaus zu, auf dem internationalen Markt eine bedeutende Rolle zu spielen.

Wo sehen Sie die maritimen Technologien in zehn Jahren?

von Lukas: Ich bin davon überzeugt, dass wir vor dem Hintergrund der anstehenden gesellschaftlichen Herausforderungen noch deutlich stärker die Potenziale nutzen müssen, die uns die Weltmeere bieten – ob das nun die Energie ist, die Ernährung oder die Ressourcengewinnung. Ob wir da in zehn Jahren schon einen Riesenschritt in der Umsetzung getan haben, bleibt abzuwarten. Aber das Bewusstsein wird sich bis dahin geändert haben, und es wird eine Reihe an Unternehmen mehr geben, die das Thema maritime Technologien auf dem Schirm haben und in diese Märkte hineindrängen.


Interview: Anne-Katrin Wehrmann