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Angesichts sinkender Neubaupreise bieten sich auf dem MPP-Markt derzeit eigentlich gute Möglichkeiten. Doch die Branche ist – anders als im Secondhand- und Charter-Geschäft – zurückhaltend. Das liegt auch am unklaren Schicksal von Zeamarine.

Trotz der nach wie vor unsicheren geopolitischen Lage – die sich natürlich auch auf Industrie- und Projektinvestitionen auswirkt – und den offenen[ds_preview] Fragen zur Entwicklung der Weltwirtschaft, gibt es in der Mehrzweck- und Schwergutschifffahrt offenbar durchaus Anlass zur Hoffnung. Von der Nachfrageseite erwarten sich einige Akteure Impulse durch Windpark- und LNG-Projekte sowie Offshore-Erschließungen. Zwar sehen einige Experten mittlerweile die Gefahr, dass für die Verschiffung der immer größeren Komponenten künftig vermehrt Deck-Carrier statt klassischer MPP- und Schwergutschiffe zum Einsatz kommen könnten. Dennoch dürfte für das »traditionelle« Segment noch einiges übrig bleiben.

Werften wechseln das Geschäft

Zu einer signifikanten Aktivität in der Flotte führt der Ausblick allerdings nicht. Dabei gäbe es durchaus Anlass dazu. Die MPP-Tonnage gilt als Ganzes nicht als sonderlich modern, über 20% der Flotte sind älter als 15 Jahre (HANSA 11/2019). Daran hat sich in den vergangenen Monaten kaum etwas geändert – einen entsprechenden Nachholbedarf in Sachen Modernisierung gibt es also theoretisch. Doch zu den Hürden für Investitionen zählt bei einigen Akteuren neben der Skepsis hinsichtlich der Nachfrage-entwicklung nach wie vor der mitunter (sehr) beschränkte Zugang zum nötigen Kapital, wie immer wieder hinter vorgehaltener Hand zu hören ist.

Immerhin: Im Vergleich zum vergangenen Sommer sind die Schiffspreise gesunken, wie der jüngste Marktbericht des Hamburger Maklers Toepfer Transport zeigt. Demnach waren im Neubau-Markt zuletzt sowohl kleinere 9.000-Tonner, als auch der Standard-Typ mit 12.500tdw und die größeren 30.000-Tonner günstiger zu haben. Die Preise sanken um 5 bis 7 % von 14,5 auf 13,5Mio. $, von 22 auf 20,5Mio. $ beziehungsweise von 34 auf 32,5Mio. $.

Laut Toepfer Transport wurden zuletzt allerdings lediglich zwei Schiffe kontrahiert: 12.500-Tonner mit zwei 500-t-Kranen. Die chinesische Werft Fujian Mawei soll sie 2021 an die niederländische Spliethoff-Gruppe abliefern, die schon zuvor zu den ganz wenigen Bestellern zählte, als 2019 für verschiedene Töchter zwei DP-MPP-Frachter, drei RoLo-Einheiten und vier Minibulker geordert worden waren.

Die Flaute macht sich bei den entsprechenden Schiffbauern deutlich bemerkbar. Einige Neubauwerften seien gezwungen, in das Reparatur- und Retrofit-Geschäft zu wechseln, heißt es im Report. »Das prominenteste Beispiel ist die Werft Cosco Guangdong, die trotz einigem Interesse von einigen MPP-Akteuren ihr Ziel nicht erreicht hat, vor dem chinesischen Neujahrsfest einen Auftrag zu bekommen«, schreiben die Experten von Toepfer Transport.

H&P und UHL kaufen

Ein anderes Bild zeigt sich im Handel mit gebrauchter Tonnage. »Es gibt nach wie vor viel An- und Verkaufsaktivität«, so der Report. Treiber der Entwicklung seien vor allem die deutschen Banken und ihre neuen – zum Teil ausländischen – Eigner. Weil das Angebot die Nachfrage übersteigt, tendieren die Secondhand-Preise konsequent nach unten.

Sie sinken für 9.000-, 12.500-, und 30.000-Tonner um fast 15%, knapp 10% und knapp 9% auf 6Mio. $, 7Mio. $ und 11Mio. $. Im vierten Quartal 2019 lagen sie damit auf einem Stand wie zuletzt im zweiten Quartal 2018.

Dem Hamburger Makler zufolge haben vor allem die Reedereien United Heavylift und Harren & Partner mit ihrer Tochter SAL zugeschlagen. So kaufte United Heavylift die 2010 gebauten 12.300-Tonner »ZEA Kelani« und »ZEA Mahaweli« für jeweils 4,7 bis 4,9Mio. $ von Mercmarine/Reederei Eugen Friedrich sowie die ebenfalls neun Jahre alte »BBC Spring« (16.522tdw) für 6,9Mio. $ von Briese aus Leer. Die Gruppe von Harren & Partner übernahm drei von der NordLB finanzierte 19.000-Tonner aus der Flotte der Reederei Heino Winter, wie Reedereichef Martin Harren auf dem »HANSA-Forum« bestätigt hatte. »Atlantic Winter«, »Pacific Winter« und »Baltic Winter« – zwischen sieben und acht Jahre alte P1P-Typen – wechselten den Angaben von Toepfer Transport zufolge für jeweils 6,75 bis 7,75Mio. $ den Besitzer. Damit setzt das Unternehmen die angekündigten Wachstumspläne für ihre MPP- und Heavy-Lift-Reederei SAL um. Als Zielgröße wurden 25 Einheiten ausgegeben, auch Neubauten sollen mittelfristig bestellt werden.

Auf der Verkäuferseite findet sich in dem Marktbericht auch die Hamburger Reederei Marconsult. Sie soll den 15 Jahre alten 10.700-Tonner »Marmolakai« für nur 2Mio. $ an Candler aus Bremen abgegeben haben. Der niedrige Preis wird damit begründet, dass die Frist für die reguläre Überholung überschritten gewesen sei und sich kurzfristig keine Werftkapazität für die Klassenerneuerung habe finden lassen.

An der grundsätzlichen Zusammensetzung der verfügbaren Tonnage ändert sich derweil nichts – weil den minimalen Neubau-Aktivitäten keine einzige Verschrottung gegenübersteht.

Warten auf Zeamarine

Ein wichtiger Faktor in den strategischen Überlegungen der Reeder und Carrier zur Flotten-Optimierung ist das Schicksal von Zeamarine – mit 75 Schiffen immerhin die Nr. 4 im MPP-Markt. Nachdem die HANSA exklusiv über eine nötige Restrukturierung, gestoppte Aufträge und finanzielle Schwierigkeiten berichtet hatte, bestätigte der MPP-Carrier aus der Bremer Zeaborn-Gruppe einige Probleme. Man sei leistungsfähig und wolle das Unternehmen fortführen, hieß es zwar. Allerdings ist die Zukunft des aus einem Joint Venture mit Intermarine entstandenen Carrier dem Vernehmen nach offen. Im bislang letzten Akt des Stücks geht es um die Personalien Jan-Hendrik Többe und Frank Fischer. Der Co-Gründer und geschäftsführende Gesellschafter der gesamten Zeaborn-Gruppe musste ebenso wie der Vice President Tonnage-Procurement – also der Charter-Chef – sein Geschäftsführer-Mandat abgeben.

In der Branche gilt es als offenes Geheimnis, dass die zahlreichen Übernahmen und der Wachstumskurs für Reibungsverluste und finanzielle Verluste gesorgt haben. Gut informierte Quellen berichten, dass die Liquidität schwinde und erste Kunden angesichts der wachsenden Unsicherheit Aufträge storniert oder dies angekündigt hätten. Dem Vernehmen nach beliefen sich allein die operativen Verluste zuletzt auf einen siebenstelligen Betrag – pro Monat.

Die finanziellen Probleme sind zwar in erster Linie im Chartering-Geschäft entstanden, erstrecken sich aber aufgrund von Garantie- und Haftungsverpflichtungen mittlerweile auf die Gruppe.

Kurt Zech, Bremer Bauunternehmer und Hauptanteilseigner von Zeaborn, hatte nach einer Krisensitzung einen externen Sanierungsexperten ins Haus geholt. Sven Lundehn, Geschäftsführer des Bremer Beratungsunternehmens Alldatax, und in der Branche bestens bekannt als ausgewiesener und »knallharter« Restrukturierungsfachmann – er hatte unter anderem die Bremer Beluga-Gruppe liquidiert und eine Vielzahl von Ein-Schiffsgesellschaften durch die Insolvenz geführt – übernahm das Ruder.

Anders als im S&P-Markt kam es im Charter-Geschäft zuletzt zu einiger Betriebsamkeit. So sicherte sich UHL neun moderne F900-Typen mit 14.000tdw aus der Zeamarine-Flotte und setzt dabei auf sein zuletzt gewachsenes Netz an Befrachtungskapazitäten. Im Vorfeld hatten auch andere Carrier um die Frachter gebuhlt, wie zu hören ist. UHL nahm sie letztlich langfristig in Zeitcharter. In der Branche wird vermutet, dass sich dahinter die chinesische Leasinggesellschaft CSSC Shipping – der Finanzierungsarm der China State Shipbuilding Corporation (CSSC) – verbirgt, die die Schiffe langfristig in Bareboat-Charter an Zeamarine gegeben hat.

Die MPP-Branche blickt mit großer Spannung auf die Entwicklung. So mancher hofft, freilich nur hinter vorgehaltener Hand, sich bei einer möglichen Insolvenz von Zeamarine einige der Schiffe günstig sichern zu können. Die relative Ruhe am Neubau-Markt wird entsprechend unter anderem auch mit dem Fall in Verbindung gebracht. Diejenigen, die das nötige Kapital und die Zuversicht bezüglich der Ladung haben, warteten bis zuletzt in Lauerstellung ab. Bis Redaktionsschluss dieser Ausgabe gab es keine weitere offizielle Stellungnahme aus der Zeaborn-Gruppe.


Michael Meyer