Print Friendly, PDF & Email

Der Bau von vier Kampfschiffen des Typs MKS 180 ist nicht nur das größte Beschaffungsvorhaben in der Geschichte der Bundeswehr, sondern sorgt nach der Vergabe an Damen für viel Kritik – das könnte Folgen haben.

Mit einem Auftragsvolumen von knapp 5,3 Mrd. € ist die Bestellung von vier Mehrzweckkampfschiffen des Typs »MKS 180« durch die Deutsche[ds_preview] Marine nicht weniger als das teuerste Projekt in der Geschichte der Bundeswehr. Dieser Rekordauftrag sorgt für ein weiteres Novum: Dass der Auftrag nicht im Land bleibt, sondern mit dem niederländischen Werftenkonzern Damen Group erstmals ein ausländischer Bieter den Zuschlag bekommen soll, geht den Protagonisten des deutschen Schiffbaus deutlich gegen den Strich.

Von einem »Ausverkauf« maritimen Knowhows ist die Rede, von »Verrat« an dem Versprechen, den Marineschiffbau als Schlüsselindustrie zu fördern und dessen Exportchancen zu wahren. Die Kritiker lassen sich vorerst auch nicht damit trösten, dass die Schiffe beim deutschen Damen-Partner Lürssen auf der Werft Blohm+Voss in Hamburg und zum Teil auch in Wolgast gebaut werden sollen. Insgesamt soll der deutsche Wertschöpfungsanteil bei 80 % liegen. Laut Damen handelt es sich letztlich also doch um »deutsche« Schiffe. Für die Verfechter der nationalen Interessen bleibt es ein Sündenfall.

Dabei hatte sich der Ausgang des Vergabeverfahrens zumindestens angedeutet. Erstmals hatte es eine europaweite Ausschreibung für das MKS 180 gegeben. Denn nachdem eigentlich jedes Rüstungsvorhaben der jüngeren Vergangenheit zeitlich und finanziell aus dem Ruder gelaufen war, hatten sowohl die Marine als auch die Bundespolitik auf mehr Wettbewerb gepocht, um Verzögerungen, Verteuerungen und Mängeln vorzubeugen.

In einer vorläufigen Zuspitzung des angespannten Verhältnisses zwischen öffentlichem Auftraggeber und der heimischen Industrie waren Lürssen und ThyssenKrupp Marine Systems (TKMS), die als Arge zuletzt Einsatzgruppenversorger, Fregatten und Korvetten gebaut hatten, zwischenzeitlich vom Verfahren ausgeschlossen worden. Beide blieben indirekt im Rennen, weil sie sich anderen Partnern anschlossen. Lürssen darf als Junior-Partner von Damen am Ende mitjubeln. TKMS hatte im Konsortium mit German Naval Yards in Kiel (GNYK) hingegen das Nachsehen.

»Wir haben erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Entscheidung und werden deshalb alle juristischen Möglichkeiten ausschöpfen«

Mitteilung GNYK vom 21. Januar 2020

Wenig überraschend gehen die Unterlegenen nun juristisch gegen die Entscheidung vor. Das sogenannte Nachprüfungsverfahren sieht eine Rüge vor, die innerhalb einer Frist von sechs bis acht Wochen vom zuständigen Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) zu beantworten ist. Im Ergebnis kann es anschließend zu einem Beschwerdeverfahren vor der Vergabekammer kommen.Auch der Bundestag muss sich noch mit dem Auftrag befassen. Ausgang? Offen.

Denn der vermeintliche »Sündenfall« schlägt nicht nur in der Industrie, sondern auch in der Politik enorme Wellen. Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer rudert bereits zurück. Unmittelbar nach der Auftragsvergabe an Damen kündigte die CDU-Politikerin vor ihrem Parteipräsidium an, dass Großprojekte künftig nicht mehr europaweit ausgeschrieben werden sollen.

Allzweckwaffe MKS 180

Die knapp 170 m langen Mehrzweckkampfschiffe MKS 180 sollen das neue Herzstück der deutschen Marine werden. Sie sind größer als die Fregatten der Sachsen-Klasse und können durch austauschbare Missionsmodule an unterschiedliche Einsatzarten angepasst werden – ob als U-Boot-Jäger oder als schwimmender Stützpunkt für Anti-Piraterie-Missionen. Sie sollen zwei Jahre im Einsatzgebiet bleiben können. Die rund 110-köpfige Besatzung würde dann alle vier Monate rotieren. Den jetzt bestellten vier Einheiten könnten noch weitere zwei folgen.

Es werden die modernsten, aber auch die anspruchvollsten Schiffe der Flotte: Die Marine-Planer haben in der Ausschreibung mehr als 7.000 Spezifikationen definiert. Dazu gehören neben der Bewaffnung etwa die Mindestgeschwindigkeit sowie Sicherheitssysteme und andere technische Kriterien. Weder Damen im Verbund mit Lürssen noch GNYK zusammen mit TKMS hätten alle Anforderungen auf Anhieb erfüllt und mussten nachbessern – mit dem besseren Ende für Damen, während die Konkurrenz auch final in einigen Punkten passen musste, heißt es. Dies habe den Ausschlag gegeben.

Doch auch jetzt bleiben noch Fragen offen. So seien die Anker zu klein bemessen, und auch die Antriebsleistung reiche nicht aus, um die geforderte Geschwindigkeit zu erreichen. Daher müsse mit einer Kostensteigerung um 300 bis 400 Mio. € gerechnet werden, heißt es. Man darf gespannt sein, ob dies bei der Nachprüfung noch eine Rolle spielen wird. n