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Kaum hatte die HANSA im Dezember die Vorlage des Finanzgerichts Köln an den Europäischen Gerichtshof analysiert (HANSA 12/2019), überschlugen sich die Ereignisse. Plötzlich ließ sich im Internet der Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Versicherungsteuerrechts finden.

Nach der Intention des Gesetzesentwurfs (Versicherungsteuerrechtsmodernisierungsgesetz – VersStRModG) soll alles klarer und durchsichtiger, oder vielleicht auch systematischer werden. Änderungen des Versicherungssteuerrechts[ds_preview] sollen dazu dienen, Sinn und Zweck einzelner Vorschriften deutlicher im Gesetzeswortlaut zum Ausdruck zu bringen und Regelungen an aktuelle Entwicklungen anzupassen. Zudem soll durch die Präzisierung gesetzlicher Normen mehr Rechtssicherheit geschaffen und die Rechtsanwendung vereinfacht werden.

Um ersten Änderungen nachzugehen, erscheint es zielführend, »alte« Entscheidungen anhand des Entwurfs des neuen Gesetzesvorhabens zu überprüfen.

Ein Beispiel aus der vorangegangen Analyse: Das zwischen einem im Vereinigten Königreich niedergelassenen Versicherer und einem Versicherungsnehmer mit Sitz im Inland bestehende Versicherungsverhältnis bezieht sich auf Einschiffsgesellschaften als Versicherungsnehmer, deren Schiffe in Hamburg ins Seeschiffsregister eingetragen und infolge genehmigter Ausflaggung zudem in einem Register eines Drittstaats eingetragen sind.

Das Gesetz unterscheidet für die Frage der territorialen Anknüpfung und Abgrenzung gegenüber dem Besteuerungsrecht anderer Staaten danach, ob der Versicherer im EU/EWR-Raum oder außerhalb dieses Gebiets niedergelassen ist (sog. Drittlandversicherer). Die beabsichtigte Änderung der Durchführungsverordnung (DVO) definiert, was unter einem im Europäischen Wirtschaftsraum niedergelassenen Versicherer und unter einem Drittlandversicherer zu verstehen ist.

Hiernach ist für die Unterscheidung etwa der Sitz des Versicherers als zivilrechtlicher Vertragspartner des Versicherungsnehmers maßgebend. Bei einem Drittlandversicherer (das Vereinigte Königreich: Wann? In welchem Umfang? Mit oder ohne Übergangszeit?) fällt Versicherungssteuer an, wenn der Versicherungsnehmer zum Zeitpunkt der Zahlung des Versicherungsentgelts im Inland ansässig ist, wenn der versicherte Gegenstand sich bei Begründung des Versicherungsverhältnisses dort befand oder, wenn sich das Versicherungsverhältnis auf ein Unternehmen, eine Betriebsstätte oder eine sonstige Einrichtung im Inland bezieht.

Bei einem im Europäischen Wirtschaftsraum niedergelassenen Versicherer fällt – wie bisher – Versicherungssteuer u.a. bei der Versicherung von »Risiken mit Bezug auf im Geltungsbereich dieses Gesetzes in ein amtliches oder amtlich anerkanntes Register einzutragende oder eingetragene und mit einem Unterscheidungskennzeichen versehene Fahrzeuge aller Art« an. Maßgebend ist also die so näher umschriebene Risikobelegenheit des Schiffs als Fahrzeug.

Unabhängig vom Firmensitz

Es soll nunmehr gesetzgeberisch hervorgehoben werden, dass dies u.a. unabhängig vom Sitz des Versicherungsnehmers – im gebildeten Beispiel Deutschland – der Fall ist. Unstreitig liegt im Beispielfall ein Versicherungsverhältnis zu einem »noch EU/EWR-Versicherer« vor. Streitig ist bekanntlich, ob die Registrierung – wie im Beispiel angenommen – in einem Drittstaat dazu führt, dass sich die Risikobelegenheit des Schiffs vom Inland in das Drittland mit der Folge verschiebt, dass keine inländische Versicherungssteuer mehr anfällt.

Hier will der Gesetzgeber nunmehr reagieren und definiert in der DVO, was unter einem amtlichen Register zu verstehen ist. Laut DVO sind für Schiffe die bei den Amtsgerichten geführten Schiffsregister gemeint. Dies soll das regelmäßig einschlägige Register sein.

Ausnahmen werden nicht zugelassen. Angesichts der dem Gesetzgeber bekannten europarechtlichen Problematik soll also nunmehr erkennbar die von der Finanzverwaltung in dem bezeichneten Fall vertretene Rechtsauffassung Gesetz werden.

Im Ergebnis wäre also der Fall nach neuem Recht an dieser Stelle entschieden. Sieht dies jedoch der Europäische Gerichtshof anders und will auf die Flagge und/oder die ausländische Registrierung abstellen, so gibt es auch hierfür eine neue Lösung. Ein neuer Satz 2 schreibt nämlich vor, dass in den Fällen, in denen die Risikobelegenheit außerhalb des Geltungsbereichs des Gesetzes liegt, also das Schiff unter der Flagge eines Drittstaats fährt und/oder dort registriert ist, es auf den Sitz des Versicherungsnehmers ankommt. Dieser befindet sich im Beispielsfall in Deutschland. Man will also doppelt vorsorgen.

Wie wäre der Fall zu beurteilen, wenn das Schiff zunächst (Erstregistrierung) in einem EU/EWR-Land registriert ist? In diesem Fall soll die Steuer – wie bisher – dem EU/EWR-Staat zustehen. Das soll nunmehr deutlich geregelt werden. Es kommt nicht mehr auf den Sitz des deutschen Versicherungsnehmers an.

Zweitregistrierung – und nun?

Wie aber ist der Fall zu lösen, dass – ausgehend vom Beispielfall – das Schiff nicht in einem Drittstaat, sondern in einem EU–Staat registriert werden soll und auch unter dessen Flagge fährt – Stichwort Zweitregistrierung. Dieser EU–Staat stellt sich aufgrund der nunmehr vorliegenden Anknüpfungspunkte in seinem Staat auf den Standpunkt, er könne seinerseits eine Versicherungssteuer erheben. Es käme demnach zu einer Doppelbesteuerung. Da es keine bilateralen Vereinbarungen gibt, wie dieses Problem zu lösen wäre, müssen wohl wieder die Gerichte bemüht werden.

Abwandlung des Falls

Handelt es sich beim Versicherer um einen Drittlandversicherer, soll alles beim Alten bleiben. Maßgebend ist für die Frage der Versicherungssteuer, ob der Versicherungsnehmer zum Zeitpunkt der Zahlung des Versicherungsentgelts im Inland ansässig ist oder ob sich der versicherte Gegenstand bei Begründung des Versicherungsverhältnisses dort befand oder ob sich das Versicherungsverhältnis auf ein Unternehmen, eine Betriebsstätte oder eine sonstige Einrichtung im Inland bezieht. Im Beispielfall hat der Versicherungsnehmer seinen Sitz im Inland, unterliegt also der Versicherungsteuer. Es kommt also nicht auf die Frage an, ob sich der versicherte Gegenstand (das Schiff) bei Begründung(!) des Versicherungsverhältnisses im Inland befand oder ob sich das Versicherungsverhältnis auf ein Unternehmen, eine Betriebsstätte oder eine sonstige Einrichtung (die inländische Schifffahrtsgesellschaft) im Inland bezieht.

Bareboat – und nun?

Was aber ist, wenn das Schiff nach Neuseeland »bareboat« ausgeflaggt wird und die Versicherungspolice dergestalt verändert wird, dass nunmehr alleiniger Versicherungsnehmer der in Neuseeland ansässige Ausrüster ist und die inländische Einschiffsgesellschaft den Status einer lediglich mitversicherten Person erhält? Die Versicherungspolice wird auf eine Tochtergesellschaft des EU/EWR-Versicherers in Neuseeland umgeschrieben. Neuseeland erhebt annahmegemäß keine Versicherungssteuer. Die Frage, welches Schiffsregister maßgebend ist, ist nur für den Fall eines EU/EWR-Versicherers geregelt.

Nach der beabsichtigten Änderung der DVO ist Versicherungsnehmer im Falle eines EU/EWR-Versicherers in bestimmten Fällen auch die mitversicherte Person. Vorstehend geht es jedoch um einen Drittlandversicherer. Das Gesetz ist ansonsten auf den typischen Fall zugeschnitten, dass der Versicherungsnehmer eigene Risiken versichert. Es geht also typischer Weise für die Frage der Steuer um dieses Verhältnis »Versicherungsnehmer/Versicherer«.

Die mitversicherte Person spielt gegebenenfalls nur in Haftungsfällen eine Rolle. Demzufolge entsteht keine Versicherungssteuer im Inland. Der neuseeländische Ausrüster ist Versicherungsnehmer und bei dem mitversicherten Betrieb der inländischen Einschiffsgesellschaft handelt es sich nicht um sein Unternehmen, seine Betriebsstätte oder seine sonstige Einrichtung, sondern um ein Unternehmen der inländischen Schifffahrtsgesellschaft.

Mehr Klarheit

Die beabsichtigen Änderungen lösen entgegen den Vorgaben des Gesetzesentwurfs nicht alle Probleme. Sie bringen jedoch einige Klarheit. Man kann sich nicht des Eindrucks erwehren, dass die Seeschifffahrt eine wesentliche Schablone für die beabsichtigten Neuerungen lieferte.

Zu bedauern ist sicherlich, dass es keine Vorgaben für den Fall gibt, in dem es zu Doppelbesteuerungen kommt. Hier besteht zu mindestens auf EU–Ebene Nachbesserungsbedarf.


Klaus Voß