Seeleute
Foto: Felix Selzer
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Die europäischen Häfen schlagen sich in der Corona-Krise auf die Seite von Reedereien und Seeleuten und fordern Nachbesserungen der EU-Staaten in punkto Crew-Wechsel. Ein Brüsseler Vorschlag sei nicht ausreichend.

[ds_preview]Seit Beginn der Covid-19-Krise seien alle europäischen Häfen voll funktionsfähig und setzen weiterhin alles daran, ihre wesentliche Rolle in der Versorgungskette zu erfüllen und Bürger, Gesundheitsdienste und Unternehmen in Europa mit den benötigten Produkten und Materialien zu versorgen, heißt es in einem aktuellen Statement der Hafenorganisationen ESPO »European Sea Ports Organisation« und FEPORT »Federation of European Private Port Operators«.

Um die Kontinuität der Lieferkette zu gewährleisten, sei man jedoch auf das reibungslose Funktionieren und die Mobilisierung aller Hafenakteure sowie auf die Verfügbarkeit und das Engagement vieler Transportarbeiter sowohl an Land als auch auf See angewiesen.

Die Möglichkeit für die Schiffsbesatzungen, sich auf ein Schiff zu begeben oder nach Hause zurückzukehren, habe hohe Priorität. Für das Funktionieren der europäischen Logistikketten sei es von wesentlicher Bedeutung, dass die Mitgliedstaaten den Crew-Wechsel in all ihren Seehäfen erleichtern. Aus Sicht der Verbände müssen die Mitgliedstaaten koordiniert zusammenarbeiten, um Reisen über Landesgrenzen zu erleichtern. »Weder technisch noch wirtschaftlich ist es machbar, Besatzungswechsel nur auf eine ausgewählte Gruppe von Haupthäfen zu beschränken«, so die Kritik.

ESPO und FEPORT begrüßen in diesem Zusammenhang zwar das kürzlich von der EU-Kommission verabschiedete Konzept der »Green Lanes« mit seinen Ausnahmeregelungen für Transportarbeiter beim Grenzübertritt. Allerdings müssten die Länder dies auch »ordnungsgemäß« anwenden. Die Reedereien sollten sich auch mit den Mitgliedstaaten und Flughäfen in Verbindung setzen, um sicherzustellen, dass die notwendigen Heimflüge für die Schiffsbesatzungen sowohl innerhalb der EU als auch in Drittländer organisiert werden können.

An einem Punkt jedoch gibt es deutliche Kritik an der Kommission um Präsidentin Ursula von der Leyen. Espo und Feport lehnen den Vorschlag der Brüsseler Behörde ab, in dem die Mitgliedstaaten aufgefordert werden, bestimmte Häfen für Besatzungswechsel zu benennen. Hafenanläufe seien als Teil einer komplexen Logistikkette und Hinterlandverteilung geplant. So sei es weder möglich noch wünschenswert, einen Erzfrachter zu einem Fährhafen umzuleiten, nur um einen Besatzungswechsel vorzunehmen. Darüber hinaus würden Liegeplätze in allen Häfen benötigt, um aufgelegte Schiffe unterzubringen, was wiederum die Möglichkeit des Aus- und Einschiffens der Besatzung voraussetzt.

»Heute tun wirklich alle europäischen Häfen ihr Bestes, um funktionsfähig zu bleiben und ihre Rolle als kritische Knotenpunkte in der Versorgungskette zu spielen«, heißt es. Eine Top-down-Auswahl bestimmter Häfen zum Zweck des Besatzungswechsels könnte schwerwiegende Auswirkungen und bereits unter Druck stehende Lieferketten unnötig belasten.

Wenn der Wechsel der Besatzung und der Transfer in einem Hafen möglich sei, dann müsse das auch in allen Häfen gehen. Diese Aufgabe sollte so schnell wie möglich gelöst werden. »Das Konzept der ›Green Lanes‹ in Verbindung mit einer besseren Koordinierung zwischen den Mitgliedstaaten ist die effektivste Lösung«, sagte ESPO-Generalsekretärin Isabelle Ryckbost.

Ihre Amtskollegin Lamia Kerdjoudj-Belkaid betonte: »Wir hätten es vorgezogen, wenn die EU-Kommission die Mitgliedstaaten aufgefordert hätte, Besatzungswechsel in jedem Hafen, in dem dies möglich ist, zu erleichtern.«