Der Bagger »Thor R« vor der Insel Norderney (Foto: Hero Lang)
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Die Ausbreitung des Coronavirus und die weltweiten Krisenmaßnahmen stellen deutsche Reedereien zunehmend vor wirtschaftliche und organisatorische Probleme.

Besonders betroffen[ds_preview] sind die Fährschifffahrt zu den deutschen Inseln in Nord- und Ostsee sowie die Kreuzschifffahrt, teilte der Verband Deutscher Reeder (VDR) heute mit. Andere Bereiche der Branche, etwa Containerlinien-, Bulker- oder Tanker-Verkehre, hätten derzeit vor allem mit logistischen Herausforderungen zu kämpfen, um ihre Transporte und damit die Versorgung unter anderem in Deutschland sicher zu stellen.

»Die deutsche Seeschifffahrt hatte größtenteils nach schmerzhaften Jahren der Finanzkrise wieder leicht positiv in die Zukunft geschaut. Jetzt drohen erneute, erhebliche Rückschläge für unsere Mitgliedsunternehmen«, sagte VDR-Präsident Alfred Hartmann.

Tilgung wird zum Problem

Für detaillierte wirtschaftliche Prognosen sei es noch zu früh – zumal sich die Lage weiter fast jeden Tag ändert. »Für einige Unternehmen wird allerdings schon jetzt absehbar, dass die Tilgung von Schiffskrediten zum Problem werden«, sagte Hartmann und regte an: »Wir verstehen, dass Banken diese Zahlungen ihrerseits derzeit nicht ohne weiteres aussetzen können. Es wäre deshalb sehr wichtig, schnell einen Mechanismus zu finden, etwa über die KfW, wie dies aufgefangen oder abgesichert werden könnte.«

Fährreedereien zu den nord- und ostfriesischen Inseln, aber auch zu den Ostseeinseln leiden erheblich unter den im Zuge der Corona-Krise verfügten staatlichen Beschränkungen. Die Verbindungen sind wegen fehlender Passagiere auf ein Minimum reduziert worden. Auch der Güterverkehr ist eingebrochen, da es kaum Nachfrage auf den Inseln gibt.

Betroffene Unternehmen, deren Geschäft vergleichsweise personalintensiv ist, haben weite Teile der Belegschaft in Kurzarbeit geschickt. Sie sähen sich zudem mit hohen Kostenforderungen für die im Winter angefallenen Reparaturen und Instandhaltungen konfrontiert, die jetzt auflaufen. Noch dramatischer stelle sich die Lage bei Ausflugsschiffen dar, deren Geschäft ganz ruht. »Einigen dieser zumeist kleineren und mittelständischen Reedereien drohen schon in den nächsten Wochen ernste Liquiditätsprobleme – obwohl sie oft sehr gut in der Vergangenheit gewirtschaftet haben«, warnte Hartmann.

Die Unternehmen hätten zwar zugesichert, die Versorgung der jeweiligen Inseln, insbesondere mit Lebensmitteln, weiter sicherzustellen. Es könne aber bald die Situation eintreten, in der zumindest einige rasche finanzielle Hilfe bräuchten.

Probleme für deutsche Trampreeder?

Demgegenüber wertete der VDR-Präsident mit Blick auf die internationale Handelsschiff-fahrt die Wiederaufnahme der Produktion von Exportgütern in China als grundsätzlich positives Zeichen. Zumindest der wichtige containerisierte Warenverkehr zwischen Asien und Europa könnte sich wieder stabilisieren.

Hartmann weiter: »Besonders für deutsche Unternehmen wird aber in den kommenden Wochen und Monaten sicher zu spüren sein, dass die Tonnage-Nachfrage bei der Vercharterung von Containerschiffen spürbar sinken wird. So hatte auch Hapag-Lloyd angekündigt, bei einer möglichen Reduzierung der Flottenkapazität vor allem auf Charterschiffe verzichten zu wollen. »Noch stärker werden wahrscheinlich die Charterraten fallen«, meint Hartmann. Davon seien gerade deutsche Unternehmen vielfach abhängig.

Die weltweite Containerschifffahrt, aber auch die Bulker- und Tankschifffahrt, haben derzeit insbesondere mit enormen organisatorischen Herausforderungen zu kämpfen. So erlassen immer mehr Häfen auf allen Kontinenten Restriktionen für Schiffsanläufe – darunter etwa eine 14-tägige Quarantäne auf Reede, bevor ein Schiff festmachen darf. Die nötigen Crew-Wechsel, um Seeleute an Bord nach teils monatelangem Einsatz auszutauschen, sind derart erschwert worden, dass einzelne Reedereien darauf vorerst ganz verzichten. Allein dieses Problem betrifft 100.000 Seefahrer weltweit pro Monat.