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Die französische Linienreederei CMA CGM will mit ihrer 23.000-TEU-Serie neue Umwelt- und Effizienz-Maßstäbe setzen. Wichtigster, wenngleich nicht einziger Treiber soll der LNG-Antrieb sein.

Schon der Name des ersten Neubaus deutet auf etwas Besonderes hin, dass die in Marseille ansässige Reederei künftig ihr Eigen[ds_preview] nennt: Die von Bureau Veritas klassifizierte »CMA CGM Jacques Saadé« ist eine posthume Hommage und Reminiszenz an den Firmengründer, der erst 2018 verstorben war und damit die Realisierung des von ihm mitinitiierten Projekts nicht mehr erleben kann. »Der visionäre Unternehmer baute CMA CGM zu einer der weltweit führenden Reedereien auf, wobei er stets die starken familiären Werte aufrechterhielt und dadurch die gesamte Schifffahrtsbranche nachhaltig prägte«, hieß es seitens der Nr. 4 im Weltmarkt anlässlich des Stapellaufs auf der chinesischen CSSC-Werft Shanghai Jiangnan-Changxing.

2017 hatten Jacques Saadé und sein Sohn Rodolphe die Entscheidung zum Bau einer Serie von Großcontainerschiffen mit LNG-Antrieb bekannt gegeben. Mithilfe der Technologie sollen Emissionen von Schwefeloxiden und Feinstaub um 99%, von Stickoxiden um bis zu 85% und von Kohlendioxid um ca. 20% verringert werden.

Die 400m langen und 61m breiten Neubauten werden sich nicht nur durch die Größe, sondern auch optisch vom Rest der Flotte unterscheiden: Es gibt einen speziellen Anstrich mit einem »LNG POWERED«-Logo, dabei setzt die Reederei erstmals auch auf grün am Rumpf.

Zu den weiteren technischen Neuentwicklungen gehören offiziellen Angaben zufolge moderne Kommandobrücken mit verbesserten Kartenansichten für dynamischere Navigationsanweisungen, ein System, das die prognostizierte Position des Schiffes in den nächsten drei Minuten anzeigt, ein intelligentes »Smart Eye System», das eine Vogelperspektive auf die Umgebung des Schiffes projiziert sowie Augmented-Reality-Bildschirme, die der Besatzung genaue Informationen über die Rotation des Schiffes, den Abstand zur Kaikante und der Quergeschwindigkeit liefern. Auch ein »smartes« System zur Steuerung der Belüftung von Kühlcontainern ist integriert.

»Um die Umweltbilanz weiter zu verbessern, wurden der Schiffsrumpf hydrodynamisch optimiert. Der Wulstbug wurde nahtlos in das Rumpfprofil integriert.« Neben dem Becker Twisted Fin – das 4% weniger CO2-Emissionen verursachen soll – wurden auch der über 92t schwere Propeller mit mehr als 10m Durchmesser und das Ruderblatt verbessert«, heißt es weiter.

Zentraler Bestandteil des Konzepts ist der Motor. Die Wahl fiel auf die Dual-Fuel-Experten von WinGD. Installiert werden 12X92DF-Niederdruck-Motoren, die 63.840 kW bei 80 Umdrehungen pro Minute leisten – äquivalent zu zehn Airbus A380 oder mehr als 1.150 Renault Clio.

Die Motoren sollen bestehende und zukünftige Vorschriften der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation IMO erfüllen. Der Wirkungsgrad profitiere vom günstigen Verhältnis von Kohlenstoff zu Wasserstoff in Methan – dem Hauptbestandteil von Erdgas –, so der Hersteller. Bei der Bekanntgabe des Auftrags verwies WinGD darauf, dass für seine Zweitaktmotoren das »lean burn« Otto-Verbrennungsverfahren mit Niederdruck-Gaszufuhr und Micro-Pilot-Zündung weiterentwickelt worden sei.

»French Connection«

Ebenso wichtig bei der Entwicklung der Neubauten war die gesamte LNG-Versorgung. Die Tanks befinden sich unter Deck auf Höhe der Kommandobrücke. Sie wurden von der französischen Firma GTT geliefert. Überhaupt lässt sich eine vergleichsweise starke französische Komponente in der Zulieferliste beobachten. Zusätzlich zu GTT und Bureau Veritas gehören zu den Suppliern beispielsweise auch die Firmen Bio-UV (Ballastwasser-Anlage), Cryostar (LNG-Pumpen), BLM (Ankerwinden), Schneider Electric (elektrische Schaltanlage) und nicht zuletzt Total. Der Konzern hat neben der Schmierstoff-Lieferung vor allem einen Großauftrag für die Bereitstellung von LNG unterzeichnet. Ab 2020 sollen für zunächst zehn Jahre jährlich 300.000t verflüssigtes Erdgas geliefert werden. Bei der Bekanntgabe hatte Rodolphe Saadé explizit auf die heimische Industrie verwiesen: »Durch die Bündelung der Expertise französischer Unternehmen, die jeweils führend in ihrem Bereich sind, festigen wir die herausragende Rolle Frankreichs für einen nachhaltigeren Verkehr.«

GTT liefert die Tanks mit dem Membran-Dämmsystem Mark III. Sie haben eine interne Edelstahl-Beschichtung, die einer Kühlung des Flüssiggases auf -161°C standhält. Zwei Isolationsschichten und eine zweite Membran sowie High-Tech-Sensoren sollen »optimale LNG-Speicherbedingungen« gewährleisten und alle Sicherheitsanforderungen erfüllen.

Die Tanks – in denen die Freiheitsstatue Platz finden würde – haben eine Kapazität von 18.600m3. CMA CGM will so eine komplette Rundreise im Fernost-Europa-Verkehr ohne Zwischenbunkern absolvieren. Gebunkert werden soll mittels Bunkerschiffen in Nordeuropa, »wie z.B. Rotterdam«, so die Reederei.


Michael Meyer