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Die Reederei AG Ems treibt ihre Bemühungen für einen umweltfreundlichen Betrieb voran. Nach der »Ostfriesland« wird nun die »Münsterland« auf einen Antrieb mit LNG-Technologie umgerüstet. Den Zuschlag erhielt dieses Mal eine niederländische Werft.

Seit dem Jahr 2012 beschäftigt sich die Reederei mit dem Thema LNG. Im Sommer 2015 wurde schließlich die »Ostfriesland« umgerüstet[ds_preview], seinerzeit bei Brenn- und Verformtechnik Bremen (BVT).

Mit dem Ergebnis ist die Reederei sehr zufrieden, wie Vorstand Bernhard Brons, im Gespräch mit der HANSA sagt. Die positiven Erfahrungen haben das Unternehmen darin bestärkt, nun auch die baugleiche »Münsterland« auf einen Gasantrieb umzurüsten.

»Wir verkehren im Wattenmeer, das zum Weltnaturerbe gehört. Die Menschen kommen wegen der guten Luft hier her. Dazu wollen wir nachhaltig einen Beitrag leisten«, betont der Reeder.

Bereits vor dem Umbau der »Ostfriesland« hatte die AG Ems überlegt, ein komplett neues Schiff in Auftrag zu geben. Letztlich hatte man sich aber dagegen entschieden. Auch in Bezug auf die 1985 gebaute »Münsterland« kam das Thema nun wieder auf den Tisch – und abermals fiel die Entscheidung für einen Umbau aus, »da wir ansonsten gut drei Viertel des Schiffes wegschmeißen würden, denn das Vorschiff ist ja noch völlig in Ordnung«, begründet der Reederei-Chef. »Außerdem wüsste ich nicht, was ich bei einem Neubau anders machen würde«, ergänzt er. Nur ein anderes Baujahr hieße noch lange nicht, dass man eine bessere Qualität bekomme.

Den Zuschlag erhielt die niederländische Werft Koninklijke Niestern Sander aus Delfzijl, die sich Luftlinie nur rund 35km entfernt von Emden befindet, dem Hauptsitz der AG Ems.

Die Anforderungen umfassten neben der Qualität und der Einhaltung eines vorgegebenen Preises sowie einer Zeitschiene auch Referenzen im kleineren RoPax-Bereich. Auch mit deutschen Werften habe es Gespräche gegeben. In der Endausscheidung habe man sich unter vier europäischen Bewerbern letztlich für Koninklijke Niestern Sander entschieden, da die Niederländer das »beste Gesamtpaket« angeboten hätten.

Erfahrung bei »Ostfriesland« hilft

Die AG Ems profitiert bei dem bevorstehenden Umbau von den Erfahrungen der »Ostfriesland«. Auch deshalb rechnet man dieses Mal mit einer verkürzten Dauer von sechs Monaten. Zum Vergleich: Der erste Umbau hatte neun Monate in Anspruch genommen.

Die hinteren 25m des bestehenden Schiffes werden abgeschnitten und durch ein neues Heckteil mit 40m Länge ersetzt, in dem sich die neue Antriebstechnik befindet. Nach dem Umbau ist die »Münsterland« also 15m länger und kommt dann auf eine Gesamtlänge von 94m.

Das Schiff soll Anfang September 2020 zur Werft verholen und Ende Februar 2021 wieder der Reederei übergeben werden. In den Wintermonaten könne man am ehesten auf das Fahrgastschiff verzichten, das zwischen Borkum, Eemshaven und Emden verkehrt, sagt Brons.

In der Hauptsaison im Sommer 2020 steht die Einheit der Reederei also noch im alten Zustand zur Verfügung. Da die Umbaumaßnahmen deutlich vor Beginn der Saison 2021 beendet sein sollen, habe man sogar noch ausreichend Puffer, um unvorhersehbare Herausforderungen zu beseitigen.

Lange im Voraus werden Teile von Zulieferern geordert. Danach beginnt der Stahlsektionsbau, woraufhin die Großelemente eingesetzt werden. Anschließend erfolgt die innere Verrohrung sowie ein Großteil des Baus des neuen Heckteils. Erst kurz vor dessen Fertigstellung verholt das Schiff zur Werft. Dort erfolgt der Schnitt, bei dem das alte Heck abgetrennt wird. Binnen weniger als zwei Wochen soll dann das neue Hinterteil angeschweißt werden, sagt Claus Hirsch, Technischer Inspektor bei der AG Ems.

Kapazität geht dabei nicht verloren, denn durch die zusätzliche Länge steht ausreichend Platz zur Verfügung, um im Mittschiffbereich den Tank in einem eigenständigen, luftabgeschlossenen Raum unterbringen zu können.

Im Gegenteil: »Alle Vorteile, die wir schon bei der ›Ostfriesland‹ haben, können wir auch bei der ›Münsterland‹ umsetzen«, sagt Hirsch. Zu den Features zählt beispielsweise ein behindertengerechter Fahrstuhl, der über vier Decks (Hauptfahrgastdeck, Fahrzeugdeck, Seitensonnendeck, oberes Sonnendeck) reicht. Darüber hinaus steht nach dem Umbau 75% mehr Platz auf dem Oberdeck zur Verfügung und auch im Unterdeck gibt es mehr Sitzplätze. Die Fahrgastkapazität gibt die Reederei nach dem Umbau mit 1.350 an (vorher 1.200), zudem gibt es Platz für 15 weitere Pkw, darüber hinaus wird die Durchfahrtbreite für Lkw erhöht.

Zusätzlich wird das gesamte Unterwasserschiff optimiert, um eine energiesparende Form zu erhalten. Die »Münsterland« bekommt einen Azipod-Antrieb auf jeder Seite, der aus einer Zug- und einer Druckseite besteht. Somit stehen pro Seite also zwei Propeller zur Verfügung, die sich um 360 Grad drehen können.

Bei der Auswahl der Zulieferer gibt es gewisse Veränderungen: Während LNG-Tank, Dual-Fuel-Motoren und Automation erneut von Wärtsilä kommen, liefert die Ruderpropeller nun der niederländische Hersteller Veth. Dieser habe durch den Einsatz seiner kontrarotierenden Propeller eine zusätzlich Effizienzsteigerung in Aussicht gestellt. »Die wollen wir gerne mitnehmen«, sagt Hirsch. Bei den reinen Gasmotoren fiel die Wahl auf Scania, die elektrischen Aggregate werden von der Firma Ekels mit Sitz in den Niederlanden geliefert.

Projekt erhält Förderung

Die AG Ems rechnet mit Kosten von knapp 18Mio. € für den Umbau, für den es eine öffentliche Förderung aus dem ersten LNG-Förderpaket des Bundes gibt. Diese sei im siebenstelligen Bereich und decke den Anteil ab, der LNG-bedingte Mehrkosten betreffe, so Brons. »Für unser Unternehmen soll es eine 40% Förderung der LNG-bedingten Mehrkosten geben«, führt er weiter aus.

»Die beiden Schiffe waren vor dem Umbau der ›Ostfriesland‹ Schwestern und sind es nach dem Umbau der ›Münsterland‹ dann auch wieder«, erläutert Hirsch. Dies sei nicht nur in Bezug auf den Antrieb wichtig. Auch wegen der logistischen Anforderungen sei es von Bedeutung, dass gleiche Kapazitäten vorhanden seien und dieselbe Länge an Spurmetern zur Verfügung stünde, damit im Fahrplan durchgetauscht werden könne.

Die Tankkapazität der »Münsterland« steigt nach dem Umbau um mehr als 10%. Das verflüssigte Erdgas wird mit Lkw angeliefert. Das Tankverfahren unterscheidet sich nicht von dem der »Ostfriesland« und der »Helgoland«, die ebenfalls mit Gas unterwegs ist.

Da künftig also ein drittes Schiff mit dem umweltfreundlichen Kraftstoff betrieben wird, muss eine größere Menge bei der Firma Gascom, dem Lieferanten mit Sitz in Köln, geordert werden. Gascom bezieht das LNG in der Regel aus Zeebrugge oder vom Gate-Terminal in Rotterdam.

Jedes der drei Schiffe wird einmal in der Woche betankt, künftig kommt also je ein Tank-Lkw nach Emden, Eemshaven und Cuxhaven. Es sei ein eingespieltes Verfahren, was auch für die Besatzung ein Vorteil sei, da die Technik bekannt sei. Ein Crewwechsel stelle also kein Problem dar, sagt Brons.

Derzeit plane die Reederei keine weiteren Umrüstungen, da die Kapazität der vorhandenen Schiffe ausreiche. »Sonst würden wir es aber sicher wieder machen, da die Technik das hält, was sie verspricht und zukunftsweisend ist«, wie Brons betont.


Thomas Wägener