Herve Guillou (Foto: IHC)
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Die französische Marine-Schiffbau-Gruppe Naval holt einen neuen CEO von Thales – und befeuert damit Spekulationen um die künftige Strategie.

Pierre-Eric[ds_preview] Pommellet übernimmt den Posten von Hervé Guillou, der aus Altersgründen seinen Posten räumt. Das ist nun klar, nachdem der Nominierungsausschuss der Naval Group den Wechsel bestätigt hat. Pommellet war bisher Chief Operating Officer and Chief Performance Officer beim in Paris ansässigen Rüstungskonzern Thales.

Das Komitee folgte damit dem Vorschlag der +Agence des participations de l’État (APE)+, einer 2004 gegründeten Agentur der Französischen Republik, die die staatlichen Beteiligungen an nunmehr fast 90 Unternehmen verwaltet, darunter Nexter, France Telecom und KLM-Air France. Unter den bekanntgewordenen Kandidaten befanden sich u.a. der Stabschef von Premierminister Edouard Philippe, Benoît Ribadeau-Dumas und der Leiter der Programmabteilung von Naval Group, Olivier de la Bourdonnaye.

Pommellets Nominierung muss nun den Verwaltungsrat der Naval Group passieren, vorgesehen am 20. Februar. Stimmen die Direktoren dieser Entscheidung zu, wird voraussichtlich im März eine Hauptversammlung stattfinden. Der neue Chef muss dann durch ein Dekret des Präsidenten der Republik offiziell ernannt werden.

Die Kür eines Thales-Mannes führt zu Spekulationen zur künftigen Ausrichtung der Naval Group. Regierungsvertreter äußerten sich beruhigend, es gäbe keine versteckte Agenda, die mit der Ernennung von »PEP« verbunden sei. Die Strategie der Naval Group bliebe: weltweit führend bei der Konstruktion und beim Bau von Marineschiffen zu sein. Naval Group soll ein unabhängiges, autonomes Unternehmen bleiben, werden regierungsnahe Quellen in französischen Medien zitiert.

Die Gewerkschaften sprechen sich gegen die Personalie aus. Sie befürchten eine andere Ausrichtung der Naval Group. Indem die Fähigkeiten der Naval Group in der Integration sowie ihre Expertise bei Elektroniksystemen der U-Boote und Überwasserschiffen zugunsten von Thales-Produkten untergraben werden könnten und sich Thales als Systemhaus durchsetzen könnte. Was darauf hinausliefe, dass Naval Group schließlich ein reiner Schiffshüllenhersteller werden würde.

Tatsächlich sind die Beziehungen von Thales und seiner 35-prozentigen Tochter alles andere als idyllisch. Thales und Naval Group stehen bei großen Exportverträgen im Wettbewerb. Wie 2019 beim Vertrag über Minenjagdschiffe in Belgien und den Niederlanden, ein 2-Milliarden-Euro-Auftrag, den die Naval Group und die ECA zum Nachteil von Thales (und STX) erhielten. Thales sprach sich gegen das von Naval Group mit Fincantieri eingegangene Poseidon-Projekt aus, das zur Gründung des Joint Ventures Naviris führte.

Wie sein Vorgänger wird Pommellet nun (von der Gegenseite kommend) das komplexe Joint Venture mit Fincantieri überwachen müssen. Darüber hinaus muss er die Modernisierung der Marine befördern, deren Rüstungsprogramme als überfällig gesehen werden. Gleichzeitig gilt es den als zu massiv empfundenen Kostensteigerungen entgegen zu treten. Insofern könnte seine Auswahl doch auf eine Änderung der Strategie hinauslaufen. Wird er in der Lage sein, die Annäherung an Thales zu gestalten? Oder verfolgt er weiter die von Hervé Guillou entwickelte Unabhängigkeit der Naval Group?

Wobei diese Unabhängigkeit angesichts der Eigentumsverhältnisse ohnehin gesondert zu betrachten ist. Der französische Staat hält 62,25 % des Konzernkapitals der Naval Group, Thales 35 %, 1,73 % liegen bei den Arbeitnehmern. An Thales ist der französische Staat wiederum mit 25,7 % beteiligt, Dassault Aviation hält 24,6 % an Thales.

Und somit liegt die Entscheidung in erster Linie bei Emmanuel Macron, der immer noch eine eigene Wahl treffen könnte. Disruptive Entscheidungen werden ihm nachgesagt. Möglich ist sogar, dass Hervé Guillou erhalten bleibt. Er selbst hatte eine Übergangslösung vorgeschlagen, in der er eine nicht-exekutive Rolle einnehmen wollte – um die europäische Entwicklung des Unternehmens zu begleiten.


Dieser Text entstand mit Unterstützung von Hans Uwe Mergener vom Magazin »Europäische Sicherheit & Technik« aus der Gruppe Tamm Media (ES&T)