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Foto: Wolfhard Scheer
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Die Bemühungen der Reedereien, den Schaden an den langfristig vereinbarten Seefrachtraten durch die Coronakrise zu mildern, scheinen zu fruchten. Aber der niedrige Ölpreis und neue Megaschiffe sind nur zwei Unsicherheitsfaktoren am Horizont.

Trotz dem spektakulären Rückgang[ds_preview] der weltwirtschaftlichen Aktivität, dem Anstieg der Arbeitslosigkeit und der scheinbaren Gewissheit einer globalen Depression zeigt der jüngste XSI Public Indices-Bericht des Beratungsunternehmens Xeneta, dass die Raten im April tatsächlich gestiegen sind. Der Anstieg ist mit 0,7% zwar gering, gleicht jedoch den im März beobachteten Rückgang wieder aus. Damit wird der Trend allmählicher monatlicher Erhöhungen wieder in Gang gesetzt, der im Oktober 2019 begann.

Auf der Grundlage von Informationen führender Verlader verwendet der XSI-Bericht über 200 Millionen Datenpunkte, die mehr als 160.000 Hafen-zu-Hafen-Paarungen abdecken. So soll ein Echtzeitbild der Entwicklungen ermöglicht werden.

Nach einem Rückgang um 0,5% im März und schlechten ökonomischen Prognosen hätte man erwarten können, dass auch die Ratenentwicklung negativ ausfallen würden, heißt es in einem heute veröffentlichten Bericht. Allerdings, so Xeneta-CEO Patrik Berglund, scheinen sich die proaktiven Strategien der Carrier (vorerst) ausgezahlt zu haben, da die Indizes seit Anfang 2020 um 2,9% gestiegen sind.

Wie lange geht es gut?

»Wie wir alle wissen, ist die Weltwirtschaft in Aufruhr, und in diesem Segment übersteigt das Angebot die Nachfrage deutlich«, kommentiert er. »Die Linienreedereien haben jedoch hart daran gearbeitet, Anpassungen vorzunehmen, um die Raten zu schützen, haben aggressiv Kapazitäten vom Markt genommen und ›kreativere‹ Strategien angewandt.«

»Im gegenwärtigen Klima ist es unmöglich, zu erraten, was als nächstes passieren wird«, so Berglund abschließend, »so wie wir leider auch nicht die Entwicklung des Coronavirus diktieren können. Sicher ist, dass wir uns in einer Zeit intensiver Störungen und Veränderungen befinden. Die Akteure in der Seefracht-Wertschöpfungskette müssen flexibel, informiert und bereit sein, sich zu bewegen, um Wettbewerbsvorteile zu erlangen. Ich würde jedem raten, für weitere Entwicklungen am Ball zu bleiben.«

Als Beispiel nannte Berglund Reeder, die Schiffe um das Kap der Guten Hoffnung statt durch den Suezkanal schicken. Das dauert natürlich länger, da Kapazitäten vorübergehend gebundent werden, während gleichzeitig Suez-Transitgebühren eingespart werden. Daher würden sich die vertraglich vereinbarten Raten im Allgemeinen auf hohem Niveau halten, und auch die Spot-Raten erweisen sich trotz trüben Aussichten vorläufig als widerstandsfähig. Eine langfristige Prognose wagt er aber nicht: »Wie lange das andauert, ist natürlich eine andere Frage.«

Der Druck nimmt zu, Disziplin ist angesagt

Am Horizont türmen sich Unsicherheiten. Da die Ölpreise auf historische Tiefststände gefallen sind, könnten nun die Reedereien unter zunehmenden Druck geraten, die zur Deckung der Treibstoffkosten wegen IMO 2020 eingeführten Bunkerzuschläge zu senken oder zu ändern. Darüber hinaus wird wohl die Einführung neuer, rekordverdächtiger Tonnage auf dem Markt, wie das jüngst in Fahrt gekommene 23.964-TEU-Schiff »HMM Algeciras« (das erste von 12 riesigen neuen Boxschiffen, die in den kommenden Monaten an HMM abgeliefert werden sollen), die Angebotsschwemme weiter vergrößern.

Berglund meint: »Ein diszipliniertes Vorgehen wird dazu beitragen, die Frachtraten zu sichern. Aber werden angesichts der wirtschaftlichen Notlage einzelne Carrier ihre Raten halten oder gezwungen sein, sie zu senken, um sich Geschäfte zu sichern und Marktanteile zu erobern?«

Regional gemischtes Bild

Ein Blick auf die wichtigsten Handelsrouten zeigt nach Ansicht der Xeneta-Analysten ein gemischtes Bild. In Europa rutschte der Import-Benchmark erneut ab und sank im Monatsvergleich um 3,3%, stieg jedoch im Jahresvergleich um 7,5%, während die Exporte im Vergleich zum April 2019 um 2,8% stiegen, was einem Anstieg um insgesamt 11,8% entspricht.

Im Fernen Osten blieben die Exporte im Monatsvergleich stabil und stiegen im Jahresvergleich um 10,3%, während der Importindex um 1,4% fiel, was einem Rückgang von 10,9% gegenüber diesem Zeitpunkt im Jahr 2019 entspricht. Unterdessen stiegen die US-Importe auf dem XSI weiter an, und zwar um 4,5% (ein enormer Anstieg um 33,2% im Jahresvergleich), ebenso wie der Exportindex um 1,9%, was einem Gesamtindexanstieg um 6,8% entspricht.