Seeleute
Foto: Wägener
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Sieben Jahre hat die NGO Human Rights at Sea die Bemühungen in Sachen Menschenrechte im Schiffahrtssektor beobachtet und fragt im Titel ihres Berichts: »Sind die UN-Leitprinzipien von 2011 in der Schifffahrt wirksam und werden sie rigoros angewendet?« Die Antwort lautet »nein«.

Der Bericht zur Umsetzung der UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte von 2011 erkennt die Bemühungen einzelner Unternehmen an, diese zu verankern und die Verbesserung und den Schutz der Grundrechte des Einzelnen bei der Arbeit auf See zu gewährleisten. Die wenigen guten Beispiele stellten noch keine Mehrheitsreaktion dar, so die Autoren.

Das Thema sei keine »kollektive Priorität« und würde von Branchengremien nur selten in der gebotenen Tiefe vertreten, während die Mitgliedsorganisationen erst jetzt begännen, sich mit dem Schwerpunkt »Environmental, social and corporate governance« (ESG) auseinanderzusetzen, der immer mehr das alte Schlagwort der Corporate Social Responsibility (CSR) ersetzt.

»Kollektiver Ansatz der Industrie: Profit über Menschen«

»Die einzelnen Akteure, die sich auf einen positiven sozialen Wandel konzentrieren, müssten die notwendigen internen Anpassungen vornehmen, ohne eine übergreifende politische Ausrichtung, Anleitung und Unterstützung durch die Industrie.«

»In den letzten sieben Jahren gab es nur wenige gemeinschaftliche Anstrengungen der Branche, um das Konzept zu verankern, einheitliche Richtlinien zu entwickeln, wirksame Abhilfemaßnahmen voranzutreiben und öffentliche Rechenschaftspflicht im Bereich der Wirtschaft und der Menschenrechte zu demonstrieren. Dies wurde durch zu viel Gerede über die soziale Verantwortung von Unternehmen am Rande und zu wenig Taten, insbesondere von führenden Organisationen, noch verschlimmert«, sagt David Hammond, CEO von Human Rights at Sea.

Die einzelnen Akteure, die sich auf einen positiven sozialen Wandel konzentrierten, müssten die notwendigen internen Anpassungen vornehmen, ohne eine übergreifende politische Ausrichtung, Anleitung und Unterstützung durch die Industrie. Unterdessen zeige die Zivilgesellschaft weiterhin ihre Führungsrolle bei diesem Thema, werde aber durch die mangelnde Unterstützung der Industrie behindert, »so dass das Thema weiterhin blockiert wird, um den kollektiven Ansatz der Industrie ›Profit über Menschen‹ zu stärken«, so Hammond.

»Komplexes Geflecht nationaler und internationaler Vorschriften wirkt  wirksame Durchsetzung entgegen«

Die Verantwortung der Unternehmen für die Achtung der Menschenrechte erfahre viel Aufmerksamkeit, dennoch dürfe man nicht vergessen, dass es auf See ein hohes Risiko für Menschenrechtsverletzungen gebe.

Da viele Menschenrechtsverletzungen außerhalb der öffentlichen Wahrnehmung geschähen, gebe es wenig Anreiz, Anschuldigungen zu untersuchen, sagt Hammond. Das komplexe Geflecht nationaler und internationaler Vorschriften wirke den Bemühungen um eine bessere Gesetzgebung und eine wirksame Durchsetzung entgegen. Insbesondere gelte das für jene Flaggenstaaten mit schlechtem Zugang zu Unterstützung durch Polizei und Justiz, die auf die kommerziell lukrative Registrierung von Schiffen angewiesen seien. So neigten sie eher dazu, die nationalen rechtlichen Anforderungen zur Untersuchung und Verfolgung nicht zu hoch anzusetzen.

»Verantwortung auf kommerzielle Seefahrtsunternehmen ausweiten«

»Das Thema wird von Einzelpersonen aus der CSR-Perspektive verfochten, obwohl es immer darauf zurückzuführen ist, dass ihre berufliche Rolle dies diktiert.«

»Aufgrund des derzeitigen Mangels an kollektiver Einheit und einer von oben nach unten abgestimmten Politik in Bezug auf das Thema, bleiben die Wirtschaft und die Menschenrechte, insbesondere der Menschenrechtsteil, im kommerziellen Kontext marginalisiert und nicht ernst genommen«, sagt Hammond. »Das Thema wird von Einzelpersonen aus der CSR-Perspektive verfochten, obwohl es immer darauf zurückzuführen ist, dass ihre berufliche Rolle dies diktiert, während es oft noch schwieriger ist, vor dem Hintergrund interner Widerstände gegen Veränderungen Fuß zu fassen.«

Nichtsdestotrotz hätten die Leitprinzipien ein großes Potenzial, die Menschenrechtslage auf See zu verbessern, indem die Verantwortung auf kommerzielle Seefahrtsunternehmen ausgedehnt werde und nicht von staatlichen Eingriffen abhänge. »Wie oben betont, müssen die Unternehmen, damit die Leitprinzipien wirksam sind, ihre Menschenrechtsanforderungen ernst nehmen und Lippenbekenntnisse vermeiden, sondern stattdessen die einzigartigen Herausforderungen und die Komplexität der maritimen Umwelt transparent und offen angehen, wenn sie die Auswirkungen der Menschenrechte in der Lieferkette bewerten und angehen«, so Hammond.

Gleichzeitig müssten die Staaten erkennen, dass auf der Ebene der Regulierung und Durchsetzung viel mehr getan werden müsste. Damit kommerzielle Seefahrtsunternehmen in der Lage seien, die Menschenrechte in vollem Umfang zu achten, müssten die Staaten sicherstellen, dass zumindest nationale Rechtsrahmen und unterstützende Gesetze verfügbar seien und konsequent durchgesetzt würden.